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Wie wirkt Cannabidiol?

31.08.2019, 08:00 Uhr

CBD ist ein Hauptcannabinoid vieler Cannabissorten. Es ist im Gegensatz zu THC nicht psychoaktiv und fällt auch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. (Foto: cendeced/stock.adobe.com)

CBD ist ein Hauptcannabinoid vieler Cannabissorten. Es ist im Gegensatz zu THC nicht psychoaktiv und fällt auch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. (Foto: cendeced/stock.adobe.com)


Cannabidiol, kurz CBD, ist neben THC das Hauptcannabinoid vieler Cannabissorten. Es ist im Gegensatz zu THC nicht psychoaktiv und fällt auch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Aufgrund seiner Eigenschaften – es wirkt unter anderem antikonvulsiv – ist es ebenfalls von therapeutischem Interesse. Neben Arzneimitteln kommt es auch in Kosmetika und Lebensmitteln zum Einsatz.

THC ist wohl der bekannteste Inhaltsstoff der Cannabispflanze (Cannabis sativa), aber neben dem psychotrop wirksamen Cannabinoid sind eine große Zahl weiterer Cannabinoide und Pflanzenstoffe enthalten. Die meisten Wirkungen von Cannabiszubereitungen beruhen auf der agonistischen Wirkung von THC an den verschiedenen Cannabinoidrezeptoren. Einzelne Effekte sind aber auch auf eine Wirkung an anderen Rezeptorensystemen zurückzuführen. So wird beispielsweise angenommen, dass die Verminderung von Übelkeit und Erbrechen zum Teil durch eine antagonistische Wirkung am serotonergen 5-Hydroxytryptamin(HT)3-Rezeptor hervorgerufen wird.

Manche Effekte von Cannabiszubereitungen werden aber auch durch die Wirkungen anderer Cannabinoide als THC verursacht. So hat beispielsweise CBD – das Cannabinoid, das in vielen Cannabissorten nach THC in der höchsten Konzentration vorkommt – unter anderem analgetische, antikonvulsive, anxyolytische, neuroprotektive und antiinflammatorische Eigenschaften. Zu seinen komplexen Wirkmechanismen zählen unter anderem eine antagonistische Wirkung am CB1-Rezeptor. Dies scheint der Grund dafür zu sein, dass CBD einigen der THC-induzierten Nebenwirkungen entgegenwirkt. Zudem wirkt CBD als Antagonist am G-Protein-gekoppelten Cannabinoidrezeptor GPR55. Außerdem soll es eine Stimulation des Vanilloid-1-Rezeptors und eine Hemmung der Hydrolyse von Anandamid durch Blockade des Enzyms Fatty Acid Amide Hydrolase bewirken. Weiter werden diskutiert: Blockade des zellulären Ionenkanals TRMP8, α1-Adrenozeptors und μ-Opioidrezeptors, Blockade von Calciumkanälen, Inhibition der Wiederaufnahme von Noradrenalin, Dopamin, Serotonin und Gamma-Buttersäure und eine Bindung am 5HT1-Rezeptor.

Möglich: Interaktionen mit CYP- und p-Glykoproteinsubstraten

CBD wird wie THC vom Cytochrom-P450-Enzymsystem metabolisiert. Es gibt Hinweise darauf, dass Cannabidiol zum Beispiel den Blutspiegel von häufig verwendeten Antiepileptika verändert. Auch Daten aus präklinischen und In-vitro-Daten deuten auf eine Wechselwirkung hin, allerdings kamen hier höhere Konzentrationen zum Einsatz, als üblicherweise therapeutisch eingesetzt werden. Somit ist die klinische Relevanz unklar. Substanzen, die als Substrate für p-Glykoproteine dienen (zum Beispiel Digoxin), können wohl ebenfalls bei gleichzeitiger Gabe mit CBD zu Wechselwirkungen führen. In-vitro-Daten haben gezeigt, dass CBD eine inhibitorische Wirkung auf p-Glykoproteine hat.

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Ein allein CBD-haltiges Arzneimittel gibt es bislang in Deutschland nicht. Kürzlich hat aber der Humanarzneimittelausschuss der EMA empfohlen, Cannabidiol (Epidyolex) beim Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom zuzulassen – zwei seltene und schwere Epilepsieformen, die erstmalig im Kindesalter auftreten. Wie der CHMP erklärt, sei der exakte Wirkmechanismus von CBD bei den beiden Epilepsieformen bislang nicht vollständig verstanden. Epidyolex reduziert laut CHMP die neuronale Hyperaktivität auf verschiedene Arten, zum einen durch Modulation von intrazellulärem Calcium über den G-Protein-gekoppelten Rezeptor 55 (GPR55) und über den TRPV1 (Transienter Rezeptor-Potenzial-Kationenkanal der Unterfamilie V(anilloid) des Subtyps 1, veraltet Vanilloid Receptor 1, VR1 oder Capsaicin-Rezeptor), zum anderen durch Modulation von Adenosin-vermittelten Signalen, indem CBD die zelluläre Adenosinaufnahme über den equilibrativen Nukleosidtransporter 1 (ENT-1) hemmt.

Zudem findet sich seit 2015 im NRF eine Ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml. Bis Anfang 2016 wurden Cannabidiol und seine Zubereitungen nicht von der AMVV erfasst. Der Sachverständigenausschuss hat dann im Januar 2016 empfohlen, Cannabidiol der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Seit 1. Oktober 2016 ist Cannabidiol, das in nicht zulassungspflichtigen Rezeptur- und Defekturarzneimitteln (NRF-Vorschrift 22.10.) eingesetzt wird, verschreibungspflichtig. Begründet wurde dies damit, dass das Nebenwirkungsprofil und Interaktionspotenzial von Cannabidiol noch nicht abschließend beurteilbar sind und man es daher als Stoff ansehen müsse, der bei Anwendung ohne ärztliche Überwachung die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch unmittelbar oder mittelbar gefährden könne. Zudem seien die denkbaren Anwendungsgebiete für Cannabidiol Krankheitsbilder, die ärztlich diagnostiziert und überwacht werden müssen, so das BfArM.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Rezeptpflicht CBD

von Sven Larisch am 31.08.2019 um 13:25 Uhr

Also verstehe ich das richtig, dass nur die ölige CBD -Lösung nach NRF 22.10 rezeptpflichtig ist.
Jedoch gibt es, auf dem Markt verfügbare, 5 und 10% Lösungen CBD mit der Zulassung als NEM. Das wirft die Frage auf, ob diese dann auch in der Apotheke verkauft werden dürfen. Alles ein bisschen schwammig- finde ich.
Unausgegoren und nicht weit gedacht- wie so vieles Zur Zeit.

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