No-Deal-Szenarien beim Brexit

Regierung warnt vor Arzneimittel-Engpässen und Seuchen-Gefahr

Berlin - 12.09.2019, 11:30 Uhr

Der Industriehafen in Dover: Hier könnten laut Papieren der britischen Regierung ab Tag eins nach dem EU-Austritt chaotische Zustände drohen. (m / Foto: imago images / imagebroker)

Der Industriehafen in Dover: Hier könnten laut Papieren der britischen Regierung ab Tag eins nach dem EU-Austritt chaotische Zustände drohen. (m / Foto: imago images / imagebroker)


Tierkrankheiten, Rezeptbelieferung, Behandlungskosten

Ein besonderes Augenmerk wirft die Regierung offenbar auf Tierarzneimittel. „Jegliche Störung, die die Versorgung mit Tierarzneimitteln im Königreich reduziert, verspätet oder gar ganz aussetzt, würde die Möglichkeiten reduzieren, Krankheitsausbrüche zu verhindern oder sie zu kontrollieren.“ Krankheitsausbrüche bei Tieren könnten sich auch auf Menschen auswirken, wird weiter erklärt.

Sehr deutlich weist die Regierung auch darauf hin, dass Briten von einem Tag auf den anderen ihre europäische Bürgerschaft verlieren. Damit „assoziierte Rechte und Ansprüche auf Dienstleistungen“ werden somit wegfallen. Und auch hier wäre die Gesundheitsversorgung betroffen. „Rentner, Arbeiter, Reisende und Studenten aus dem Königreich werden andere Wege finden müssen, Zugang zur Gesundheitsversorgung zu finden“, heißt es. Ein Beispiel: Apotheken in allen EU-Staaten müssen Verordnungen, die von Ärzten aus anderen Mitgliedstaaten stammen, beliefern. Diese Verpflichtung fiele dann weg.

Rentnern, Studenten, Reisenden und Arbeitern in der EU drohen Nachteile

Menschen aus dem Königreich, die sich – etwa wegen eines Fernstudiums – länger in der EU aufhalten, werden wohl alternative Wege der Krankenversicherung benötigen, darunter auch private, kostspielige Versicherungen, heißt es weiter. Zur Notfallversorgung heißt es: „Die EU-Mitgliedstaaten sollten Menschen mit dringenden Bedürfnissen helfen, sie könnten sie aber danach direkt zur Zahlung verpflichten. Daher besteht das Risiko einer Versorgungsunterbrechung und einer Minderheit drohen erhebliche Kosten.“

Mit den Veröffentlichungen bleibt die Regierung weit hinter den Forderungen des Parlaments zurück. Die Abgeordneten hatten am Montag, kurz vor dem Beginn einer von Johnson auferlegten fünfwöchigen Zwangspause, die Herausgabe sämtlicher Dokumente zu den No-Deal-Planungen verlangt. Zudem forderten sie die komplette Korrespondenz dazu an, inklusive E-Mails und Kurznachrichten wichtiger Regierungsmitarbeiter und Berater. Staatsminister Michael Gove wies die Forderung als „unangemessen und unverhältnismäßig“ zurück. Die Regierung müsse die Privatsphäre ihrer Mitarbeiter schützen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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