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Lagebericht
Schmidt: „Der Leitsatz ‚Struktur vor Geld‘ ist so einfach wie falsch“
Die Lageberichte von Friedemann Schmidt sind immer besonders. Schmidt ist ein guter Redner, der gut gefüllte Saal schweigt und hängt an seinen Lippen. Auch in diesem Jahr hält der ABDA-Präsident einen Lagebericht mit großen Worten, streift Bereiche der Philosophie und der Psychologie. Als er dann aber zum (politischen) Punkt kommt, verabschiedet sich Schmidt am heutigen Mittwoch in Düsseldorf so ganz nebenbei von einem zentralen Leitsatz der Apotheke: Der Satz „Struktur vor Geld“ ist seiner Meinung nach zu einfach und falsch. Man müsse auch die wirtschaftlichen Punkte mehr in den Blick nehmen.
Es gab einen Punkt während des Gesetzgebungsverfahren zur Apothekenreform, als die ABDA ihren politischen Kurs wechselte: das Rx-Versandverbot war dann nur noch eine Handlungsoption auf Rang zwei, seitdem geht es darum, die Vorteile – auch finanzieller Art – im Apotheken-Stärkungsgesetz mitzunehmen. Bei den Apothekern an der Basis ist dieser Richtungswechsel zumindest gefühlt nie so richtig angekommen: Sie starteten Protestaktionen, wie etwa die Unterschriften-Aktion des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler, die mehr als 400.000 Menschen in den Apotheken unterschrieben.
Schmidt hatte es also nicht leicht im Vorfeld seines Lageberichtes am heutigen Mittwoch in Düsseldorf. Im Rücken hatte er zudem den Bundesratsbeschluss zum Rx-Versandverbot – in den Reihen der Delegierten wird schon heiß spekuliert, wer den Adhoc-Antrag zum Rx-Versandverbot als erstes stellt. Aber Schmidt rückte von seiner und der Position, die die ABDA-Mitgliederversammlung beschlossen hatte, nicht ab. Wörtlich sagte er:
Ja, ein Rx-Versandverbot wäre die wirksamste Maßnahme, den problematischen Auswirkungen des EuGH-Urteils von 2016 auf das deutsche System der Arzneimittelversorgung zu begegnen. Daran haben wir nie gezweifelt. Und nein, diese Maßnahme ist unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen in unserem Land und in der europäischen Union nicht durchsetzbar – trotz Koalitionsvertrag, trotz Mitgestaltungsanspruch der Länder, trotz unserer Kampagnen und trotz Protestaktionen der apothekerlichen Basis. (…) Natürlich wäre es besser, ein Rx-Versandverbot zu haben. Aber natürlich wäre es auch besser, schon früher aus der Kohlekraft auszusteigen, und es wäre auch besser, auf Coca-Cola-Flaschen Warnaufkleber zu haben. Aber Politik ist nunmal kein rationaler wissenschaftlicher Prozess.“
Wirklich gut kam der zweite Teil dieser Argumentation nicht an. Schmidt erntete großen Applaus zu seiner Äußerung, dass das Verbot die beste und wirksamste Maßnahme wäre. Kurze Zeit später ging aber einen Raunen durch den Saal, als er es als politisch unmachbar einstufte. Doch Schmidt ging noch weiter. Anscheinend ist die Entscheidung, sich vom Rx-Versandverbot abzuwenden und den (finanziellen) Vorteilen der Apothekenreform zuzuwenden, keine Einzelfallentscheidung. Man habe sich viele strukturpolitische Entscheidungen „erkauft“. Schmidt wörtlich:
‚Struktur vor Geld‘, in diese drei einfachen Worte kann man den zentralen Leitsatz unserer Berufspolitik in den letzten Jahrzehnten zusammenfassen, und auch in den Diskussionen seit Abschluss des Koalitionsvertrages der Bundesregierung habe ich diesen Leitsatz wieder und wieder gehört und gelesen. Ich bin mittlerweile der Auffassung, dass dieser Satz so einfach wie falsch ist. Denn er spiegelt ein verkürztes Denken mit vorgefertigten Prioritäten wieder und schließt andere strategische Parameter aus. Natürlich ist die ordnungspolitische Struktur essentiell, aber gerade weil und wenn wir diese nicht nach Belieben bestimmen können, müssen wir auch den Blick frei haben für Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Verbesserung in Teilbereichen unserer Arbeit und neue fachliche Perspektiven für den Heilberuf Apotheker.“
3 Kommentare
prekär
von atopom am 25.09.2019 um 18:36 Uhr
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Struktur war nie das Ziel
von Reinhard Rodiger am 25.09.2019 um 17:11 Uhr
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Eingelullt
von Kathrin Storch am 25.09.2019 um 17:06 Uhr
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