Verunreinigte Glucose aus Köln

Laumann: Vertrauen in Arzneimittelsicherheit ist „schon erschüttert genug“

Stuttgart - 04.10.2019, 13:14 Uhr

Es gibt nicht viele neue Erkenntnisse im Fall um die toxisch verunreinigte Glucose aus der Kölner Heilig Geist Apotheke: „Wir prüfen jeden Tag, ob es eine neue Lage gibt“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am vergangenen Mittwoch. (Foto: picture alliance / Marcel Kusch / dpa)

Es gibt nicht viele neue Erkenntnisse im Fall um die toxisch verunreinigte Glucose aus der Kölner Heilig Geist Apotheke: „Wir prüfen jeden Tag, ob es eine neue Lage gibt“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am vergangenen Mittwoch. (Foto: picture alliance / Marcel Kusch / dpa)


Nach zwei Todesfällen durch einen toxisch verunreinigten Glucosetoleranz-Test sind rund zwei Wochen später die Hintergründe immer noch unklar. Der Fall war am vergangenen Mittwoch nun Thema im Düsseldorfer Landtag. Dort sollten die zeitlichen Abläufe geklärt werden. Zumindest die Lieferkette kann laut der Nachrichtenagentur dpa als Ursache der Verunreinigung nun ausgeschlossen werden.

Bereits vergangenen Dienstag hatte Gesundheitsdezernent Harald Rau bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Kölner Rathaus laut einer Meldung der Nachrichteagentur dpa gesagt: „Wir sind weiterhin sehr sicher in unserer Abwägung, dass wir verhältnismäßig, angemessen und in richtiger Einschätzung der Gefahrenlage reagiert haben.“ Die Opposition hatte die Sondersitzung des Ausschusses beantragt, weil sie anzweifelte, dass die Stadt schnell und effizient genug gehandelt hatte. Insbesondere kritisierten mehrere Ratsmitglieder, dass eine Warnung an Arztpraxen und Bevölkerung erst am Montag vergangener Woche erfolgt war, nachdem das Gesundheitsamt bereits am vorherigen Freitag von den Todesfällen durch einen toxisch verunreinigten Glucosetoleranz-Test aus einer Kölner Apotheke erfahren hatte. Am 26. September hatten Land und Bezirksregierung die Schließung der Apotheke und zweier weiterer des gleichen Verbundes angeordnet.

Am Dienstag wurde ebenfalls bekannt, dass der Inhaber der Heilig Geist Apotheke aus Köln gegen die Schließung seiner drei Apotheken gerichtlich vorgeht. Er habe eine einstweilige Verfügung gegen die Stadt beantragt, sagte eine Sprecherin des Kölner Verwaltungsgerichts der Nachrichtenagentur dpa.

„Apotheken müssen geschlossen bleiben“

Der Düsseldorfer Landtag hat sich am vergangenen Mittwoch schließlich ebenfalls mit dem Tod der 28-jährigen Schwangeren und ihres per Notkaiserschnitt geborenen Babys sowie dem Handeln der Behörden beschäftigt. „Wir prüfen jeden Tag, ob es eine neue Lage gibt“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). So lange Vorsatz bei der Vergiftung der Glucose-Abfüllungen nicht ausgeschlossen werden könne, habe der Gesundheitsschutz „absoluten Vorrang“. 

Auch die SPD erklärte im Gesundheitsausschuss, dass der Gesundheitsschutz über allem stehen müsse. Die Apotheken müssten geschlossen bleiben, solange der Fall nicht aufgeklärt sei. Laumann räumte im Ausschuss aber auch ein, dass man „einen Tag schneller“ über die Schließung hätte entscheiden können. Es hätten jedoch zuvor viele Beteiligte angehört werden müssen. 

Laut Laumann gehe es auch um das Vertrauen in das Gesundheitssystem und in die Medikamentensicherheit. Das von den Beitragszahlern finanzierte System müsse halten, was es verspreche. Das Vertrauen sei nach dem Bottroper Apothekenskandal „schon erschüttert genug“. 

Herkunft der Verunreinigung: Lieferkette kann ausgeschlossen werden

Außerdem hatten die Ermittler am Mittwoch in einem Tütchen einer weiteren Patientin Spuren der toxischen Verunreinigung des Glucosetoleranz-Tests festgestellt. Dabei handelte es sich nur um sehr geringe Spuren, „die bei einer Einnahme offenbar nicht gesundheitsschädigend gewesen wären“. Die Patientin hatte das Tütchen nach einem Aufruf der Behörden abgegeben. Weitere Personen hätten sich auf den Aufruf nicht gemeldet.

Um welche toxische Substanz es sich in dem Glucosetoleranz-Test beziehungsweise Tütchen genau handelt, wollen die Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen weiterhin nicht sagen. Im Gesundheitsausschuss des Landtags erklärten Vertreter des Gesundheitsministeriums aber, die giftige Substanz müsse in der Apotheke in die Glucose-Abfüllungen gelangt sein. Die Lieferkette könne ausgeschlossen werden.

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Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben in alle Richtungen. Derzeit würden Beweismittel ausgewertet und Zeugen vernommen. „Konkrete Hinweise darauf, dass in der betreffenden Apotheke gelagerte Glucose in anderen Apotheken verkauft worden wäre, liegen – jedenfalls derzeit – nicht vor“, hieß es laut dpa von Seiten der Behörde.



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1 Kommentar

Arzneimittelsicherheit wird auch durch Rabatte gefährdet

von Benjamin Schäfer am 04.10.2019 um 15:09 Uhr

Es gibt zum Glück noch keinen direkten Zusammenhang zwischen der unterfinanzierten Rezeptur in den Apotheken und dramatischen Einzelfällen von gepanschten Rezepturen. In nicht allzu ferner Zukunft kann es aber dazu kommen! Herr Laumann spricht von gefährdetem Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit. Bei Mio ordentlich hergestellten Rezepturen jährlich. Die Bevölkerung möchte Zugang zu hochwertigen Rezepturen. Die Apotheken, die alles richtig machen (gewissensrein und fachlich korrekt) und zusätzlich noch die unnötigen bürokratischen Stolpersteine erfüllen, zahlen mit jeder Minute Herstellung und Doku drauf. Sogesehen ist es ein wahrer Glücksfall, dass noch nicht viel mehr passiert ist. Trotzdem wird irgendwann unterm Strich wie überall gelten: "You get what you pay for". Darum verstehe ich zum Beispiel nicht, warum solche Vorfälle nicht auch mal eine Diskussion lostreten, ob man überhaupt hochwertige Rezepturen erwarten darf, wenn es ok findet die normalen Rezepte für 2,50€ Bonus nach Holland zu schicken während sich Rezepturen und Problemrezepte auf die richtigen Apotheken aufkonzentrieren. Es gibt Apotheken die im Grauzonenbereich arbeiten, sowohl in der Zyto als auch in der normalen Rezeptur. Unglücklicherweise werden diese den derzeitigen politisch forcierten Ausblutungswettbewerb betriebswirtschaftlich am längsten bestehen. Eigentlich müssten wir sofort das Ende der Mischkalkulation einläuten, bei jeder Rezeptur 50€ draufhauen und zeitgleich die Rezeptare verflichten Kopfkameras zu tragen. Dann würde man im Fall menschlichen Versagens schneller den Fehler finden und man kann sich gleichzeitig noch reichlich Dokukram sparen.

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