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Das war eine Woche pro Zukunft der PTA. Der Bundesrat möchte, dass der PTA-Beruf moderner wird, mehr Kompetenzen bekommt und seine Ausbildung drei Jahre dauert. Der Appell der ABDA, die gegen Kompetenzerweiterung und Ausbildungsverlängerung kämpft, blieb unerhört. Mein liebes Tagebuch, da vermute ich mal: Der Bundesrat zeigte Weitblick – die alten Zöpfe von Großmutter ABDA müssen weg.
7. Oktober 2019
Sollten wir das noch erleben dürfen, mein liebes Tagebuch? Einen Tarifvertrag für Apothekenangestellte in Sachsen? Gut möglich. Denn wie nun zu hören ist, stehen der Sächsische Apothekerverband und die Apothekengewerkschaft Adexa seit Anfang Oktober in Verhandlungen. Wurde auch Zeit! Seit 20 Jahren ist Sachsen das einzige Bundesland, das keinen unmittelbar geltenden Tarifvertrag für Apothekenangestellte hat – mit allen Nachteilen für die Angestellten. Tariflosigkeit klingt irgendwie nach Wildwest (in diesem Fall „Wildost“). Schön, wenn die Sachsen nun eingesehen haben sollten, dass Tariflosigkeit schon lange nicht mehr in unsere Zeit passt, eine Zeit, in denen die Suche nach Mitarbeitern immer schwieriger wird. Hoffen wir, dass Verband und Adexa sich einig werden und sich auf einen modernen Rahmentarifvertrag einigen können. Im Gespräch soll sogar ein innovatives Vergütungsmodell sein, das den Arbeitsplatz öffentliche Apotheke insbesondere für den pharmazeutischen Nachwuchs attraktiver machen soll. Mein liebes Tagebuch, wir sind gespannt!
Da schau an, mein liebes Tagebuch: Die Ausschüsse der Bundesländer sind mit der Spahnschen PTA-Reform in der vorliegenden Form nicht zufrieden. Da der Bundesrat beim PTA-Reformgesetz ein Wörtchen mitzureden hat, kommt es durchaus auf das Votum der Länder an. Und deren Ausschüsse sehen da erheblichen Nachbesserungsbedarf. Vor allem plädieren sie dafür, dass die Ausbildungszeit mindestens drei Jahre dauert – sie stellen sich damit hinter die Forderungen der Apothekengewerkschaft Adexa und des PTA-Verbands BVpta und erteilen der ABDA eine Abfuhr, denn die will an der Dauer der Schulzeit nichts ändern. Mein liebes Tagebuch, das musste so kommen, man konnte die Haltung der ABDA, die sich vehement gegen eine Verlängerung der Ausbildungszeit sträubte, in der Tat nicht verstehen und nachvollziehen. Es liegt doch auf der Hand: Wenn man einen für die Zukunft attraktiven Assistenzberuf für die Apotheke erhalten und ausbauen will, kann es nicht bei einer zweieinhalb-jährigen Ausbildungszeit bleiben. Schon vor dem Hintergrund der von Spahn beabsichtigten Kompetenzerweiterung des PTA-Berufs muss die Ausbildung entsprechend angepasst und erweitert werden. Die Ausschüsse der Bundesländer empfehlen außerdem noch weitere Änderungen an der PTA-Reform, die durchaus Sinn machen. Also, mein liebes Tagebuch, da ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen, da muss noch nachgebessert werden. Die Chancen für eine Verlängerung der Ausbildungszeit sind nicht schlecht.
8. Oktober 2019
„Apotheke neu denken“ – der neu gegründete „Verband innovativer Apotheken“, kurz „via“ genannt, hat sich da viel vorgenommen. So will er beispielsweise neue Konzepte für erfolgreiche Apotheken entwickeln (das wollen bekanntlich auch andere), er will Modellprojekte mit Kostenträgern aushandeln (sehr anspruchsvoll!) und ihnen mit innovativen Ansätzen gegenüber der Politik eine Stimme geben. Pharmazeutische Dienstleistungen liegen dem Verband besonders am Herzen. Mein liebes Tagebuch, alles in allem ein guter Ansatz, vor allem wenn man sich vor Augen hält, dass das „Innovative“ bei den Standesorganisationen in der Regel – sagen wir’s mal vorsichtig – nicht so sehr zu erkennen ist. So will sich „via“ beispielsweise vor allem um zwei Themen besonders kümmern: das Impfen in der Apotheke und die Pflege in all ihren Facetten. Hört sich gut an, jetzt kommt’s darauf an, was die innovativ denkenden Apotheker dieses Verbands daraus machen. Immerhin, die Voraussetzungen mögen gut sein: Gründungsmitglieder des Verbands, die der „Elac“-Apothekenkooperation mit den „Guten-Tag-Apotheken“ angehören, sind „innovative, erfolgreiche und engagierte Apothekenleiter“, die uneingeschränkt hinter der inhabergeführten Apotheke und zum Rx-Versandverbot stehen. Und nein, ein Gegenverband zur ABDA oder zu Landesapothekerverbänden wollen sie nicht sein, auch wenn sie unzufrieden mit der Arbeit der Standesvertretung sind. Was die „via“-Gründer allerdings sehen: Die offizielle Standesvertretung richte alle Konzepte am schwächsten Glied der Kette aus, was dazu führe, dass so manche Initiative abgewürgt würde, weil kleinere Apotheken da nicht mithalten könnten. „Via“ wolle dagegen solche anspruchsvolleren Initiativen fördern. Mein liebes Tagebuch, wollen da die Großen und Starken ihre Interessen bündeln? Mag sein, dann mal ran an die Innovationen, wir sind gespannt auf die Ideen.
9. Oktober 2019
Den Krankenkassen geht in wenigen Jahren das Geld aus. Die zurzeit noch hohen Rücklagen von rund 21 Milliarden Euro schmelzen bis 2025, spätestens 2030 dahin und dann guckt wieder ein Defizit um die Ecke, zeigt eine aktuelle Studie. Schuld sind – wir kennen es – die demografische Entwicklung, sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben. Also, was tun? Beiträge rauf, staatliche Zuschüsse rauf und Ausgaben runter. Doch dieser Mix ist nicht beliebig machbar, das muss gut austariert sein. Und, mein liebes Tagebuch, wenn’s um eine Senkung der Ausgaben geht, dann schauen die Krankenkassen allzu gerne auf den Bereich Arzneimittelausgaben. Und da hängen wir Apothekers dann mit drin. Mehr Honorar für uns und ein Honorar für pharmazeutische Dienstleistungen – das könnte so gar nicht gut aussehen. Welche Kasse wird dann Dienstleistungshonorare für Apotheken zahlen? Also, wenn sich da was ändern soll, dann ganz rasch noch jetzt oder nie. Hat unsere Standesvertretung eine Vorstellung davon, wie sich unser Honorar in Zukunft darstellen könnte? Äh, mein liebes Tagebuch, gab’s da nicht mal eine AG Apothekenhonorar, die acht Jahre lang tagte mit dem Ergebnis, das dem des Hornberger Schießens ähnelt?
10. Oktober 2019
Mit den Änderungswünschen der Bundesrats-Ausschüsse zur Reform der PTA-Ausbildung ist die ABDA gelinde gesagt so ganz und gar nicht zufrieden. In ihrer aktuellen Stellungnahme mäkelt sie an vielen Ausschussempfehlungen herum. An erster Stelle steht die von den Ausschüssen geforderte Verlängerung der Ausbildungszeit von zweieinhalb auf drei Jahre – dagegen sträubt sich unsere Standesführung heftigst: Die Ausbildungsdauer und Ausbildungsstruktur an andere Gesundheitsberuf anzupassen, wie es die Ausschüsse empfehlen, sei nicht sachgerecht und nicht erforderlich. Mein liebes Tagebuch, ehrlich gesagt, mich überzeugen die ABDA-Ausführungen an dieser Stelle nicht. Wenn unsere Apotheken für die Zukunft gut ausgebildete PTA haben möchten, wird man einfach nicht umhinkommen, die Ausbildungszeit zu verlängern und die Ausbildungsstruktur anzupassen, auch wenn es hier und dort vielleicht einen Mehraufwand für alle Beteiligten gibt.
Auch die von den Länderausschüssen vorgeschlagene Kompetenzerweiterung für die PTA – huhu, das kommt bei der ABDA überhaupt nicht gut an. Schließlich sei der PTA-Beruf 1968 als Assistenzberuf geschaffen worden, der dem Apotheker als Kraft zur Seite steht, „die ihn bei Arbeiten vorwiegend technischer Natur entlasten soll…“, heißt es in der ABDA-Stellungnahme. Oh weh, mein liebes Tagebuch, da ist es wieder, das für die ABDA typische Festhalten an alten Zöpfen – so wird’s nichts mit der Zukunft und der Weiterentwicklung hin zu modernen Apothekenstrukturen. Wenn wir gut ausgebildete Kräfte haben wollen – ohne die es in Zukunft nicht gehen wird –, sollen sie auch Verantwortung übernehmen dürfen und müssen. Was will man in Zukunft mit Mitarbeitern, die nicht für eigenverantwortliches Handeln qualifiziert sind? Wovor hat da die ABDA Angst? Fürchtet sie etwa, dass eine PTA mit Kompetenzerweiterung am Image des Apothekers kratzt? Meine Herren von der ABDA, ein bisschen mehr Selbstbewusstsein täte da gut!
Weiterer Knackpunkt: Die Länderausschüsse haben die im Entwurf zum neuen PTA-Gesetz vorgesehene Kürzung der chemischen Fächer und Übungen abgelehnt. Die ABDA dagegen hält es für vertretbar, wenn weniger Chemie gelehrt und weniger chemisch-pharmazeutische Übungen durchgeführt werden. Die ABDA-Begründung: Die Prüfung von Ausgangsstoffen und Arzneimitteln spiele heute eine deutlich geringere Rolle als zu der Zeit, als der PTA-Beruf geschaffen wurde. Ist doch wirklich interessant, mein liebes Tagebuch, wie hier argumentiert wird. Dahinter steckt natürlich die ABDA-Absicht, die gewonnenen Unterrichtsstunden für andere praxisnähere Fächer zu verwenden. Aber, gut ausgebildete Kräfte brauchen doch ausreichendes Basis- und Hintergrundwissen fürs Verständnis pharmazeutisch-chemischer Vorgänge – warum sollte man dies den PTA nicht zukommen lassen? Nur um die Ausbildungszeit nicht verlängern zu müssen? Irgendwie bekommt man das ungute Gefühl, die ABDA möchte den PTA-Beruf nur ein wenig aufhübschen, aber nicht grundlegend weiterentwickeln und modernisieren. So erreicht man keine Attraktivitätssteigerung dieses Berufs.
Mehr als interessant, wer und und wie viele sich die Stärkung der Apotheke vor Ort auf die Fahnen geschrieben haben. Jüngster Coup: ein gemeinsames Joint Venture der Noventi Group, des Marketing Vereins Deutscher Apotheker (MVDA) und der Apothekenkooperation Linda. Im Mittelpunkt steht auch hier die Positionierung und Stärkung der inhabergeführten Vor-Ort-Apotheken. Und es gibt sogar schon eine erste Maßnahme: Linda hat mit der Initiative Pro AvO (pro Apotheke vor Ort), bei der wiederum Noventi, Rowa, der Wort&Bild-Verlag sowie die Großhandlungen Gehe und Sanacorp mitmachen, eine Entwicklungspartnerschaft vereinbart: Es geht zum Beispiel um klimaneutrales und nachhaltiges Handeln, es geht um Digitalkonzepte und technische Unterstützung rund ums E-Rezept. Mein liebes Tagebuch, erfreulich, wie sich die Beteiligten um die Apotheke vor Ort kümmern. Wir sind gespannt, was dabei heraus kommt.
11. Oktober 2019
Das war deutlich: Die von Bundesgesundheitsminister Spahn geplante Reform des PTA-Berufs muss gründlich überarbeitet werden – das hat der Bundesrat, der hier ein gehöriges Wörtchen mitzureden hat, beschlossen. Der Bundesrat hat dabei die von seine Fachausschüssen abgegebenen Empfehlungen aufgegriffen. Das bedeutet: Die Länder haben sich für eine dreijährige Ausbildungszeit, die Praxis und Theorie besser miteinander verzahnt, ebenso ausgesprochen wie für eine Kompetenzerweiterung der PTA. Außerdem soll es eine Ausbildungsvergütung von Anfang an und eine schon im Reformgesetz verankerte Schulgeldfreiheit geben. Den Appell der ABDA, den Vorschlägen der Länderausschüsse nicht zu folgen, hat der Bundesrat glattweg ignoriert. Mein liebes Tagebuch, da kann man den Bundesrat für seine Weitsicht nur loben: So könnte es was werden mit einer echten in die Zukunft gerichteten Reform des PTA-Berufs. Jetzt kommt es darauf an, wie die Gegenäußerung der Bundesregierung dazu ausfallen wird.
19 Kommentare
PTA
von Thomas Kerlag am 13.10.2019 um 22:31 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: PTA
von Thomas Kerlag am 14.10.2019 um 6:42 Uhr
AW: Apotheker light? Wohl nicht ...!
von Gunnar Müller, Detmold am 14.10.2019 um 13:28 Uhr
AW: PTA
von Thomas Kerlag am 17.10.2019 um 13:15 Uhr
PTA-Ausbildung: Es ist so einfach, wenn man nur will
von Wolfgang Müller am 13.10.2019 um 17:03 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: PTA-Ausbildung: Es ist so einfach, wenn
von Michael Mittel am 13.10.2019 um 17:30 Uhr
AW: PTA-Ausbildung: Es ist so einfach
von Wolfgang Müller am 13.10.2019 um 17:55 Uhr
AW: PTA-Ausbildung: Es ist so einfach, wenn
von Michael Mittel am 13.10.2019 um 19:01 Uhr
Die Woche der PTA ....?!
von Gunnar Müller, Detmold am 13.10.2019 um 16:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
PTA-Ausbildung
von Dr.Diefenbach am 13.10.2019 um 14:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 5 Antworten
AW: PTA-Ausbildung
von Michael Mittel am 13.10.2019 um 16:28 Uhr
AW: Ein Jammern
von Wolfgang Müller am 13.10.2019 um 17:22 Uhr
AW: PTA-Ausbildung
von Michael Mittel am 13.10.2019 um 18:17 Uhr
AW: PTA-Ausbildung
von Wolfgang Müller am 13.10.2019 um 18:44 Uhr
AW: PTA-Ausbildung Buscopan
von Dr SchweikertWehner am 14.10.2019 um 7:39 Uhr
PTA-Ausbildung / Krankenkassen
von Lars Janzen am 13.10.2019 um 13:16 Uhr
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Unschärfen und Aktionismus verdecken die Marktrisiken ...
von Christian Timme am 13.10.2019 um 10:39 Uhr
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2900 Tage ohne Ergebnis ?
von Ulrich Ströh am 13.10.2019 um 8:45 Uhr
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AW: 2900 Tage ohne Ergebnis
von Anita Peter am 13.10.2019 um 9:58 Uhr
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