45 Fälle

Wegen finanzieller Sorgen – Apotheker gestehen Rezeptfälschungen

Berlin - 24.10.2019, 16:45 Uhr

Vor dem Amtsgericht Nordhausen müssen sich derzeit ein Apothekerehepaar und eine Apothekenmitarbeiterin aus Königs Wusterhausen verantworten. (Foto: dpa / picture alliance)

Vor dem Amtsgericht Nordhausen müssen sich derzeit ein Apothekerehepaar und eine Apothekenmitarbeiterin aus Königs Wusterhausen verantworten. (Foto: dpa / picture alliance)


In einem Prozess um gefälschte Rezepte haben am heutigen Donnerstag alle drei Angeklagten vor dem Amtsgericht Nordhausen ein Geständnis abgelegt. Einem Apothekerehepaar und einer Mitarbeiterin wird gewerbsmäßiger Betrug und Urkundenfälschung in 45 Fällen zur Last gelegt. Der angeklagte Apotheker erklärte zum Prozessauftakt, er und seine Ehefrau hätten aus Angst vor dem finanziellen Abstieg nach einer zusätzlichen Einnahmequelle gesucht.

Drei Brandenburger haben deutschlandweit über längere Zeit Apotheken betrogen. Mit einer ausführlichen Schilderung ihrer Betrugsmasche legten ein angeklagtes Apothekerpaar und eine Mitarbeiterin, die zugleich die Geliebte des Mannes war, am heutigen Donnerstag zum Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Nordhausen (Thüringen) Geständnisse ab.

Dem Trio wird vorgeworfen, zwischen 2015 und 2019 mit gestohlenen Patientendaten Rezepte für teure Medikamente ausgestellt zu haben. Diese sollen sie dann in Apotheken eingelöst haben. Die so erhaltenen Arzneimittel sollen sie dann wiederum in den eigenen Apotheken im brandenburgischen Königs Wusterhausen ausgegeben haben. Der Schaden beläuft sich laut Staatsanwaltschaft auf mehr als 80.000 Euro. Die Rezepte wurden bundesweit in 45 Apotheken, darunter 36 in Thüringen, eingelöst.

Der 58 Jahre alte Hauptangeklagte erklärte vor Gericht, er und seine 61 Jahre alte Ehefrau hätten aus Angst vor dem finanziellen Abstieg nach einer zusätzlichen Einnahmequelle gesucht. Nach der Neueröffnung ihrer beiden Apotheken seien die Eheleute mit mehr als 200.000 Euro verschuldet gewesen, erklärte der Mann. Um an Geld zu kommen, ging das Trio nach eigenen Angaben arbeitsteilig vor.

Auf manipulierten Blankorezepten seien gestohlene oder fiktive Patientendaten eingetragen und mit einem Arztstempel versehen worden. Die so ergaunerten hochpreisigen Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck oder Immunschwäche wurden nach Aussagen der Angeklagten später an Kunden mit passendem Rezept ausgegeben. Damit der Betrug von den Krankenkassen nicht bemerkt werde, sei das dort eingereichte Rezept ebenfalls manipuliert worden.

Sonderlager für ergaunerte Arzneimittel in der eigenen Apotheke

Die mitangeklagte Mitarbeiterin organisierte nach eigenen Angaben bis zu zwei Beschaffungsfahrten im Monat. Ziel seien Apotheken entlang der Autobahn und in größeren Städten gewesen, sagte die 32-Jährige. Aus Liebe zum angeklagten Apotheker will sie geeignete Apotheken herausgesucht und die Medikamente telefonisch vorbestellt haben. Dann sei sie mit Perücke verkleidet in der jeweiligen Stadt in die Apotheke gegangen. Um keine Spuren zu hinterlassen, habe sie zudem ihre Hände mit Pflaster abgeklebt. Von ihrem Chef, mit dem sie bis zur Verhaftung ein längeres Verhältnis hatte, habe sie ständig neue Handys zur Verschleierung der Taten bekommen.

Die Ehefrau bewahrte die Medikamente nach ihren eigenen Worten in einer der Apotheken in Königs Wusterhausen in einem Sonderlager auf und kümmerte sich um den Vertrieb der erschwindelten Arznei.

Vor vier Jahren hat es auch aus Nordthüringen vermehrt Hinweise auf gefälschte Rezepte gegeben, erklärte Oberstaatsanwalt Gert Störmer. Ein Teil der Patientendaten sollen zum Beispiel aus einer Physiotherapiepraxis im Südharz stammen. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen habe sich dann für zuständig erklärt und die telefonische Überwachung der Tatverdächtigen begonnen. Sie wirft dem Trio 45 Fälle des gemeinschaftlich gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung vor.

Im Mai 2019 waren mehrere Apotheken und Wohnungen in Brandenburg, Berlin und Niedersachsen durchsucht worden. Das Ehepaar sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Nordhausen hat am heutigen Donnerstag ihren Antrag abgelehnt, den Haftbefehl aufzuheben. Der Prozess wird am 11. November fortgesetzt. Mit einem Urteil kann am 25. November gerechnet werden.



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Finanzielle Sorgen.

von Roland Mückschel am 28.10.2019 um 12:25 Uhr

Also 2 Apotheken und 200.000 Euro Schulden.
Das ist nicht verschuldet sondern normal.
Das ist kein Grund für so eine Räuberpistole.

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