Apothekerverband Schleswig-Holstein

Froese und Arntzen fordern E-Rezept-Allianz

Kiel - 29.10.2019, 09:00 Uhr

Wort & Bild-Chef Arntzen und der Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Peter Froese, sind offen für eine Kooperation. ( r / Foto: tmb) 

Wort & Bild-Chef Arntzen und der Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Peter Froese, sind offen für eine Kooperation. ( r / Foto: tmb) 


Wort & Bild-Chef Andreas Arntzen ermuntert die Apotheker, offensiv mit der Digitalisierung umzugehen und ihre Nähe zu den Patienten zu nutzen. Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, erwartet vom Staat Regeln für einen diskriminierungsfreien Zugang zum E-Rezept. Beide zeigten sich in einer Diskussion des Verbandes offen für eine Allianz, die gemeinsam einen neutralen Zugang zum E-Rezept in der Öffentlichkeit propagiert. Berührungsängste zwischen dem Verband und privaten Unternehmen waren dabei nicht zu erkennen.

Der Apothekerverband Schleswig-Holstein beschäftigt sich intensiv mit der Digitalisierung und hat dazu kürzlich ein Digitalmanifest verabschiedet. Bei der Mitgliederversammlung am 26. Oktober in Kiel veranstaltete der Verband eine Diskussion zu den Chancen und Risiken der Digitalisierung in der Arzneimittelversorgung. Dabei diskutierte der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese mit Andreas Arntzen, Vorsitzender und Sprecher der Geschäftsführung des Wort & Bild-Verlags, moderiert von DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn.

Arnzten: Apotheker sollen positiver denken

Arntzen hat die Digitalisierung in mehreren Medienkonzernen mitgestaltet und selbst Digitalfirmen gegründet, beispielsweise Parship. Er erläuterte, wie Online-Medien etablierte Geschäftsmodelle grundlegend verändern. Dem könnten sich auch die Apotheken nicht entziehen. Nach seiner Erfahrung beruhe der Erfolg von Projekten zu 80 Prozent auf der richtigen Umsetzung, Ideen allein würden nicht reichen. Arntzen wandte sich entschieden dagegen, die Risiken der Digitalisierung und die Schließungen von Apotheken zu betonen. Statt einer solchen negativen Sicht sollten die Apotheker offensiver vorgehen, positiver denken und ihre Leistungen deutlich machen. Vier Millionen Kundenkontakte pro Tag würden die große Nähe zur Bevölkerung zeigen und seien ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die Apotheker sollten den Erfolg ihrer Bemühungen auf diesem Gebiet nicht an Klickzahlen ihrer Web-Shops messen. Es gehe dabei bisher nicht um Umsätze, sondern um Erfahrungen mit diesen Medien.

Sorge vor Rezeptmaklern

Verbandsmitglieder aus dem Publikum äußerten jedoch vielfältige Sorgen. Gegen fragwürdige Inhalte aus vermeintlich objektiven Online-Quellen sei schwer zu argumentieren. Über das E-Rezept könnten mehr Umsätze zu Versendern fließen. Rezeptmakler könnten von Apotheken Gebühren für Rezepte und von den Patienten sensible Daten verlangen. Doch es gab auch großes Interesse an digitalen Hilfsmitteln, mit denen Apotheken die Patienten umfassender versorgen und beispielsweise Anschlussverordnungen organisieren können.

„Null Angst“ vor Internetkonzernen

Froese betonte, dass die deutsche Arzneimittelversorgung mit einem Marktvolumen von 50 Milliarden Euro sehr attraktiv sei. Neue Abläufe mit digitalen Instrumenten könnten den Markt disruptiv verändern. Dennoch habe er „null Angst“ vor weltweiten Internetkonzernen. Denn die Apotheken mit ihren gewachsenen Beziehungen zu den Patienten hätten Menschlichkeit und Empathie auf ihrer Seite. Der Staat könne die Rahmenbedingungen regeln, versuche aber eher wenig einzugreifen. Trotzdem sieht Froese den Staat in der Pflicht, einen diskriminierungsfreien Zugang zum E-Rezept zu schaffen, über den Patienten ihre E-Rezepte verwalten können, ohne irgendwelche Daten an private Betreiber liefern zu müssen. Dies sichere dann auch den fairen Wettbewerb unter Apotheken. Für Froese ist dies ein „Tabubereich“. Nach der Übergabe des Arzneimittels könnten dagegen im Wettbewerb diverse digitale Instrumente für weitere Leistungen angeboten werden. Daraufhin fordert Froese, der Staat solle den Deutschen Apothekerverband (DAV) mit der Organisation eines neutralen Zugangs beleihen. Dazu solle dann die Web-App des DAV dienen.

Beiderseitiges Interesse an Kooperation

Arntzen stimmte den Zielen des Digitalmanifestes des Verbandes zu, bezweifelte aber, dass die Verbände allein ein eigenes Modell für den Zugang zum E-Rezept durchsetzen könnten. Angesichts der Erfahrungen in anderen Bereichen empfahl er den Apothekern, offen für Kooperationspartner zu sein. Dies sei der Hintergrund der Kooperation Pro AvO (Pro Apotheke vor Ort), zu der der Wort & Bild-Verlag, Rowa, Noventi, Sanacorp und Gehe gehören. Arntzen erklärte, diese Kooperation sei auch für andere Unternehmen offen, die die Anliegen der Apotheken fördern wollen. Er betonte, der Wort & Bild-Verlag wolle weiterhin nur redaktionelle Inhalte liefern und strebe damit kein neues Geschäftsmodell an. Im eigenen Interesse sei ihm das Fortbestehen der Apotheken wichtig. Doch „das E-Rezept wird der Gamechanger“, erklärte Arntzen. Darum sei es jetzt an der Zeit, Egoismen beiseite zu legen. Froese lud zu einer solchen Kooperation ein. Damit solle ein Schulterschluss zwischen den interessierten Partnern ausgelöst werden. Das wichtigste Ziel dabei solle sein, die Gesundheit der Bevölkerung zu steigern. Darauf sollten sich alle verständigen können, erklärte Froese.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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