Positionspapier des GKV-Spitzenverbandes

Kassen: Apotheker sollen für Engpass-bedingte Mehrarbeit vergütet werden

Berlin - 01.11.2019, 13:15 Uhr

Der GKV-Spitzenverband hat ein Positionspapier zur Lieferengpässen vorgelegt. (Foto: Sket)

Der GKV-Spitzenverband hat ein Positionspapier zur Lieferengpässen vorgelegt. (Foto: Sket)


Auch im Gesundheitswesen geschehen manchmal kleine Wunder. In einem Positionspapier zur aktuellen Situation rund um die Arzneimittel-Lieferengpässe fordert der GKV-Spitzenverband unter anderem, dass Apotheker für ihren Mehraufwand beim Management der Engpässe einen finanziellen Ausgleich erhalten sollen. Allerdings nicht von den Kassen, sondern von den Herstellern. Zudem fordert der Kassenverband auch eine neue Meldepflicht für die Pharmazeuten.

Sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch die Regierungsfraktionen arbeiten derzeit an Maßnahmen, die helfen sollen Arzneimittel-Lieferengpässe besser zu managen und zu reduzieren. Im Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz will die Große Koalition eine Regelungen unterbringen, die auch für Apotheker wichtig sind: Unter anderem sollen die Pharmazeuten nach 24 Stunden Nicht-Lieferbarkeit eines Rabattarzneimittels explizit die Möglichkeit bekommen, ein wirkstoffgleiches nicht-rabattiertes Arzneimittel abzugeben – so lange es nicht teurer ist als das verordnete. Und: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll bei Großhändlern Daten zur Lieferbarkeit einzelner Arzneimittel abfragen können. Außerdem soll die Meldepflicht für Hersteller verpflichtend werden. 

Da die Überlegungen von Union und SPD dazu noch lange nicht abgeschlossen sind, kommen derzeit aus den verschiedensten Bereichen des Gesundheitssystems verschiedene Forderungen auf. Erst kürzlich hatte die ABDA einen Acht-Punkte-Maßnahmenkatalog vorgestellt – unter anderem fordern die Apotheker eine Vergütung für das Management von Engpässen. Denn: Die Apotheker haben derzeit viel Arbeit damit, ersatzweise Präparate zu beschaffen, um die Patienten versorgen zu können. Nun mischt sich auch der GKV-Spitzenverband in die Debatte ein.

So wie zuvor andere Vertreter aus dem Kassenlager stellt der GKV-SV zunächst klar, dass die Engpässe aus seiner Sicht mitnichten an den Rabattverträgen liegen. Wörtlich erklärt der Verband dazu: „Insbesondere von Seiten der pharmazeutischen Industrie werden Lieferengpässe gedanklich in Zusammenhang mit dem Instrument der Rabattverträge gebracht. Rabattverträge haben jedoch keine ursächliche Wirkung auf Lieferengpässe und führen gerade nicht zu einer Abhängigkeit des Marktes von nur einem Anbieter.“ Schließlich gebe es keine GKV-weiten Ausschreibungen, sondern entweder einzelne Verträge mit Kassen oder Kassenverbünden. „Dies ermöglicht permanent die Möglichkeit eines Marktzutritts.“ Der Verband verweist unter anderem auf die kürzlich veröffentlichte Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Das WIdO hatte erklärt, dass exklusive Verträge das Rabattvertragssystem stabilisieren und die Anbieter-Vielfalt erhöhen.

Die konkreten Forderungen des GKV-Spitzenverbandes

Um Engpässe besser bekämpfen zu können und entstehende Defekte besser zu managen, schlägt der Kassenverband die folgenden Punkte vor:

  • Alle Handelsstufen sollen dem BfArM verbindlich Lieferengpässe melden, also auch die Apotheken. Dies sei notwendig, um zu verstehen, ob Engpässe nur bei einigen Großhändlern oder Apotheken bestehen, heißt es weiter.
  • Das BfArM sollte den Apotheken auf Basis dieser Informationen wiederum Informationen zu alternativen Bezugsquellen – zum Beispiel einem anderen Großhandel – zur Verfügung stellen. So könnten kurzfristige Schwankungen ausgeglichen werden. Zudem sollten die Bundesoberbehörden Vorgaben zur Bevorratung machen können.
  • Außerdem fordert der GKV-SV härtere Regeln, die sich auf die Bereitstellung der Arzneimittel durch die Hersteller beziehen. Es fehlten „konkrete Sanktionsmöglichkeiten“ bei Pflichtverletzungen, so der Kassenverband. Höhere Vergütungen für Arzneimittel, beispielsweise durch Einschränkungen bei Rabattverträgen, helfen aus Sicht der Kassen nicht. Denn auch in diesem Fall hätten die Hersteller keinen Anreiz, ihre Produktionsstandorte zu wechseln.
  • Relativ kurz heißt es als letzte Forderung im Papier: „Wirksame Sanktionierung von pharmazeutischen Unternehmern bei produktionsbedingten Versorgungsengpässen und Ausgleich von Mehraufwänden von Apothekern aus den Sanktionsbeträgen.“  Die Finanzmittel aus den Sanktionen sollen also den Apotheken zugute kommen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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