USA: Mehr als 40 Tote

E-Zigaretten: Dem Vitamin-E-Acetat auf der Spur

Stuttgart - 15.11.2019, 14:00 Uhr

Wenn man aus den Lungenschäden durch den Konsum von E-Zigaretten in den USA für Deutschland etwas lernen will, dann wohl, dass man mit den Liquids von E-Zigaretten nicht experimentieren sollte. (s / Foto: koocss / stock.adobe.com)

Wenn man aus den Lungenschäden durch den Konsum von E-Zigaretten in den USA für Deutschland etwas lernen will, dann wohl, dass man mit den Liquids von E-Zigaretten nicht experimentieren sollte. (s / Foto: koocss / stock.adobe.com)


Die Krise um E-Zigaretten in den USA weitet sich aus: Die Zahl der Toten ist auf mehr als 40 gestiegen. Ärzte müssen teils zu drastischen Maßnahmen greifen, um Patienten zu retten. Zumindest eine mögliche Ursache gilt nun als wahrscheinlich: Vitamin-E-Acetat. Allerdings betonen die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), dass es mehr als eine Ursache geben könnte. Und das deutsche BfR verweist auf den missbräuchlichen Einsatz von Vitamin-E-Acetat in den USA, um THC-Öle zu strecken.

Steigende Fallzahlen und immer noch keine vollständig geklärte Ursache: Die Zahl der Toten nach dem Gebrauch von E-Zigaretten in den USA liegt nun laut Centers for Disease Control and Prevention bei 42. Die Opfer stammen aus 24 US-Bundesstaaten. Die Zahl der Erkrankten ist auf 2.172 bestätigte Fälle gestiegen. Vor einer Woche hatten die CDC noch 39 Tote und 2.051 Kranke gemeldet, berichtet die Nachrichtenagentur dpa am heutigen Freitag. In Deutschland und auch europaweit ist bislang kein ähnlicher Anstieg von Lungenschädigungen bekannt. Umso mehr stellt sich die Frage nach der Ursache. Die Suche danach wird in den USA intensiv medial begleitet. 

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So berichtete die New York Times am 12. November über einen besonders drastischen Fall: Ein erkrankter 17-Jähriger war in Michigan Ärzten zufolge im vergangenen Monat nur mithilfe der Transplantation zweier Lungenflügel vor dem „sicheren Tod“ gerettet worden, fasst die dpa den Artikel zusammen. 

Man weiß nicht, wie Vitamin-E-Acetat der Lunge schadet

Die CDC betonen zwar deutlich, was sie noch nicht wissen – nämlich, ob vielleicht viele verschiedene Ursachen zu den Lungenschäden beitragen. Aber sie betonen auch eine deutliche Assoziation mit Vitamin-E-Acetat: „Es handelt sich um das erste Mal, dass wir eine mögliche besorgniserregende Chemikalie in Proben von Patienten mit diesen Lungenkrankheiten entdeckt haben“, zitiert die dpa die Behörde. Es müsse aber noch weiter geforscht werden. 

Auch die DAZ 38/2019 hatte sich bereits auf eine Spurensuche im Zusammenhang mit den „gefährlichen Mixturen“ begeben. Dort berichtete DAZ-Autor Ralf Schlenger, dass sich auch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA insbesondere mit solchen Produkten auseinandersetzte, in denen signifikante Mengen von Vitamin-E-Acetat gefunden wurden: „Racemisches Vitamin-E-Acetat (α-Tocopherylacetat) ist eine ölige, geruchlose, wasser­unlösliche Flüssigkeit. Ein Schadmechanismus der Vit­aminvorstufe ist bei Inhalation nicht bekannt, aber denkbar“, las man dort. 

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Gefährliche Mixturen

Hinzu komme, dass für ölige Stoffe die Verdampfer konventioneller E-Zigaretten nicht gedacht sind. Denn: „Gibt man Öle oder Harze in den Verdampfer, sind die Reaktionen nicht absehbar.“ Kommerziell hergestellte Liquids sollen zumindest im EU-Raum auf wassermischbarem Glycerin und/oder Propylenglykol basieren. In Deutschland darf Vitamin-E-Acetat  – wie auch andere Vitamine und THC – den Liquids von E-Zigaretten nicht zugefügt werden, schreibt die dpa. 

In Haarspray ungefährlich, in Zigaretten nicht?

Zu den möglichen toxischen Wirkungen von Vitamin E-Acetat sei bisher wenig bekannt, sagte auch Frank Henkler-Stephani vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) der Deutschen Presse-Agentur: „Bisherige Bewertungen betrafen hauptsächlich den Kosmetikbereich, weil eine unbeabsichtigte Inhalation von Vitamin-E-Acetat durch bestimmte Produkte wie Haarsprays vorkommen kann.“ Dort würden aber nur sehr geringe Mengen aufgenommen und die daraus resultierenden Risiken daher als sehr gering eingeschätzt. „Die aktuellen Vorfälle in den USA stehen dagegen mit einer deutlich höheren Exposition in Verbindung.“

BfR sprach sich gegen Vitamin-E-Acetat in Tabak aus

Vor einigen Jahren sei die Verwendung von Vitamin E-Acetat als Tabakzusatzstoff diskutiert worden, weil durch die antioxidativen Eigenschaften eine verminderte Toxizität des Tabakrauchs erwartet wurde, erklärte Henkler-Stephani. Das BfR habe sich aber dagegen ausgesprochen, weil keine gesundheitsfördernde Wirkung erkennbar gewesen und die gesundheitliche Unbedenklichkeit einer dauerhaften Anwendung von gerauchtem α-Tocopherylacetat nie belegt worden sei.

Möglicher Schadensmechanismus

„Auch aktuell liegen nur wenige und zum Teil widersprüchliche toxikologische Daten zur inhalativen Aufnahme von α-Tocopherylacetat vor.“ Aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften könnte sich die Substanz auf dem Flüssigkeitsfilm der Lungenbläschen sowie in den Membranen der Lungenepithelzellen anreichern, so Henkler-Stephani. „Bei entsprechend hohen Gehalten könnten Beeinträchtigungen des Gasaustausches sowie Gewebeschädigungen und Entzündungsreaktionen auftreten.“

Enge Verknüpfung zu THC-Konsum

Im Oktober verriet ein Blick auf die Internetseite der CDC, dass von 573 Patienten, die berichtet haben, was sie in den letzten 90 Tagen vor dem Einsetzen ihrer Symptome konsumiert haben, 

  • 76 Prozent THC-haltige Produkte konsumiert haben, mit oder ohne Nicotin;
  • 32 Prozent ausschließlich THC-haltige Produkte konsumiert haben;
  • 58 Prozent nicotinhaltige Produkte konsumiert haben, mit oder ohne THC und
  • 13 Prozent ausschließlich nicotinhaltige Produkte konsumiert haben.

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Eine Verbindung zu THC-haltigen Produkten liegt also nahe. Und diese kann der BfR-Experte noch genauer ausführen. 

Vitamin-E-Acetat zur illegalen Streckung von THC-Ölen

Vitamin E-Acetat werde in den USA seit einiger Zeit zur Verdünnung „irregulärer“ THC-haltiger Dampfprodukte verwendet, die zumeist in vorgefüllten Kartuschen erhältlich seien, erläuterte der BfR-Experte gegenüber der dpa. „Einige Schwarzmarktprodukte wurden von Scheinfirmen sogar unter eigenem Markennamen verkauft.“

Im US-Staat Utah hätte Analysen THC-haltiger Kartuschen überraschend hohe Vitamin-E-Acetat-Gehalte von 31 bis 88 Prozent ergeben. Während die THC-Gehalte in diesen Proben aber deutlich unter den angegeben Werten gelegen haben sollen. „Nach jetzigem Kenntnisstand ist anzunehmen, dass derartig hohe Dosierungen schwere respiratorische Erkrankungen auslösen können“, sagte Henkler-Stephani. 

Vitamin-E-Acetat kann höherwertige Konsumeigenschaften vortäuschen

„Vitamin-E-Acetat ähnelt in Konsistenz und Färbung den THC-Ölen und kann sogar höherwertige Konsumeigenschaften vortäuschen.“ Die Substanz scheine vorwiegend zur Streckung, also Produktmanipulation verwendet worden zu sein, „möglicherweise, um auf Lieferengpässe und Preissteigerungen für Cannabis zu reagieren“.

Dass α-Tocopherylacetat auch in Deutschland in Liquids enthalten ist, sei zumindest für reguläre und rechtskonforme Produkte sehr unwahrscheinlich. „Nikotinhaltige Liquids dürfen nach den tabakrechtlichen Bestimmungen keine Vitamine enthalten“, erklärte Henkler-Stephani. „Für einzelne E-Liquids wurde Vitamin E trotzdem als Inhaltsstoff gemeldet.“ Ob die Produkte tatsächlich im Handel sind oder bereits beanstandet wurden, sei aber unklar. „Nach Kenntnisstand des BfR gab es in der EU bisher keine Notifzierung von Vitamin-E-Acetat-haltigen Liquids.“ 

Ein Fazit aus den Fällen, das sich bisland wohl auch für Deutschland ziehen lässt ist: Experimentieren sollte man mit E-Zigaretten beziehungsweise deren Liquids nicht.



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1 Kommentar

Dampfen

von xxx am 03.12.2019 um 21:11 Uhr

Ich kaufe für meine E-Zigarette nur das beste E-Liquid in Vaprio Online Shop. https://www.vaprio.de/produkt-dreamix-kuhlende-waldfruchte-50ml-4970.html

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