BfR bewertet Aluminium-Risiko (Teil 1/2)

Wer weniger Aluminium aufnehmen sollte und wie das geht

Stuttgart - 21.11.2019, 13:30 Uhr

Was sollten Apotheker über Aluminium wissen und wann sollten sie zu aluminiumfreien Produkten raten? Gerade bei Kindern und jungen Frauen ist es besser, auf Aluminium zu verzichten. (c / Foto: JackF / stock.adobe.com)

Was sollten Apotheker über Aluminium wissen und wann sollten sie zu aluminiumfreien Produkten raten? Gerade bei Kindern und jungen Frauen ist es besser, auf Aluminium zu verzichten. (c / Foto: JackF / stock.adobe.com)


Lebensmittel, Kosmetika, Zahncremes, Sonnencremes, aber auch Arzneimittel – sie alle können Aluminium enthalten. Und besonders bei Deodorants stellt sich in der Apotheke immer wieder die Frage: mit oder ohne Aluminium? Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat nun erstmals die Gesamt-Aluminiumaufnahme abgeschätzt und gesundheitlich bewertet. In Teil 1 geht DAZ.online nicht nur der Aluminiumaufnahme über Deodorants auf den Grund, sondern auch der Frage nach, wie man über die Nahrung Aluminium „sparen“ kann.

Klar ist schon länger: Wer nicht allzu stark schwitzt und auf ein aluminiumhaltiges Deodorant verzichten kann, der macht das auch besser. Schwieriger wird das bei Kunden in der Apotheke, die besonders stark schwitzen. Im Mai 2019 schrieb Stiftung Warentest noch: „Nach unserer bisherigen Untersuchungen konnten nur Mittel mit Aluminium Schweiß überzeugend mindern.“ Wer auf Aluminium im Deo also nicht verzichten möchte, aber dennoch aluminiumkritisch ist, für den gilt schon länger der Rat, das Antitranspirant nur auf gesunde und nicht frisch rasierte Haut aufzutragen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die gesundheitliche Belastung durch Aluminium schon länger im Blick (seit 2002). Im Februar 2014 äußerte es sich auch speziell zu aluminiumhaltigen Antitranspirants. Schon damals lautete das Fazit: „Somit wird allein durch die tägliche Benutzung eines aluminiumhaltigen Antitranspirants der TWI möglicherweise komplett ausgeschöpft. Darüber hinaus müssen weitere Aluminiumaufnahmequellen, wie beispielsweise Lebensmittel, Kochutensilien oder weitere Kosmetika, berücksichtigt werden.“ 

Der „TWI“ (tolerable weekly intake) wurde von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitet und beträgt für Aluminium pro Woche 1 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht für die orale Aufnahme über die Nahrung. Für die systemische Aufnahme über Deodorants errechnet sich daraus eine täglich tolerierbare Menge von 0,143 Mikrogramm (µg) je Kilogramm Körpergewicht.

Außerdem hieß es 2014: „… die wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge ist wahrscheinlich bei einem Teil der Bevölkerung alleine durch Lebensmittel ausgeschöpft.“ Genauer untersucht hatte das BfR die Aluminiumaufnahme in ihrer Gesamtheit bislang aber nicht. Nun meldete es am vergangenen Montag, dass es erstmals die Gesamt-Aluminiumaufnahme abgeschätzt hat. Und daraus ergeben sich einige interessante Empfehlungen für die Apotheke. 

Wie zu viel Aluminium schaden kann

Eine hohe Aufnahme von Aluminiumverbindungen kann laut BfR Entwicklungsstörungen des Gehirns und der Motorik sowie Schäden an Nieren, Leber und Knochen verursachen. Dies wird auf entzündliche Effekte oder oxidativen Stress in den Zellen durch Aluminiumverbindungen zurückgeführt. Zudem sei der Stoffwechsel der Zelle beeinflusst, was zum Absterben der Zelle führen kann (Apoptose).

Dabei muss man aber zwischen dem Wirkmechanismus löslicher und dem unlöslicher Verbindungen unterscheiden: Bei unlöslichen Aluminiumverbindungen sollen vor allem inflammatorische Effekte nach Inhalation beschrieben worden sein. (Möglich sind auch Ablagerungen in den ableitenden Harnwegen und der Niere.)

Deo: Spray oder Roll-on?

Die Daten zur inhalativen Aufnahme von Aluminium sind laut BfR allerdings sehr lückenhaft und nicht belastbar. Eine grobe Schätzung zeige jedoch, dass die kombinierte dermale und inhalative Exposition, die sich aus der Verwendung von Antitranspirant-Aerosolsprays ergebe, geringer ist als die Exposition, die aus der Verwendung entsprechender Roll-on-Produkte oder Cremes resultiert.

Das begründet das BfR mit dem geringeren Aluminiumgehalt in Sprays im Vergleich zu Roll-on-Produkten oder Cremes sowie dem geringeren täglichen Verbrauch von Sprays.

Lebensmittel sind nicht mehr die Hauptquelle von Aluminium

Weil auch viele unverarbeitete Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Getreideprodukte und Kakao natürlicherweise Aluminium enthalten und Einträge durch Lebensmittelzusatzstoffe hinzukommen, empfiehlt das BfR für Lebensmittel ganz allgemein, sich abwechslungsreich zu ernähren sowie Produkte und Marken zu wechseln.

Grundsätzlich – und das ist neu – soll im Vergleich zu früheren Studien die Aluminiumaufnahme aus Lebensmitteln niedriger sein. Damit stellen Lebensmittel nicht mehr die Hauptaufnahmequelle für die Bevölkerung dar. Insgesamt dürfte laut BfR die Aluminiumexposition auch durch aluminiumhaltige Lebensmittelzusatzstoffe aufgrund der eingeführten (Höchstmengen) Beschränkungen deutlich zurückgegangen sein.

Lebensmittel in der Apotheke

Speziell in der Apotheke sind Lebensmittel insofern relevant, als dass E 554 (Natriumaluminiumsilicat) in fettlöslichen Vitaminzubereitungen enthalten sein darf und E 1452 (Stärkealuminiumoctenylsuccinat) in Nahrungsergänzungsmitteln; (laut Lauer-Taxe in zahlreichen Kosmetika enthalten). Außerdem wird E 555 (Kaliumaluminiumsilicat) beispielsweise als Trägerstoff für Titandioxid verwendet. 

Doch auch wenn der TWI im Durchschnitt nur zu circa 50 Prozent durch Lebensmittel ausgeschöpft werden soll, könne weiterhin – unter Berücksichtigung weiterer Aluminium-Quellen – der TWI in allen Altersgruppen ausgeschöpft oder sogar überschritten werden. Auf welche Lebensmittel könnten Kunden also besonders Acht geben, wenn sie ein aluminiumhaltiges Deo verwenden und Aluminium „sparen“ möchten?

Lebensmittel mit besonders viel Aluminium

  • Hülsenfrüchte, Nüsse, Ölsaaten und Gewürze
  • Zucker, Süßwaren und süße Desserts auf Wasserbasis
  • Kaffee, Kakao und Tee

Aber auch Soja- und Getreideprodukte können größere Mengen an Aluminium enthalten. Zusätzlich können Lebensmittel durch den Übergang von Aluminium aus Lebensmittelkontaktmaterialen belastet sein. Das BfR hat in diesem Zusammenhang auf die hohen Aluminiumgehalte in

Da, anders als bei Lebensmitteln, Kosmetika ohne Aluminium auf dem Markt durch die Inhaltsstoffliste klar ersichtlich sind, können Verbraucher aber wahrscheinlich besser an dieser Stelle eine Aluminiumaufnahme vermeiden als über Lebensmittel. Außerdem sollte man Lebensmittel grundsätzlich nicht in Alufolie oder ähnlichem verpacken. 

Das BfR gibt insgesamt zu bedenken, dass noch hohe Unsicherheiten bei der Risikobewertung bestehen, „da noch wichtige Daten fehlen oder unterschiedlich interpretiert werden können“. Dies betreffe beispielsweise die Fragen, wie viel Aluminium tatsächlich über die Haut aufgenommen wird sowie das mögliche Auftreten bestimmter Langzeitfolgen einer chronischen Aluminiumexposition.

Dennoch hat das BFR einige praxistaugliche Tipps aus seinen bisherigen Daten abgeleitet. Welchen Kunden man zur Aluminiumreduktion raten sollte, erfahren Sie in Teil 2.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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