Modellvorhaben

Resolution: Keine Apotheken-Impfungen in Brandenburg

Potsdam - 28.11.2019, 07:00 Uhr

Brandenburgs Apothekerkammer-Präsident Jens Dobbert (li.) und Ärztekammer-Präsident Frank-Ullrich Schulz unterzeichnen eine Resolution gegen impfende Apotheker. (s / Foto: LAK)

Brandenburgs Apothekerkammer-Präsident Jens Dobbert (li.) und Ärztekammer-Präsident Frank-Ullrich Schulz unterzeichnen eine Resolution gegen impfende Apotheker. (s / Foto: LAK)


Ab dem kommenden Jahr sollen Apotheker und Krankenkassen Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken vereinbaren können. Nachdem sich die ABDA jahrelang gegen Impfungen in der Apotheke einsetzte, weil man Angst vor Racheaktionen der Ärzteschaft hatte, hat sich die Meinung nun geändert: In der Standesvertretung verspricht man sich inzwischen viel von dem Thema. Anders ist die Lage in Brandenburg: In einer Resolution haben nun sowohl die Ärzte- als auch die Apothekerkammer Impfungen in Apotheken abgelehnt. Kammerpräsident Jens Dobbert stellte klar: In Brandenburg wird es keine Apotheken-Impfungen geben.

Vor knapp zwei Wochen hat der Bundestag das Masernschutzgesetz beschlossen. Darin enthalten: Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken. „Gruppen von Apothekern“ sowie die Landesapothekerverbände können demnach mit Krankenkassen Verträge über solche Modellprojekte abschließen. Die teilnehmenden Apotheker sollen vorher ärztlich geschult und dann für die Influenza-Impfungen vergütet werden. Ganz unumstritten war dieses Vorhaben nicht: Insbesondere die Ärzteschaft kritisierte das Vorhaben vehement. Anfangs war auch die ABDA nicht begeistert von der Idee, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon 2018 ins Spiel gebracht hatte. Doch inzwischen freut sich die Berliner Standesvertretung auf die neue Aufgabe für die Apotheker.

Heftigen Widerstand gibt es nun aber aus Brandenburg. Schon am vergangenen Samstag hatte die Landesärztekammer Brandenburg eine Resolution beschlossen, in der sich die Mediziner gegen impfende Apotheker aussprechen. Am gestrigen Mittwoch zog dann die Landesapothekerkammer nach. Kammerpräsident Jens Dobbert präsentierte den Delegierten die wortgleiche Resolution, die auch die Ärzte beschlossen hatten, und kündigte an, dass er und Frank-Ullrich Schulz, Präsident der Landesärztekammer, das Papier im Anschluss beide unterzeichnen möchten.

In dem Papier wird insbesondere darauf eingegangen, dass Apotheker nicht ausreichend Kompetenzen besitzen, um auf eventuelle Komplikationen reagieren zu können. Hier einige Auszüge:


Impfen ist eine originär ärztliche Tätigkeit und stellt eine komplexe Aufgabe dar, die nicht im Rahmen einer einmaligen Schulung erlernt werden kann. Im Sinne des Patientenschutzes müssen Impfungen daher da stattfinden, wo eine ärztliche Überwachung und notfalls auch Behandlung gewährleistet ist. Auf der anderen Seite ist die Beratung zu Arzneimitteln bei der Abgabe – unabhängig von Verordnung oder Selbstmedikation – Aufgabe der Apotheker. Aufgrund der Kenntnis der gesamten Medikation eines Patienten und des Wirkmechanismus der Arzneimittel ist er prädestiniert, im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit die Therapie des Arztes zu unterstützen. Die fachlichen Kompetenzen von Arzt und Apotheker sind anzuerkennen und zu respektieren. Es liegt nicht im Interesse des jeweiligen Berufsstandes, die Profession des jeweils anderen auszuüben. Es gibt keine Notwendigkeit, die etablierten und funktionierenden Strukturen aufzubrechen und einer nicht erstrebenswerten Aufgabe des Systems der Trennung von ärztlicher und apothekerlicher Tätigkeit unnötigen Vorschub zu leisten."

Resolution der Landesärzte- und der Landesapothekerkammer Brandenburg


Apotheker diskutieren über Modellvorhaben

Die Kammerversammlung stimmte der Resolution mit großer Mehrheit zu – es gab drei Enthaltungen. Allerdings gab es vor dem Beschluss auch kritische Stimmen. Ein jüngerer Apotheker meldete sich zu Wort und wies auf die Erfolge des apothekerlichen Impfens in anderen Ländern hin, dort hätten sich die Impfquoten deutlich erhöht. Er als Nachwuchsapotheker freue sich, wenn sich in seiner Berufsausübung auch neue Aufgaben ergeben. Ein anderes Kammermitglied erwiderte, dass man Dobbert als Präsidenten nicht in den Rücken fallen könne – schließlich hätten die Ärzte ja auch schon zugestimmt. Dobbert selbst kritisierte die ABDA dafür, dass man finanzielle Hoffnungen mit den Modellvorhaben verbinde. Aus seiner Sicht werden die gezahlten Honorare niedrig sein. „Es gibt in der ABDA wirklich Vertreter, die fest daran glauben, dass sich hier eine Vergütungsquelle auftut“, so der Kammerpräsident.

Im Anschluss an den Beschluss unterzeichneten Dobbert und Schulz im Apothekerhaus Brandenburg gemeinsam die Resolution. Auf Nachfrage zu den Gründen der Resolution – schließlich hat der Gesetzgeber den Vorhaben ja schon grünes Licht gegeben – stellte Dobbert klar, dass er sich auch beim Apothekerverband seines Landes dafür einsetzen werde, dass in Brandenburg keine Modellvorhaben zu Apotheken-Impfungen stattfinden werden. „Ich gehe davon aus, dass es keine solche Vorhaben auf Landesebene geben wird“, so der Kammerpräsident. Dobbert erinnerte auch daran, dass in den Ländern, in denen das Impfen in der Apotheke erlaubt sei, grundsätzlich andere Apotheken-Strukturen vorherrschten. Und auf die Frage, warum er in den geplanten Schulungen für die teilnehmenden Apotheker keine Hoffnung sehe, sagte er: „Auch die Schulungen können nicht helfen, denn bei den möglichen Komplikationen gibt es kein Schema F.“

Ärzte-Präsident Schulz kritisierte Minister Spahn heftig für das Vorhaben. Spahn habe versucht, „einen Keil zwischen Apotheker und Ärzte“ zu treiben. Und: „Das ist eine populistische Politik, reiner Stimmenfang von Spahn.“ Auf die Frage, was er zu den gesteigerten Impfquoten in den Ländern mit impfenden Apothekern sage, antwortete er: „Das Wohl des Patienten ist sehr wichtig, aber auch die Sicherheit des Patienten ist wichtig.“ Und auch das Argument, dass die Arztpraxen durch die impfenden Apotheker entlastet werden können, ließ Schulz nicht gelten. „Das würde die Ärzte nicht entlasten, die Belastung in Arztpraxen liegt nicht am Impfen.“

Schon im vergangenen Jahr hatten sich Dobbert und Schulz gemeinsam gegen Impfungen in Apotheken ausgesprochen und eine entsprechende Resolution verabschiedet. Die damalige Resolution war als Reaktion auf die Äußerungen Spahns auf dem DAT 2018 gedacht – dort hatte der Minister erstmals von seinen Plänen diesbezüglich gesprochen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Leute, das ist peinlich...

von Ludwig Mayer am 28.11.2019 um 22:45 Uhr

Ich fasse das mal zusammen: Der Präsident der brandenburgischen Apothekerkammer stellt sich hin und erklärt, dass brandenburgische Apotheker zu blöd zum Impfen sind.
Und das, obwohl Impfungen in D oftmals durch MfAs durchgeführt werden und die das auch ganz ordentlich hinbekommen.

Es ist eine Sache, Impfungen in Apotheken aus betriebswirtschaftlichen oder politischen Gründen abzulehenen. Eine ganz andere Sache ist es, der eigenen Berufsgrupppe zu bescheinigen, dass sie zu doof für sowas wäre.

Glücklicherweise komme ich aus einem anderen Bundesland. Wir können das - wir packen neue Aufgaben an.

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Oh ihr Kleingläubigen

von Michael Mischer am 28.11.2019 um 17:06 Uhr

Ich warte auf den Tag, an dem auch die saturierten Vertreter unseres Standes aufwachen und erkennen werden, dass in der reinen Distribution keine Zukunft mehr liegt. Sondern dass die Distribution in Zukunft nur mehr die Basis sein wird, auf der andere Arbeit aufbaut.

Natürlich ist es im Wandel Aufgabe dafür zu sorgen, dass die neuen Tätigkeitsfelder rentabel sind. Und natürlich ist das ein dickes Brett, da der Status quo davon weit entfernt ist. Aber deswegen nein zu sagen, hält doch den Wandel nicht auf! Man kann ihn dann nur nicht mitgestalten. Das ist ein Risko, aber vom Wandel überholt zu werden, ist sicher das größere Risiko.

Im aktuellen "State of Health" Bericht der EU-Kommission mahnt diese (mit Blick auf die Aufgabenteilung zwischen Ärzten und Pflegekräften) an, dass in Deutschland zu wenig Übertragung von Aufgaben zur Entlastung der Ärzte stattfindet. Das gilt auch für Apotheker - wir müssen den Ärzten nichts stehlen, aber über Aufgabenteilung nachdenken.

Abgesehen davon: Ich lese das Masernschutzgesetz nicht so, als ob man die Apothekerkammer benötigt. Es reicht auch eine Gruppe von Apotheken. Die braucht immer noch eine ärztliche Schulung, aber auch das wird sich doch finden lassen. Da kann die Apothekerkammer tönen, wie sie will und im Verband ist sich am Ende jeder selbst der nächste.

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Innovationszwang

von Thomas Kerlag am 28.11.2019 um 8:49 Uhr

Sicher. Wenn man die älteren Kerls anschaut glaubt man schon, daß sie nicht viel Lust auf neue Abenteuer haben.
Aber nicht vor der Tür der Ärzte, sondern der Apotheker stehen die gesetzbrechenden und gesetzmachenden Investmentkonzerne.

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