Erste Erfahrungen mit GERDA

„Ein elektronischer Medikationsplan wäre wichtiger“

Stuttgart - 06.12.2019, 07:00 Uhr

Noch hält sich die Begeisterung bei Patienten – und Apothekern – in Grenzen, wie Peter Treu, einer der beteiligten Apotheker bei GERDA DAZ.online berichtet. Ein E-Medikationsplan wäre wichtiger gewesen. ( r / Foto: imago images / epd)

Noch hält sich die Begeisterung bei Patienten – und Apothekern – in Grenzen, wie Peter Treu, einer der beteiligten Apotheker bei GERDA DAZ.online berichtet. Ein E-Medikationsplan wäre wichtiger gewesen. ( r / Foto: imago images / epd)


Nach leichten Verzögerungen ist GERDA, der „Geschützte E-Rezept-Dienst der Apotheker“, jetzt in die Pilotphase gegangen. Bei insgesamt zehn Apotheken in den Modellregionen Stuttgart und Tuttlingen können Patienten seit Anfang November elektronische Rezepte einlösen. Noch hält sich die Begeisterung bei Patienten – und Apothekern – in Grenzen, wie Peter Treu, einer der beteiligten Apotheker, berichtet.

„Also ich bin nicht dabei, weil ich zu 100 Prozent von der Sache überzeugt bin. Ich will die Entwicklung aber beobachten und sehen, wie das weiter geht“, sagt Peter Treu. Der 62 Jahre alte Apotheker betreibt seit rund 30 Jahren die Apotheke Münster im zu Stuttgart gehörenden Ortsteil Münster. Seit Anfang November ist er einer von noch erst zehn Apothekern in den Modellregionen Stuttgart und Tuttlingen, bei denen Patienten elektronische Rezepte des Modellprojektes GERDA auch direkt vom Smartphone einlösen können.

GERDA steht dabei für „Geschützte E-Rezept-Dienst der Apotheker“ und ist das Projekt der Landesapothekerkammer und des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. Im Zuge der Modellversuche zur Telemedizin in Baden-Württemberg soll GERDA auch der „Erprobung eines elektronischen Rezepts“ dienen.

Peter Treu und sein Team der Apotheke Münster. (Foto: Apotheke Münster)

Dabei muss man wohl eher sagen, die Patienten könnten E-Rezepte in der Apotheke Münster einlösen, denn „bislang hatten wir noch keine echte Einlösung“, sagt Treu. Zwei Testpatienten hatte man Anfang November – da habe alles gut funktioniert. „Die App, die wir ohnehin bereits benutzt hatten und mit der auch Rezepte eingescannt werden konnten, war recht einfach an GERDA anpassbar“, erklärt Treu. Daher habe man recht problemlos am Modellversuch teilnehmen können.

Angst vor ruinösem Wettbewerb mit E-Rezepten

Und es sei ja gut, dass mit GERDA der Patient die Hoheit über sein Rezept behalte und selbst entscheiden könne, bei welcher Apotheke er es einlöse – zumindest später, wenn irgendwann mal alle Apotheken teilnähmen. „Aber ich sehe derzeit eigentlich mehr Risiken als Chancen am elektronischen Rezept an sich“, sagt Treu. Schließlich nähmen einige Versandapotheken viel Geld in die Hand, um eigene E-Rezept-Plattformen zu entwickeln. „Wenn dann Ärzte direkt E-Rezepte nur an bestimmte Apotheken schicken, ist das für viele Apotheker gefährlich“, sagt Treu. Es sei ein ruinöser Wettbewerb, den die großen Versandapotheken da anstrebten.

„Medikationsplan wäre das größere Serviceplus“

Mit diesem Argument begründet auch der Landesapothekerverband Baden-Württemberg, warum man GERDA ins Leben gerufen habe. „Wir haben das getan, weil wir nicht wollen, dass die Ausstellung von E-Rezepten kommerziellen Interessen dient“, zitiert ein Bericht der Deutschen Presse-Agentur Tatjana Zambo, die Vizepräsidentin des Landesapothekerverbands.

Vielleicht sei Stuttgart auch die falsche Modellregion für Telemedizin und E-Rezepte, meint Apotheker Treu. „Telemedizin ergibt im ländlichen Bereich, wo es weniger Ärzte gibt wahrscheinlich mehr Sinn“, sagt er. Mehr Aufwand jedenfalls bedeute das E-Rezept nicht. Grundsätzlich sei die Digitalisierung ja auch eine spannende Sache.

„Ich hoffe allerdings, dass im Zuge der neuen digitalen Möglichkeiten nun auch ein digitaler Medikationsplan in die Wege geleitet wird“, sagt Treu. Der bedeute für die Patienten in jedem Fall ein bedeutenderes Plus an Servicequalität als das E-Rezept. „Das E-Rezept ist eine ganz nette Sache, aber der elektronische Medikationsplan wäre viel wichtiger und auch sinnvoller.“

Wenn in einem solchen Plan alle verschriebenen Arzneimittel und auch die der Selbstmedikation erfasst würden, könnten Apotheker mit ihrer Fach- und Beratungskompetenz beispielsweise sofort vor unerwünschten Wechselwirkungen warnen und auch die regelmäßige verlässliche Einnahme der Arzneimittel sei so besser überwachbar, meint der Apotheker.

GERDA und Docdirekt

Das jedenfalls ist noch Zukunftsmusik. Zunächst soll sich GERDA in den Modellregionen bewähren. In Stuttgart und Tuttlingen sollen auch noch weitere Apotheken zu den zehn ersten dazu kommen. In der Testphase ist GERDA an das Telemedizin-Projekt „Docdirekt“ angeschlossen, an dem in Baden-Württemberg rund 40 Ärzte beteiligt sind. Wenn der Test, der eigentlich bereits im zweiten Quartal dieses Jahres hätte beginnen sollen, positiv verläuft, soll GERDA möglichst bald im gesamten Bundesland etabliert werden.

Wie GERDA technisch funktioniert, finden Sie hier.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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