Joint Venture McKesson/WBA

Wie profitiert die Gehe von dem Deal mit Alliance?

Berlin - 16.12.2019, 12:45 Uhr

Der Marktanteil des Großhändlers Gehe ist höher als der von Alliance Healthcare, trotzdem soll die Gehe in dem geplanten Joint Venture nur einen Anteil von 30 Prozent halten. Was steckt dahinter? (m / Foto: Gehe)

Der Marktanteil des Großhändlers Gehe ist höher als der von Alliance Healthcare, trotzdem soll die Gehe in dem geplanten Joint Venture nur einen Anteil von 30 Prozent halten. Was steckt dahinter? (m / Foto: Gehe)


Zwei der größten pharmazeutischen Großhändler Deutschlands wollen fusionieren. Die US-amerikanischen Mutterkonzerne der Gehe (McKesson) und der Alliance Healthcare (Walgreens Boots Alliance) wollen hierzulande Kosten sparen und ihr Geschäft zusammenlegen. Bei dem anstehenden Mega-Deal fällt aber auf: Obwohl die Gehe hierzulande mehr Apotheken beliefert, soll sie eine kleinere Rolle im Joint Venture einnehmen als die Alliance. Spekuliert wird nun über eine Ausgleichszahlung an McKesson. Aber auch ein Apotheken-Deal in anderen Ländern wäre denkbar.

Die beiden Großhändler Gehe und Alliance Healthcare wollen ihre Großhandelsgeschäfte in Deutschland fusionieren. Wie groß der Marktanteil der beiden Anbieter genau ist, ist unklar – darüber wird zumindest in der Öffentlichkeit nicht gesprochen. Hört man sich in der Branche um, wird aber davon ausgegangen, dass die Gehe derzeit etwa 15 Prozent des Marktes kontrolliert und Alliance Healthcare bei etwa 11 bis 12 Prozent liegt. Beide zusammen kämen also auf einen Marktanteil, der in etwa dem des Branchenhäuptlings Phoenix entspricht.

Mit Blick auf diese Zahlen fällt bei der Konstruktion des möglichen Joint Ventures, das noch von den Behörden freigegeben werden muss, aber eine Ungereimtheit auf: Die Gehe soll an dem Zusammenschluss einen Anteil von 30 Prozent einnehmen, der Pharmahandelskonzern WBA erhält 70 Prozent – obwohl die Gehe hierzulande einen größeren Marktanteil hat. Beide Unternehmen sollen im Aufsichtsrat des Joint Ventures proportional vertreten sein.

Gehe hat größeren Marktanteil, aber kleineren Teil am Joint Venture

Automatisch stellt sich also die Frage: Warum haben sich McKesson und die Gehe auf einen solchen Deal eingelassen? Bei McKesson wollte man sich zu dieser Frage offiziell nicht äußern. Aus Unternehmenskreisen heißt es aber, dass „die Aufteilung das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen WBA und McKesson“ sei. Auch aus der gemeinsamen Mitteilung wird man nicht schlau – dort hieß es lediglich, dass zu den finanziellen Details Stillschweigen vereinbart worden sei.

Grund für neue Spekulationen gibt nun aber ein Artikel des Nachrichtendienstes „Reuters“. Dort heißt es: „An dem Joint Venture sollen aber Walgreens 70 und McKesson 30 Prozent halten. Wie Reuters aus Verhandlungskreisen erfuhr, erhält McKesson dafür eine ‚angemessene Entschädigung‘.“ 

Einmalzahlung für die Gehe oder Apotheken-Deal?

Für diese große Einmalzahlung von WBA an McKesson würde sprechen, dass die Gehe gegenüber den Apothekern derzeit Investitionen ankündigt. In einem Schreiben an die Apotheker, das DAZ.online vorliegt, erklären die Gehe-Chefs Dr. Peter Schreiner und Andreas Thiede: „Der Zusammenschluss wird uns in die Lage versetzen, verstärkt in innovative Produkte und Dienstleistungen investieren zu können und für Sie unsere Servicequalität zu sichern. Wir werden darauf achten, dass das Beste beider Unternehmen vereint wird und Sie von dem Zusammenschluss bestmöglich profitieren.“

Eine andere Theorie wird derzeit (auch) im Ausland diskutiert. Sowohl WBA als auch McKesson betreiben in mehreren europäischen Ländern Apothekenketten. In einigen EU-Ländern ist derzeit Bewegung im Apothekengeschäft: Italien wurde kürzlich liberalisiert, die ersten Ketten machen sich in den Zentren der Großstädte breit. In Großbritannien leiden die Apotheken unter einer Sparwelle am nationalen Gesundheitsdienst NHS – mehrere Ketten haben Schließungen angekündigt. 

Denkbar wäre, dass WBA hierzulande bei einem möglichen Deal im Großhandelsbereich bevorzugt wird, McKesson dafür in einem anderen Land möglicherweise einen Teil des Apothekengeschäftes von WBA übernimmt. Konkrete Hinweise auf diese Theorie gibt es derzeit aber nicht.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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