2-Millionen-Dollar-Gentherapeutikum

Zolgensma: Novartis will globales Härtefallprogramm starten

Berlin - 20.12.2019, 11:45 Uhr

Die europäische Zolgensma-Zulassung wird im ersten Halbjahr 2020 erwartet. Bis dahin wird um jede Dosis gerungen. (m / Foto: dpa)

Die europäische Zolgensma-Zulassung wird im ersten Halbjahr 2020 erwartet. Bis dahin wird um jede Dosis gerungen. (m / Foto: dpa)


Einzelimport als Lösung? 

Für Deutschland könnte es aber auch noch eine andere Lösung geben. Es gibt nämlich auch die Möglichkeit des Einzelimports aus den USA (§ 73 Abs. 3 AMG) kombiniert mit einer Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (§ 2 Abs. 1a SGB V) – dies allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen.

Novartis erklärt hierzu: „Im Rahmen dessen sind wir dabei, speziell für Deutschland eine Lösung zu entwickeln, die Kriterien für chronische Erkrankungen und Besonderheiten einer Einmaltherapie berücksichtigt und finanzielle Zugeständnisse an die Krankenkassen beinhaltet. Dazu finden derzeit Gespräche statt.“ 

Ein Schreiben von Novartis, das der Deutschen Presseagentur vorliegt, zeigt, wohin der Vorschlag des Unternehmens weist: Sollte Zolgensma® vor einer europäischen Zulassung aus den USA importiert werden, müssten die Krankenkassen demnach zunächst allenfalls einen „nominellen Betrag von 10 Euro“ zahlen. Erst nach einem abgeschlossenen Verfahren der Frühen Nutzenbewertung werde dann der mit den Kassen vereinbarte Erstattungsbetrag fällig. Sollte die EMA das Präparat nicht zulassen, entfalle die Erstattung, zitiert die dpa aus dem Schreiben.

GKV-Spitzenverband: Novartis will sich mit „Gesundheitslotterie“ aus der Verantwortung stehlen

Der GKV-Spitzenverband reagiert wenig begeistert: „Im nächsten Jahr rund um die Welt 100 kostenlose Dosen zu vergeben, wirkt wie eine Form der Rationierung. Weltweit müssen betroffene Kinder und ihre Familien ertragen, dass ein Pharmaunternehmen die systematische Versorgung anscheinend durch eine Gesundheitslotterie ersetzt“, erklärte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband. Sie forderte Novartis auf, sofort ein „echtes Härtefallprogramm“ in Deutschland aufzulegen, „statt sich mit einem angeblichen internationalen Härtefallprogramm aus der Verantwortung für sein Produkt zu stehlen“. Keiner der bisherigen Vorschläge von Novartis an den GKV-Spitzenverband habe ein Härtefallprogramm oder sonst einen für die Patienten und Behandelnden vertretbaren qualitätsorientierten Lösungsansatz enthalten.

Zu bedenken ist in der Diskussion allerdings: Für ein Unternehmen, das ein Arzneimittel gegen einen Gendefekt herstellt, das nur ein einziges Mal zur Anwendung kommen muss, sind Härtefallprogramme tatsächlich speziell. Bei einem Präparat, das regelmäßig anzuwenden ist, ist es sicherlich leichter, die ersten Dosen kostenfrei zur Verfügung zu stellen – der Patient wird es auch nach der Zulassung weiternehmen. Bei Zolgensma® sieht die Sache anders aus.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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