Umfrage bei Apothekern

Wie gut klappt Securpharm?

Stuttgart - 10.01.2020, 14:00 Uhr

Die Apothekerkammer Berlin befragte ihre Apotheker zu Securpharm. Manches klappt bereits gut, jedoch beansprucht der Fälschungsschutz Etliches an Zeit. (s / Foto: imago images / Science Photo Library)

Die Apothekerkammer Berlin befragte ihre Apotheker zu Securpharm. Manches klappt bereits gut, jedoch beansprucht der Fälschungsschutz Etliches an Zeit. (s / Foto: imago images / Science Photo Library)


Welche Vorteile bringt Securpharm? Wo lauern Probleme, die Apothekern das Leben schwer machen? Die Apothekerkammer Berlin wollte genau dies von ihren Mitgliedern wissen und startete eine Umfrage. Das Fazit: „Bis zu einer vollen Integration und einem reibungslosen Ablauf im Apothekenalltag bleibt noch Einiges zu tun.“

Knapp ein halbes Jahr nach Einführung des Fälschungsschutzes mittels Securpharm in deutschen Apotheken interessierte sich die Apothekerkammer Berlin (AK Berlin), wie die Apotheker mit dem Fälschungsschutzsystem zurechtkommen. Welche Erfahrungen haben die Kollegen in den Berliner Apotheken mit Securpharm bisher gemacht, wo liegen Vorteile und wo gibt es noch Probleme und Reibungsverluste?

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Alles klar beim Securpharm-Check?

215 Apotheker nahmen im September 2019 an der Umfrage der AK Berlin teil – die meisten (202) arbeiten in öffentlichen Apotheken, neun in Krankenhausapotheken, drei Apotheker nannten ihre Tätigkeit nicht. Zudem beliefern 15 der öffentlichen Apotheken Heime, zwei verfügen über eine Großhandels- und neun über eine Versandhandelserlaubnis. Die Umfrage sei somit „durchaus repräsentativ für die Berliner Apothekenlandschaft“, teilt die Apothekerkammer mit, „da alle erwarteten Nutzergruppen vertreten sind“.

Erfassung der Packungen

In der Umfrage wurde erstmalig eine Einschätzung zur Durchdringung der neuen Packungen in den Apotheken ermittelt. Die Befragten schätzen, dass mehr als die Hälfte der täglich bearbeiteten Packungen bereits mit den neuen Merkmalen ausgestattet ist. Der überwiegende Teil der befragten Apotheken (78 Prozent) schafft es der AK Berlin zufolge, im Apothekenalltag alle Packungen mit dem neuen Code zu erfassen. 20 Prozent schaffen es nur teilweise und 3 Prozent überwiegend nicht.

Wie teuer kommt Securpharm die Apotheker?

Die AK Berlin wollte von ihren Apothekern auch wissen, wie viel Geld sie für Securpharm in die Hand nehmen müssen. Über die Hälfte der Apotheker bezifferte die Zusatzkosten zwischen 300 und 2000 Euro. 23 Kollegen nannten der AK Berlin zufolge „deutlich höhere oder sogar extrem hohe Ausgaben (mehr als 10.000 Euro)“. Diese wurden im Rahmen der Umfrage jedoch nicht weiter aufgeschlüsselt und liegen laut Kammer deutlich über dem bisher offiziell bekannten Mehrkostenrahmen.

Es hakt beim Verifizieren

Der Umfrage zufolge liegt das Hauptprobleme beim Verifizieren und Ausbuchen derzeit vor allem darin, dass Code-Angaben irreführend oder unleserlich sind. Zudem bemängeln Apotheker Doppelerfassung der Packungscodes (Securpharm-DMC und PZN), Funktionseinschränkungen des Servers oder Scanners und „Alarmmeldungen, unter Umständen ohne zu wissen, wie man sich verhalten soll.“

Wenn es hakt – wo fragen Apotheker nach?

Wo machen sich Apothekenteams vorrangig schlau, wenn Securpharm nicht rund läuft? Hier waren Mehrfachnennungen möglich. Die Softwarehäuser sind seit dem Start von Securpharm wohl die wesentlichen Informationsquellen der Apotheken. Mit 72 Prozent informieren sich fast Dreiviertel der Apotheken hauptsächlich dort. Mit etwas Abstand folgen Artikel in den Fachzeitschriften PZ und DAZ. Diese Informationsquelle nutzen 47  Prozent der befragten Apotheker. Auf Infoabende der Standesvertretungen (Apothekerkammer, Apothekerverein, ABDA) und Informationen der NGDA greifen 34 Prozent der Apotheker zurück. Die Securpharm-Homepage zieht etwa ein Drittel (32 Prozent) zu Rate, ebenso die FAQ der ABDA mit 27 Prozent.

11 Prozent der Apotheken fühlen sich nicht gut informiert 

Registriert werden sollte auch, dass sich 11 Prozent der befragten Apotheken immer noch nicht gut informiert fühlen, merkt die Apothekerkammer an.

Trotz positiver Effekte – 80 Prozent der Befragten nutzen das Verfalldatum aus dem Code für die Lagerhaltung und sparen damit die Zeit der manuellen Eingabe – geben 87 Prozent an, dass sich der Arbeitsablauf insgesamt verlangsamt hat.

Verschlechterung des Arbeitsalltags durch Securpharm

Rund ein Drittel der Befragten (31 Prozent) findet, dass „Securpharm ihren Alltag massiv negativ beeinflusst hat“, knapp die Hälfte (44 Prozent) konstatiert zumindest „eine leichte Verschlechterung“. Die Übrigen sehen keine oder nur eine leichte Veränderung (23 Prozent) oder sogar eine Verbesserung (2 Prozent). 

Was noch zu tun bleibt

Die AK Berlin interessierte sich auch für Wünsche der Apotheker an die Standesvertretung. Diese lassen sich vier Themenbereichen zuordnen: 
1. Technikverbesserungen, 
2. Maßnahmen zur Prozessoptimierung verbunden mit einem merklichen Bürokratieabbau, 
3. strukturierte Informationen und Handlungsempfehlungen und 
4. Einsatz für eine Honorierung der Mehrarbeit. 

Basierend auf den Umfrageergebnissen hat die Apothekerkammer Berlin gemeinsam mit Vertretern der ABDA aus dem Bereich Wirtschaft und Soziales in einem ersten Schritt die häufig beschriebenen Probleme analysiert und den Bereichen Ausgestaltung Securpharm, Ausgestaltung NGDA und Ausgestaltung Software/Apotheke zugeordnet.

Darauf aufbauend wurde der AK Berlin zufolge bereits „ein bewertetes Maßnahmenbündel erarbeitet, das in einem nächsten Schritt mit den jeweiligen Beteiligten eruiert wird“. Das Fazit: „Bis zu einer vollen Integration und einem reibungslosen Ablauf im Apothekenalltag bleibt noch Einiges zu tun.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wer bezahlt eigentlich eine Fälschung?

von Hummelmann am 12.01.2020 um 19:47 Uhr

Was GENAU passiert eigentlich, wenn der Rechner im Wareneingang eine Fälschung erkennt? Meine persönliche Recherche hat ergeben: NIEMAND weiß so richtig Bescheid.
Der Großhandel will die Packung nicht zurück.
Der Pharmazierat verweist auf die zuständige Verwaltungsbehörde, die ist aber mit der Frage völlig überfordert. Der (mögliche) Hersteller will davon auch nichts wissen. Denn wenn die Ware gefälscht ist, hat er sie ja logischerweise nicht produziert. Fazit: Die Packung wird in der Apotheke isoliert und der Apotheker bleibt auf seinen Kosten sitzen.

Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, werden beim Pharmagroßhandel Packungen, die direkt vom Hersteller bezogen werden, NICHT geprüft. Eine Prüfung des Securpharm-Codes erfolgt erst im Wareneingang der Apotheke. Im Falle eines Fälschungsverdachtes wird eine Retoure vom Großhandel abgelehnt. Die Apotheke muss die Packung und damit den "Schwarzen Peter" behalten.

Zum Glück war es bei uns "falscher Alarm". Am Ende hat sich heraus gestellt, dass der Hersteller einfach "nur" einen fehlerhaften Code auf die Packung gedruckt hatte. Aber wenn sich die Kosten- und Haftungsfrage nicht zufriedenstellend lösen lässt, steigert das ganz gewiss nicht die Motivation für das Apotheken-Team auch in Zukunft potenzielle Fälschungen zu entdecken. Besonders dann nicht, wenn es sich um teure Ware handelt. Bei uns war es zum Glück nur Ramipril.
Meine Frage:
Wer kümmert sich jetzt um dieses Problem?
Ich fürchte NIEMAND.
Wenn das so bleibt, kommt Securpharm nicht über den Status eines guten PR-Gags hinaus. Einziger Vorteil für die Apotheke: Die Überwachung der Verfalldaten im eigenen Lager ist jetzt deutlich leichter.

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