Parlamentarische Anfrage

EU-Parlament: Deutsche Importklausel auf dem Prüfstand

Berlin - 13.01.2020, 10:25 Uhr

Eine EU-Parlamentarierin aus Tschechien hinterfragt im EU-Parlament die deutsche Importförderklausel. (c / Foto: VAD)

Eine EU-Parlamentarierin aus Tschechien hinterfragt im EU-Parlament die deutsche Importförderklausel. (c / Foto: VAD)


Parallelexporte sind vielen Ländern mit einem niedrigen Preisniveau bei Arzneimitteln in Europa in Dorn im Auge. Sie fürchten um die ausreichende Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung. Jetzt hat eine EU-Parlamentarierin aus Tschechien die deutsche Importklausel im Rahmenvertrag mit der GKV über die Arzneimittelversorgung, die den Import von Medikamenten aus anderen Ländern quasi sogar zur Pflicht macht, in einer Anfrage an die Kommission in den Fokus genommen.

Mit einer parlamentarischen Anfrage hat die EU-Parlamentarierin Kateřina Konečná aus der Tschechischen Republik die Kommission zur Stellungnahme zu einer Frage aufgefordert, die in Europa besonders die Mitgliedstaaten mit einem niedrigeren Preisniveau für Arzneimittel seit geraumer Zeit umtreibt, nämlich die Exporte von zum Teil lebensnotwendigen Arzneimitteln in andere Länder. Die tschechische EU-Parlamentarierin bezieht sich dabei konkret auf die deutsche Importklausel im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung. Nach deutschem Recht schließe der Bundesverband der gesetzlichen Krankenkassen eine Rahmenvereinbarung mit dem Bundesverband Deutscher Apotheken ab, erklärt Konečná in der Anfrage. Dieses Abkommen verpflichte die Apotheken, Kosten für Arzneimittel zu sparen, indem sie billigeren Präparaten den Vorzug gäben, die durch Parallelimporte erworben würden.

Das Ergebnis sei, dass diese Arzneimittel dann den Patienten im Ausfuhrland nicht zur Verfügung stünden. Das System basiere auf einem negativen finanziellen Anreiz für die Apotheken (Malus), wird in der Anfrage weiter erläutert. Spare die Apotheke jedoch mehr als den geforderten Betrag, so erhalte sie den Überschuss als Bonus. Apotheken versuchten daher, so weit wie möglich billigere Arzneimittel aus Parallelimporten zu verkaufen.

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Neuer Rahmenvertrag heizt Parallelimporte an

Im Juli 2019 sei die erforderlichen Einsparquote mit einem neuen Vertrag von bis dahin 0,5 Prozent auf zwei Prozent der Preise für verordnete Arzneimittel erhöht wurden. Damit habe sich das Volumen der Paralleleinfuhren verdoppelt, meint die EU-Parlamentarierin. Mit dieser nationalen Gesetzgebung habe Deutschland damit begonnen, die Arzneimittelbestände in den Ländern zu erschöpfen, die aufgrund des niedrigeren Lebensstandards die günstigsten Preise hätten, stellt Kateřina Konečná abschließend abschließend fest.

Sie will nun von der EU-Kommission wissen, ob dieses nationale Recht im Einklang mit den EU-Binnenmarktvorschriften steht. Außerdem fragt sie, ob die Kommission eine legislative Lösung für die Situation plane oder ob sie den Mitgliedstaaten ein Rechtsinstrument an die Hand geben werde, mit dem sie sich vor dieser Praxis schützen könnten. Die Kommission muss nun in einem seit einiger Zeit schwelenden Konflikt Farbe bekennen.

Versuche in anderen Ländern

In letzter Zeit haben einige EU-Mitgliedstaaten zur Abhilfe von Liefer- oder Versorgungsengpässen im eigenen Land Exportverbote für bestimmte Arzneimittel verhängt, oder sie haben es wenigstens versucht. Im Oktober 2019 war Belgien mit dem Versuch gescheitert, Exporte von Arzneimitteln zu verbieten, um die Auswirkungen von Lieferengpässen im Land abzufedern.

Österreich war im selben Monat mit einem ähnlichen Vorhaben vorgeprescht und hatte einen Verordnungsentwurf in ein europäisches Notifizierungsverfahren geschickt, der unter anderem die Einführung möglicher Exportverbote von Arzneimitteln in eine andere Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums beinhaltete.

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Der Entwurf wird derzeit auf europäischer Ebene geprüft. Die österreichische Regierung hält den geplanten Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit EU-rechtlich für zulässig und erwartet, dass die Verordnung Ende Januar in Kraft treten kann. Besonders die Staaten in Ost-und Südosteuropa, die wegen des niedrigeren Preisniveaus bei Arzneimitteln besonders anfällig für den Parallelexport sind, setzen sich seit einigen Jahren mit Exportverboten dagegen zur Wehr, so zum Beispiel Griechenland und die Slowakei.

Andere Länder haben zumindest die Voraussetzungen geschaffen, um solche Verbote überhaupt aussprechen zu können. Sie wandeln jedoch auf einem schmalen Grat. Bislang hat die EU-Kommission hierzu noch keine allgemein gültige Interpretation der Regeln im Binnenmarkt verlauten lassen. Man darf gespannt sein, was sie sagt, wenn nun die deutsche Importklausel auf den Prüfstand kommt.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Das wäre ja schön....ein Träumchen

von Marco Luckhardt am 13.01.2020 um 19:24 Uhr

Tschuldigung....ist mir irgendwie durch die Lappen gegangen: Wo kann ich nochmal diese Auszahlung meiner angesammelten Boni der letzten Jahre veranlassen/beantragen???Würde mich freuen und ich könnte so die anderen zahlreichen aufgezwungenen Nebenkosten und Zwangsmaßnahmen finanziell abfedern!!!

Ist echt traurig , dass so ein Mist in Parlamenten kolportiert wird........mir wird schlecht. Jetzt werde ich als Apo noch hingestellt, dass ich ein riesen Interesse hätte Importe abzugeben, um Kohle zu kassieren.
Wer stellt das mal klar, wer haut da mal dazwischen:-(
Nix, scheissegal.

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Prüfstand

von Roland Mückschel am 13.01.2020 um 12:00 Uhr

Da gehört noch mehr hin.
Warum wird den ausländischen Krankenkassen der
Zugang zum heimischen Markt verwehrt?
Dieser Markt bietet sich durch die Digitalisierung
geradezu an. Wozu um Gottes Willen in jedem
Kaff Dependancen der gesetzlichen Krankenkassen?
Ein enormes Potential. Fast 10 Prozent der GKV-Ausgaben.

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