STIKO-Empfehlungen

Impfen bei Immundefizienz: Was geht und was nicht?

Schladming - 22.01.2020, 15:45 Uhr

Wie können immunsupprimierte Patienten geimpft werden? Welche Abstände zu den Immunsuppressiva sollten eingehalten werden? (m / Foto: Stockfotos-MG / stock.adobe.com)

Wie können immunsupprimierte Patienten geimpft werden? Welche Abstände zu den Immunsuppressiva sollten eingehalten werden? (m / Foto: Stockfotos-MG / stock.adobe.com)


Immundefiziente Patienten sind besonders gefährdet, sich Infektionen einzufangen. Zudem haben sie ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Das Problem dabei: Der wirksamste Schutz gegen viele Erreger, eine Impfung, ist nicht immer möglich. In vielen Fällen geht es aber doch. Wann das der Fall ist und was dabei zu beachten ist, dazu hat die STIKO im vergangenen Jahr Empfehlungen zusammengestellt.

Immundefizienz kann verschiedene Ursachen haben. Zugrunde liegen können beispielsweise Autoimmun- oder chronisch-entzündliche Erkrankungen, aber auch eine immunmodulatorische Therapie. Eine Frage, die dann in diesem Zusammenhang immer aufkommt, ist die nach Impfungen. Darf man? Darf man nicht? Und wenn ja, was ist dabei zu beachten. Schließlich wäre es bei diesen Patienten besonders wichtig, sie vor Infektionen zu schützen. Zum einen weil diese Patienten aufgrund der Erkrankung selbst oder der Behandlung infektionsanfälliger sind, zum anderen weil diese Infektionen oft schwerere Verläufe nehmen als bei Immungesunden. Ein Expertengremium der Ständigen Impfkommission (STIKO) hat daher im vergangenen Jahr Empfehlungen erarbeitet, wie bei diesen Patienten mit den empfohlenen Standardimpfungen umzugehen ist.

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Totimpfstoffe kein Problem

Bei Totimpfstoffen ist die Sache einfach: Totimpfstoffe können diesen Patienten nach dem empfohlenen Schema gegeben werden. Und zwar unabhängig davon, ob sie immunsupressiv behandelt werden oder nicht. Einschränkungen gibt es hier keine. Allerdings kann der Erfolg der Impfung eingeschränkt sein, das hängt vom Ausmaß der Immunsuppression ab. Die STIKO rät daher, gegebenenfalls serologische Kontrollen durchzuführen. Um einen optimalen Impferfolg zu erzielen, sollten die Impfungen, wenn möglich, zwei, besser vier Wochen vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie abgeschlossen sein. Geht das nicht, wird der Abschluss der Immunisierung vor Beginn der Therapie empfohlen, auch wenn der Abstand zwischen der Impfung und der immunsuppressiven Therapie dann kürzer ist. Während einer immunsuppressiven Therapie sollte dann geimpft werden, wenn die Erkrankung stabil ist und die Therapie, wenn das planbar ist, so wenig immunsuppressiv wie möglich ist.

Was bei Lebendimpfstoffen zu beachten ist

Lebendimpfstoffe dürfen Patienten mit Autoimmunkrankheiten oder chronisch-entzündlichen Erkrankungen in der Regel nur erhalten, wenn sie nicht immunsuppressiv behandelt werden. Ist eine Therapie geplant, sollte die Impfung vorher verabreicht werden. Wenn es die Krankheitsaktivität erlaubt, ist der empfohlene Abstand mindestens vier Wochen. Geht es nicht anders, reichen bei Hochdosis-Cortison-Therapie auch zwei. Eine Ausnahme bilden die Wirkstoffe Ocrelizumab und Alemtuzumab, bei denen man sechs Wochen warten sollte. Während einer immunsuppressiven Therapie sollte nicht mit Lebendimpfstoffen geimpft werden. Es besteht dann nämlich das Risiko einer Erkrankung und schwerer bis tödlicher Komplikationen durch die abgeschwächten Impfviren. 

Ausnahmen sind nur im begründeten Einzelfall unter individueller Risiko-Nutzenabschätzung möglich. So können Lebendimpfungen beispielsweise bei geringgradiger Immunsuppression, zum Beispiel durch eine Monotherapie mit niedrig dosierten Glucocorticoiden oder anderen Wirkstoffen, in Betracht gezogen werden, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt. Für die Mumps-Masern-Röteln-Varizellen-Impfstoffe findet sich diese Info sogar in der Fachinformation.

Wie lange nach der letzten Dosis der immunsuppressiven Therapie gewartet werden muss, bis eine Impfung mit einem Lebendimpfstoff möglich ist, hängt vom Wirkstoff ab: Bei Hochdosis-Cortison-Therapie wird ein Abstand von mindestens zwei Monaten empfohlen, bei TNF-α-Inhibitoren, wie Infliximab oder Adalimumab, und MTX ebenfalls. Patienten, die Azathioprin oder Ciclosporin erhalten, sollen sogar drei Monate nach Therapieende warten. Und bei einer B-Zell-Depletion durch Rituximab darf erst zwölf Monate nach Therapieende ein Lebendimpfstoff verabreicht werden.

Kontaktpersonen impfen!

Darüber hinaus empfiehlt die STIKO, dass alle Kontaktpersonen der betroffenen Patienten vollständig gemäß den Empfehlungen geimpft sind. Dabei sei besonders an Influenza zu denken, heißt es.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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