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Risiko einer Infektion mit Clostridioides
Clindamycin ist der größte Übeltäter
Die pseudomembranöse Enterokolitis ist eine der wohl gefürchtetsten Nebenwirkungen einer Antibiotikatherapie. Verursacht wird sie durch eine übermäßige Besiedlung des Darmes durch Clostridioides difficile, dessen Toxine die Symptome verursachen. Dem voran geht aber immer eine Zerstörung der residenten Darmflora durch eine Antibiotikatherapie. Doch nicht alle Antibiotika sind diesbezüglich gleich „schlimm“.
Seit etwa 20 Jahren nehmen die Infektionen mit Clostridioides difficile (CDI) zu. Es gibt mehr schwere Fälle, mehr ambulant erworbene und mehr Krankenhausepidemien. Die Symptome – Fieber, Bauchschmerzen, Durchfall und Flüssigkeitsverlust – rufen allerdings nicht die Bakterien selbst, sondern die Toxine, die sie ausscheiden, hervor. Voraussetzung für eine CDI ist eine Zerstörung der residenten Darmflora durch eine Antibiotikatherapie. Welchen Einfluss bereits eine Einzeldosis Clindamycin haben kann, zeigte Gastroenterologe Hans-Jörg Epple aus Berlin anhand von Mausversuchen aus dem Jahr 2009 beim Pharmacon vergangene Woche in Schladming. Bei dem Versuch wurden Mäusen Sporen von C. difficile verabreicht – einer Gruppe ausschließlich Sporen, einer zweiten zusätzlich eine Dosis Clindamycin und einer dritten Clindamycin und nach 24 Stunden nochmal Sporen. Die dritte Gruppe erkrankte schwer, verlor innerhalb von wenigen Tagen viel Gewicht, 40 bis 50 Prozent starben. Weiter konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die einmalige Gabe des Antibiotikums 90 Prozent der residenten Darmflora plattmachte, ein Effekt der über Wochen anhielt und so den Nährboden für die Infektion bereitete. Auch wenn es sich nur um Mausdaten handele, zeigten sie doch eindrucksvoll, wie sich bereits eine einmalige Gabe des Antibiotikums auswirke, so Epple.
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Clindamycin erhöht CDI-Risiko um den Faktor 17
Vergleicht man verschiedene Antibiotika hinsichtlich ihres Risikos einer CDI, findet sich das im Versuch eingesetzte und gerne von Zahnärzten verschriebene Clindamycin an erster Stelle. Es erhöht einem Review aus dem Jahr 2013 zufolge das Risiko für eine CDI fast um den Faktor 17 (OR 16,8). Zwar immer noch beträchtlich, aber deutlich unter der von Clindamycin ist die Risikoerhöhung durch Chinolone sowie Cephalosporine, Monobactame und Carbapeneme mit einer OR von 5,5 bzw. 5,7. Makrolide und Penicilline schneiden hier mit 2,7 um einiges günstiger ab.
Jede Episode steigert das Rezidivrisiko
Tritt bei Patienten eine CDI auf, sollte das Antibiotikum abgesetzt werden. Auch Motilitätshemmer wie Loperamid sind keine gute Idee. Als erste Maßnahme werden Volumen und Elektrolyte substituiert. Die weitere Behandlung richtet sich dann nach der Schwere. Bei sehr leichten Verläufen kann eine engmaschige Beobachtung reichen. Bei leichten Verläufen kommt orales Vancomycin oder Metronidazol zum Einsatz, bei moderat bis schweren orales Vancomycin oder Fidaxomycin. Besteht ein Rezidivrisiko bei gleichzeitig kompliziertem Verlauf ist Fidaxomycin das Mittel der Wahl.
Reizidive stellen ein großes Problem bei der CDI-Therapie dar. So liegt die Rezidivrate nach der ersten Episode bei 10 bis 25 Prozent und steigt mit jeder weiteren Episode an. Gründe dafür sind die Persistenz von Sporen, eine insuffiziente Immunreaktion sowie die fortbestehende intestinale Dysbiose. Letzteres liegt unter anderem daran, dass man bei CDI gewissermaßen den Teufel mit dem Belzebub austreibt: Die zur Behandlung der antibiotikaassoziierten Erkrankung eingesetzten Antibiotika bekämpfen zwar die Clostridioides, gehen aber natürlich an der Darmflora auch nichts spurlos vorüber.
Anti-Toxin-B-Antikörper oder eine Stuhltransplantation erst bei Versagen der Antibiotikatherapie
Die nicht-antibiotischen Therapiemaßnahmen kommen allerdings erst als Ultima ratio zum Einsatz, zunächst setzt man auf einen Substanzwechsel oder eine „Taper-Puls-Therapie“, mit der den Sporen der Garaus gemacht werden soll. Anti-Toxin-B-Antikörper oder eine Stuhltransplantation sind erst bei Versagen der Antibiotikatherapie indiziert.
1 Kommentar
Clindamycin
von Margit Fox-Rappold am 28.01.2020 um 11:54 Uhr
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