Mehrarbeit, höhere Zuzahlungen, Therapie-Unterbrechungen

Arzneimittel-Lieferengpässe sorgen für Probleme in ganz Europa

Remagen - 29.01.2020, 12:50 Uhr

Apotheken in ganz Europa haben zunehmend mit Arzneimittel-Lieferengpässen zu kämpfen. Einer PGEU-Umfrage zufolge entstehen Therapielücken, Mehrarbeit und höhere Zuzahlungen für Patienten. (b/Foto: imago images / photothek)

Apotheken in ganz Europa haben zunehmend mit Arzneimittel-Lieferengpässen zu kämpfen. Einer PGEU-Umfrage zufolge entstehen Therapielücken, Mehrarbeit und höhere Zuzahlungen für Patienten. (b/Foto: imago images / photothek)


Vertrauensverlust und Mehrkosten in den Apotheken

Auch für die Apotheken selbst hatten die Engpässe nachteilige Folgen. Die meisten Länder gehen davon aus, dass der Mangel an Arzneimitteln das Vertrauen der Patienten in die öffentlichen Apotheken beeinträchtigt. Hinzu kommen finanzielle Verluste aufgrund der Zeit, die in die Lösung der Probleme durch Engpässe investiert werden musste (20 Länder), zusätzliche Kosten durch Umstellungen bei der Lagerhaltung, Ausgaben für Importe (13 Länder). 19 Länder haben außerdem eine geringere Zufriedenheit der Mitarbeiter beobachtet.

Alternativlösungen unterliegen oft Beschränkungen

Nach den Umfrageergebnissen bestehen in den europäischen Ländern große Unterschiede in Bezug auf rechtliche Lösungen, die Apotheker im Falle eines Mangels anbieten können. Die generische Substitution (19 Länder), die Beschaffung desselben Arzneimittels aus alternativen zugelassenen Quellen, z. B. aus anderen Apotheken (15 Länder) und die Einfuhr des Arzneimittels aus einem Land, in dem es verfügbar ist (11 Länder) sind in den meisten europäischen Ländern möglich. Einige dieser Lösungen unterliegen jedoch Beschränkungen (z. B., dass eine neue Verschreibung erforderlich ist). Überdies können die Lösungen für den Patienten und den Apotheker umständlich und zeitaufwändig sein.

6,6 Stunden Mehrarbeit pro Woche wegen Lieferengpässen

Die Zeit, die das Apothekenpersonal für die Behandlung von Medikamentenverknappungen aufwenden muss, ist von 5,6 Stunden pro Woche (2018) auf durchschnittlich 6,6 Stunden pro Woche gestiegen. In einem Viertel der Länder gibt es nach der Umfrage offenbar immer noch kein Meldesystem für Engpässe, das die Apotheker nutzen können, obwohl Apotheker laut PGEU Lieferschwierigkeiten häufig schon bemerken, bevor die Industrie oder der Großhändler weiß, dass es ein Problem gibt oder geben wird. Offizinapotheker erhalten die benötigten Informationen über Verknappungen in den meisten Ländern von Großhändlern oder Arzneimittelbehörden (17 bzw. 16 Länder) oder von Apothekenorganisationen (10 Länder).

„Situation ist nicht mehr erträglich und akzeptabel“

„Die Ergebnisse für 2019 verdeutlichen die hohe Inzidenz, den anhaltenden Anstieg der Zahl der Arzneimittelknappheit in den meisten europäischen Ländern und ihre täglichen und belastenden Auswirkungen auf die Patienten und die Apothekenpraxis in ganz Europa“, betont PGEU-Präsident Duarte Santos angesichts der neuen Zahlen. „Sie weisen auch auf die bestehende Lücke bei den benötigten Informationen, Instrumenten und rechtlichen Möglichkeiten hin, die Apothekern zur Verfügung stehen, um Patienten im Falle eines Mangels Lösungen zu bieten. Wir empfehlen politischen Entscheidungsträgern und Interessenträgern dringend, diese auffälligen Trends zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend darauf zu reagieren, da die Situation für Patienten und Gesundheitsdienstleister in ganz Europa nicht mehr erträglich und akzeptabel ist."



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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