Kommentar

Schmitz widerspricht sich hinsichtlich der Beschlusslage selbst

Süsel - 05.02.2020, 17:45 Uhr

ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz (hier beim DAT) widerspricht sich in seiner Argumentation selbst, findet DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn (Foto: (Foto: Schelbert)

ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz (hier beim DAT) widerspricht sich in seiner Argumentation selbst, findet DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn (Foto: (Foto: Schelbert)


Ein Satz stellt Weichen für die Zukunft

Dabei erscheint der Stufenplan überzeugend. Es erscheint sinnvoll, die weitere berufspolitische Vorgehensweise wesentlich vom Umgang mit § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG abhängig zu machen. Denn dieser Satz ist vermutlich wichtiger als alle anderen Forderungen. Er überträgt die deutsche Preisbindung auf ausländische Anbieter. Bundesgesundheitsminister Spahn hat beim Deutschen Apothekertag erklärt, diese Regel werde seit dem EuGH-Urteil von 2016 nicht mehr angewendet. Das ist als Momentaufnahme korrekt. Daraus folgert der Minister, dass diese Vorschrift ohne Schaden entfernt werden kann. Doch das verkennt, dass der Satz bei und nach einem neuen EuGH-Verfahren durchaus wieder wirksam werden kann. Mittlerweile gehen praktisch alle Beobachter und Beteiligten davon aus, dass das Thema nochmals vor dem EuGH landet, wie auch immer eine neue deutsche Regelung aussehen wird. Was dann vor dem EuGH geschehen kann, hängt aber davon ab, ob der besagte Satz dann noch im Gesetz steht. Mit dem Satz besteht die Chance, dass der EuGH den Satz europarechtlich für zulässig erklärt. Das kann allerdings nur gelingen, wenn sich die Bundesregierung für diesen Weg einsetzt und sich dem EU-Vertragsverletzungsverfahren stellt. Im Erfolgsfall erledigt sich dieses Verfahren mit einem neuen EuGH-Urteil und Deutschland kehrt zur früheren friedlichen Koexistenz von Versand und Vor-Ort-Apotheken mit gemeinsamer akzeptierter Preisbindung zurück. Damit könnten alle Beteiligten langfristig zufrieden sein. Wenn der besagte Satz aber gestrichen wird, ist diese Chance dauerhaft vertan. Dann drohen über viele Jahre immer wieder neue politische und juristische Auseinandersetzungen. Darum lohnt sich das Engagement für diesen Satz so sehr.

Ziel und Mittel unterscheiden

Schmitz warnt in seinem Schreiben auch, die ABDA dürfe nicht den Eindruck erwecken, sie verfolge mehrere Ziele gleichzeitig, von denen eines konträr zum VOASG stehe. Er bezieht sich damit auf die Diskrepanz zwischen dem VOASG und dem Rx-Versandverbot. Doch der vermeintliche Widerspruch besteht nicht. Die Erklärung dafür hat Schmitz selbst formuliert. Er bezeichnet selbst die vollständige Gleichpreisigkeit einschließlich der Erhaltung des besagten Satzes als Ziel. Das ist eindeutig und daran ist nichts konträr. Doch dann sind das VOASG oder das Rx-Versandverbot nur Mittel zum Ziel - und über die sollte man streiten können.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Wie es gemeint war interessiert keinen...

von Rainer W. am 06.02.2020 um 9:00 Uhr

... entscheidend ist, was letztendlich im Gesetz steht. Und wenn der Satz erstmal gestrichen ist wird er auch nicht zurückkommen.

Ein perfides Spiel das Spahn da betreibt, die Preisbindung ausser Kraft setzen unter dem Deckmantel die Preisbindung zu retten.

Wenn § 78 Abs. 1 Satz 4 gestrichen ist und kein adäquater Ersatz kommt stehen wir schlechter da als vorher. Und so unwahrscheinlich ist das angesichts der vergangenen entwicklung nicht:

- RxVV - kampflos aufgegeben
- Preisbindung im gesamten Rx-Bereich - Kampflos aufgegeben
- Monopol auf App fürs eRezept - kampflos aufgegeben
- Makelverbot für dritte beim eRezept - kampflos aufgegeben
- Vergütung für Medikationsplan - kampflos aufgegeben
- Medikationsanalyse - kampflos aufgegeben

- Preisbindung GKV - wird in Gutachten geprüft - wenn man sich die Geschichte der Gutachter ansieht könnte man vermuten wie es ausgehen wird...

- Schießen aus allen Rohren - "sichern" ????

Zeit dass Ihr eure ämter räumt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wie es gemeint war interessiert keinen

von Heiko Barz am 06.02.2020 um 13:23 Uhr

Wie muß man sich fühlen als gewählte Vertreter angesichts der von Ihnen trefflich aufgezählten „kampflos aufgegeben“ Bruchlinien unseres Traditionsberufes?
Wir als Horde unmündiger zwangsmittgliedbehafteter Apothekerschafe müssen in unserer Berufs-Zwangsjacke mit ansehen, wie die „Vernichtungswölfe“, alle Schutzzäune überspringend, alles niederbeißen was sie reißen können. Der Abwehrmechanismus gegen diese Wolfsrudel „unsere ABDA“, die sich eigentlich mit breiter Brust gegen EU-Kommissare, Politiker aller Richtungen, vornehmlich Deutscher Gesundheitspolitiker, stellen sollte, steht wie ein geprügelter Knabe in der Landschaft herum und weiß nicht mehr, welchen Weg sie eigentlich beschreiten müßte.
Die definitive Unfähigkeit, die tagtäglich offenbarer wird, diesen Berufstand schützen zu müssen, trägt die Namen der Mannschaft um Friedemann Schmidt.
Die „Bühler Aktion“ ist der Beweis, dass diese „Führungsriege“ fertig hat!!

Einstein meets ABDA

von Wolfgang Müller am 05.02.2020 um 19:38 Uhr

Echte Macht, die man so RICHTIG genießen kann, ist, wenn man mit sowas durchkommt, wie mit diesem Stuss hier von Schmitz. Und damit seine ureigenen, ganz anderen Machtziele weiter unbehelligt verfolgen kann, statt von seinen Untertanen vom Hof gejagt zu werden. TROTZ Ihres elegant geführten Seziermessers, lieber Kollege Müller Bohn.

Leider immer noch gute Voraussetzungen für Schmitz und seine Führungs-Kollegen, diese Art echter Macht wohlig zu spüren. Denn bestens gilt ja bei "Uns" bisher der Albert Einstein zugeschriebene Satz: "Die Welt ist ein Irrenhaus. Das Renommee ist Alles."

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

WIE LANGE NOCH??

von Dr.Diefenbach am 05.02.2020 um 19:36 Uhr

Ich halte Herrn Dr.Schmitz für einen klugen Kopf!!! Dennoch:Es wird allmählich unerträglich im Neubau.Es stellt sich die Frage wie viele Deutschvarianten eigentlich im Lande gesprochen werden,WANN GEHEN WELCHE??

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wer möchte da noch...

von gabriela aures am 05.02.2020 um 18:31 Uhr

...behaupten, „unsere“ ABDA wäre ideologisch verknöchert ?
Die hat doch eine unglaubliche moralische Elastizität !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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