Neues Gutachten zu Lieferengpässen

GKV-Spitzenverband fordert Meldepflicht auch für Apotheken

Berlin - 10.02.2020, 15:15 Uhr

Der GKV-Spitzenverband hat auf der Zielgeraden des GKV-FKG noch ein neues Gutachten zu Lieferengpässen vorgelegt. (m / Foto: Sket)

Der GKV-Spitzenverband hat auf der Zielgeraden des GKV-FKG noch ein neues Gutachten zu Lieferengpässen vorgelegt. (m / Foto: Sket)


Ursachen der Engpässe, Gegenmaßnahmen und Schlussfolgerungen

Laut Gutachten waren der Hauptgrund für die Engpässe in den untersuchten Ländern Probleme im Zusammenhang mit der Produktion, inklusive Qualitätsmängel. Darüber hinaus wurde der Parallelexport von Arzneimitteln in höherpreisige Länder verantwortlich gemacht. Ein Zusammenhang zwischen Lieferengpässen und Rabattverträgen in Deutschland bzw. vergleichbaren Instrumentarien in anderen Ländern, die auf Ausschreibungen im niedergelassenen patentfreien Sektor beruhen (etwa der Präferenzpreispolitik in den Niederlanden und dem „Produkt des Monats“ in Schweden), sei hingegen nicht festzustellen gewesen.

Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

In allen vier untersuchten Ländern gibt es ein Melderegister und die Pflicht, drohende und bestehende Engpässe zu melden. Dabei sei es allerdings eine Herausforderung, diese Pflicht umzusetzen, heißt es im Gutachten. In Italien und den Niederlanden gibt es Sanktionen, wenn der Meldepflicht nicht nachgekommen wird, in Finnland diskutiert man dies jedenfalls.

Weitere regulatorische Maßnahmen sind Sondergenehmigungen bei der Einfuhr und Ausnahmen hinsichtlich der Sprache der Gebrauchsinformation – entsprechendes ist auch für Deutschland geplant. In Finnland gibt es zudem Reserven für ausgewählte Medikamente, in den Niederlanden sollen diese ab 2020 aufgebaut werden. Die Möglichkeit des Verbots von Parallelexporten betroffener Medikamente wird derzeit in den Niederlanden und Schweden diskutiert. In Finnland besteht bereits ein solches Verbot für gelagerte Arzneimittelreserven, in Italien kann es seit 2019 für wenige ausgewählte Medikamente, deren Nichtverfügbarkeit zu einem Versorgungsengpass führen kann, ausgesprochen werden. Länder mit Rabattverträgen für Generika (Niederlande, Schweden) sehen Sanktionen im Falle der Nichtlieferung von Arzneimitteln vor.

Letztlich, so die Studie, werde in allen untersuchten Ländern zweigleisig vorgegangen: Zum einen mit Sanktionen, zum anderen über einen Dialog mit den Akteuren, insbesondere der Industrie, dem Großhandel und den Apotheken. Der Informationsaustausch diene dazu, besser gerüstet zu sein, um auf Lieferengpässe zu reagieren, Vorschläge für die Zukunft zu erarbeiten und gemeinsame Projekte zu initiieren, heißt es.

Was sind die Schlussfolgerungen für Deutschland?

Was kann Deutschland nun aus diesen Feststellungen mitnehmen? Vor allem, dass Melderegister ein zentrales Instrument zu mehr Transparenz und damit einem besseren Management von Engpässen sind. Die Gutachter geben allerdings zu bedenken, dass solche Register trotz einer Meldepflicht unvollständig sein könnten – insbesondere fehlten die Informationen von Apotheken, gegebenenfalls auch des Großhandels. „Die Etablierung der Meldepflicht bei Lieferengpässen in Deutschland würde eine Gelegenheit bieten, weitere unterstützende Maßnahmen gleich mit einzuführen“, so das Gutachten.

Empfohlen wird zudem, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um im Bedarfsfall Exportverbote für von Engpässen bedrohte Arzneimittel verhängen zu können. Was Reserven betrifft, raten die Studienautoren, diese wegen der damit verbundenen Kosten bei nur wenigen ausgewählten Arzneimitteln zu schaffen. Rabattverträge für Generika halten sie hingegen für eine Chance, wenn sie so ausgestaltet sind, dass sie die Verpflichtung zur Lieferfähigkeit der Anbieter umfassen und Sanktionen vorsehen. Hier könnten auch über das nationale Melderegister hinausgehende Informationspflichten etabliert werden, etwa die Meldung von Engpässen gegenüber den Kassen.

Nicht zuletzt lautet der Rat, Erfahrungen mit nationalen Maßnahmen international zu diskutieren. Länderübergreifend, insbesondere auf EU-Ebene, sollten zudem gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, die zum Beispiel den Parallelhandel oder die Frage der Vergleichbarkeit der Inhalte der Melderegister betreffen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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13 Kommentare

Rabattverträge und Versorgungssicherheit

von Rita Längert am 11.02.2020 um 11:26 Uhr

hiermit melde ich die aktuellen nicht lieferbaren AOK-Rabattarzneimittel: Pantoprazol 20 (Aristo,Heumann,Puren); Telmisartan ( Heunet);Candesartan (TAD,Mylan,Heunet), Moxonidin (Heunet)
sorry ich muss in den HV um die Nichtlieferbarkeit zu erklären.
PS: Heunet/Heumann produziert Ihr noch oder seit Ihr im Urlaubsmodus?

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gutachten und melderegister

von pille62 am 11.02.2020 um 10:33 Uhr

...........parallel Importe in Länder mit höherem Preisniveau sorgen für Versorgungsengpässe und nicht die Rabattverträge!
Nada schau an.Welcher Trottel liefert knapper werdende Ware in Länder, wo das Preisnivau durch Rabattverträge nach unten geknebelt wird.
Das können nur die Kleinbürger glauben, die in der deutschen GKV tätig sind.
Leute wacht mal auf, wir sind ein interessanter Markt, aber kein Top Markt mehr.

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Oh Kanada!

von Stefan Haydn am 11.02.2020 um 9:21 Uhr

Offenbar sind die Kanadier uns bei der Analyse von Problemen deutlich überlegen, oder doch intelligenter?

Die Kanadier haben alsHauptgrund für ihre 2000 nicht lieferbaren Arzneimittel die Oligopolisierung bei den Herstellern ausgemacht.
Diesen Prozess beobachten wir Apotheker ja auch schon seit Jahren und ich zumindest mit Sorge, da sich seitdem die Lieferausfälle häufen, sogar im OTC-Bereich.

Den GKV-Granden geht dies nicht in den Kopf, da man sonst zugeben müsste, dass Sparwahn solche Entwicklungen noch befeuert und man ein Hauptverursacher dieser Prozesse ist, ggf. sogar noch als Brandbeschleuniger wirkt.

Für aufmerksame Apotheker war bereits vor 4! Jahren abzusehen wohin dieses System steuert.
Für hochbezahlte KK-Funktionäre offenbar nicht.
Vielleicht sollten mehr Apotheker und Hausärzte in Führungspositionen gehoben werden um dieses Gesundheitsystem vor dem "an die Wand fahren" zu retten.

Voraussetzung: Mindestens 5 Jahre Erfahrung in der Offizin oder hausärztlichen Praxis.

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Fehlinformationen

von Thomas Kerlag am 11.02.2020 um 7:11 Uhr

"Denn auch Rabattverträge helfen, damit sich Patientinnen und Patienten auf eine gute Versorgung mit Arzneimitteln verlassen können.“

Propaganda aus!

Durch dir Rabattverträge kommt es regelmäßig zu
Medikatinsfehlern! Weiß der Praktiker!
Wie wäre es, wenn man zur Entspannung der Situation angemessene Preise zahlen würde.

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AW: Fehlinformationen

von Karl Friedrich Müller am 11.02.2020 um 8:40 Uhr

angemessene Preise? Wem?
Den Herstellern?
Wie wäre es mal mit uns Apotheken? 5 oder 6 Mrd € Ersparnis der KK durch unsere Arbeit!
Wir möchten mindestens die Hälfte davon.
(das ist nun kein Spaß)
Die Arbeit damit haben wir!

Ich hatte einen (Alp)-Traum ... Wuhan zu Besuch im Berliner Regierungsviertel?

von Christian Timme am 11.02.2020 um 6:39 Uhr

Aus aktueller Sicht und dem Stand verschiedener Dinge in der deutschen Gesundheitspolitik ... und nicht nur ... nur ein ... Gedanke aus einem Traum. Plötzlich hätten wir "Blitzentscheidungen" ... geprägt von der eigenen Angst um ein in Ignoranz und Arroganz "aufgegangenes Politikerdasein" ... verschiedenste Biotope ... der Bundestag ... unsere geliebte ABDA ... plötzlich "lichten sich die Reihen"?. Welch ein Schicksalsschlag für eine Nation von ehemaligen Dichtern und Denker ... die so schnell schon wieder vergessenen haben ... in einer Stadt wie Berlin ... für was SIE gewählt wurden und was IHRE Aufgabe ist. Die Gedanken einschließlich der Täumen sind frei ... noch oder doch nicht? ... Wir werden es sehen ...

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Wir melden sowas. Schon lange!

von Andreas P. Schenkel am 10.02.2020 um 21:24 Uhr

Wir Apotheken melden den GKV doch schon lange die Lieferengpässe. Dies sieht jeder von uns mindestens drölfmal in jeder Arbeitsstunde: 02567024.
Ist eine PZN, mit Faktoren 2,3, und 4 melden wir fortwährend, was an Arznei nicht zu kriegen ist. Ihr GKV habt die Daten schon. Was ist also das Problem?

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Meldepflicht

von Dr. Alfred Stuhler am 10.02.2020 um 18:46 Uhr

Ohne entsprechende Bezahlung für den Aufwand melde ich überhaupt nichts und schon gar nicht irgendeinen Datenmüll der das Problem nicht beseitigt.
Unser Problem ist nur, dass die ABDA, in Person unseres Präsidenten, dann fragen wird:
Wie oft und bis wann braucht ihr die Meldungen, und darf ich sie persönlich vorbeibringen ?

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Noch mehr unbezahlte Verpflichtungen?

von Heiko Barz am 10.02.2020 um 18:43 Uhr

Solange der GKV Verband sicher sein kann, dass mit Deutschen Apothekern ohne jede Konsequenz ALLES auch noch so Widerwärtiges angestellt werden kann, wundert mich diese Impertinente Forderung nach unbezahlter Arbeitsanmaßung im Auftrag der GKV in keiner Weise.

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Und wieder mal nichts kapiert !

von ratatosk am 10.02.2020 um 18:32 Uhr

1.Es hilft nichts zu melden, wenn es niemanden mehr gibt der es herstellen kann.
2. Wer ein Lager aufbauen würde, hat bei der GKV schon verloren, da Lager Geld kostet und damit der Zuschlag verlorengeht, da Lieferfähigkeit eben kein !! gewürdigtes Kriterium der GKV ist. Da können sie sich Gutachten kaufen wie sie wollen.
Ist kaum mehr einfacher zu formulieren, damit es evt. die Politik oder die GKV begreifen könnte, oder sie wollen es gar nicht, so doof kann eigentilch ja keiner sein.

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Apotheken

von Karl Friedrich Müller am 10.02.2020 um 16:11 Uhr

wollen erst mal mehr Geld. Mindestens Inflationsausgleich für 15 Jahre.

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AW: Apotheken

von Roland Mückschel am 10.02.2020 um 17:34 Uhr

Gar köstlicher Scherz Herr Müller!

AW: Apotheken

von Karl Friedrich Müller am 10.02.2020 um 18:36 Uhr

find ich auch, Herr Mückschel. hihihi
Ohne Witze kommt man so gar nicht mehr zurecht
(leider kann man hier keine Emojis eingeben. Das würde manches erleichtern.)

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