Masernschutzgesetz in Kraft getreten

Eltern und Ärzte ziehen wegen Impfpflicht vors Bundesverfassungsgericht

Berlin - 02.03.2020, 07:00 Uhr

Ist die Impfpflicht gegen Masern verfassungskonform? Das soll das Bundesverfassungsgericht nun prüfen. (c / Foto: zerbor / stock.adobe.com)

Ist die Impfpflicht gegen Masern verfassungskonform? Das soll das Bundesverfassungsgericht nun prüfen. (c / Foto: zerbor / stock.adobe.com)


Alles halb so wild?

Für eine Verfassungsbeschwerde müssen die Beschwerdeführer darlegen, durch das Gesetz in ihren Grundrechten verletzt zu sein. Hier stützen sich die Eltern auf das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Kinder (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie auf ihr eigenes Grundrecht auf Erziehung (Art. 6 Abs. 2 GG). Zudem rügen sie eine Verletzung der Gleichheitsrechte (Art. 3 Abs. 1 GG). Aus Sicht der klagenden Familien ist Impfzwang aus mehreren Gründen unverhältnismäßig und nicht akzeptabel.

Unter anderem meinen sie, dass die Durchimpfungsraten in Deutschland bereits sehr hoch seien – gerade gegen Masern. Auch gebe es vergleichsweise wenige Fälle von Masernerkrankungen – und diese zögen eine relativ geringe Zahl von Spätfolgen und Todesfällen nach sich. Betroffen seien überdies weitaus mehr Erwachsene als Kinder – doch diese würden vom Gesetz nicht umfänglich adressiert. Ein weiterer Grund für ihren Widerstand: In Deutschland gibt es zurzeit keinen Einzelimpfstoff gegen Masern. Das Gesetz sieht daher ausdrücklich auch die Impfung gegen Mumps und Röteln und gegebenenfalls auch gegen Windpocken mit vor.

Die Vereine sind überzeugt: „Eltern, die sich informiert und wohlüberlegt gegen die Masernimpfung entscheiden oder erst später impfen wollen, wird jede Möglichkeit einer externen Betreuung ihrer Kinder genommen. Dies stellt einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Eltern für ihr eigenes soziales Lebens- und Erziehungskonzept dar.“

Die klagenden Kinderärzte stützen ihre Beschwerden darauf, dass mit der Impfpflicht staatlich in das Arzt-Patienten-Verhältnis eingegriffen werde. Zudem werde die Einwilligung der Eltern in die Impfung dadurch entwertet, dass sie erzwungen werde.

Doch nicht nur das Bundesverfassungsgericht soll sich mit dem Masernschutzgesetz befassen. Wie die beiden Vereine mitteilen, sind auch mehrere Klagen eines einfachgerichtlichen Rechtsschutzes in Vorbereitung. Hier ist das Ziel, über die Instanzgerichte ebenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen – aber über ein anderes Verfahren, die konkrete Normenkontrolle. 

Diese Zweigleisigkeit dürfte darauf zurückzuführen sein, dass nur sehr wenige Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe Erfolg haben. Vergangene Woche gab es einen solchen Erfolg zu vermelden: Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für nichtig erklärt. 

Den Kläger-Familien und den Vereinen sei bewusst, dass die Hürden für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde hoch sind, heißt es in der Pressemitteilung. Man darf nun gespannt sein, wie Karlsruhe entscheidet.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Pervers!

von Stefan Haydn am 02.03.2020 um 10:24 Uhr

Da wird gegen bestens erprobte Impfungen mit fadenscheinigen Argumenten geklagt, aber bei Corona würde sich dann jeder mit einem nicht Langzeit-erprobten Impstoff versehen lassen.
Schizophren! Was anderes fällt mir dazu nicht mehr ein, vielleicht aber auch typisch deutsch!

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