Nähere Einzelheiten zu laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten gegen das SARS-CoV-2 und COVID-19 können Sie in der DAZ-Ausgabe dieser Woche nachlesen.
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Therapien, Impfstoffe, Schutzmaßnahmen
Was könnte Entspannung in die Coronavirus-Lage bringen?
Das Coronavirus scheint sich weiter unaufhaltsam seinen Weg zu bahnen. Die Spanne der Befindlichkeiten reicht in Deutschland von Panik bis „keep calm and carry on“. Die Apotheker stehen in der Gesundheitsversorgung wie die Ärzte an vorderster Front und sind deswegen wichtige Informationsträger und „Informationseinordner“ für besorgte Patienten und Kunden. Hier noch einmal ein paar kurzgefasste aktuelle Fakten, auch zum Status quo der Erforschung von Therapien und Impfstoffen gegen die Coronavirus-Epidemie.
Was uns beunruhigt
Coronavirus-Infizierte anhand von Symptomen herauszufiltern, ist kaum möglich. Wahrscheinlich können auch asymptomatische und subklinische Patienten andere infizieren. Wie lange die Ansteckungsgefahr besteht, ist nicht klar. Experten gehen bereits von einem längeren Zeitraum von 24 Tagen aus. Es könnte also sein, dass die derzeit übliche Quarantänedauer von 14 Tagen nicht ausreicht. Doch dazu gibt es auch andere Meinungen: Der Virologe Prof. Christian Drosten von der Berliner Charité erklärte in einem Podcast des NDR, dass in den allermeisten Fällen die Inkubationszeit zwischen zwei und sieben Tagen liege. Drosten stellte daher in Frage, ob die 14-tägige Quarantäne für jeden möglicherweise Infizierten noch lange durchzuhalten ist.
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Außerdem sind die Risikogruppen beim Coronavirus nicht genau bekannt. Epidemiologischen Auswertungen zufolge sollen zwar mehr als 80 Prozent der Infizierten nur milde Symptome zeigen, aber die ursprüngliche Annahme, dass nur Ältere und Menschen mit schweren Vorerkrankungen an COVID-19 sterben, gilt inzwischen als widerlegt.
Was uns beruhigen sollte
Der PCR-Schnelltest auf das neuartige Coronavirus, den Virologen der Berliner Charité in Rekordzeit entwickelt haben, ist zuverlässig und scheint derzeit allenthalben verfügbar zu sein. Das Robert Koch-Institut schließt die Möglichkeit einer Infektion auch nach einem negativen PCR-Ergebnis nicht vollständig aus, etwa wegen schlechter Probenqualität, unsachgemäßem Transport oder eines ungünstigen Zeitpunkts der Probenentnahme, aber eine zweite Testung sollte gegebenenfalls Klarheit bringen. Die Tests können heute deutschlandweit ausgewertet werden. Bei denjenigen Patienten, die nach der Definition des Robert Koch-Instituts zur Risikogruppe gehören, werden die Tests von den Krankenkassen bezahlt. Wichtig für die Beratung in der Apotheke: Mediziner halten es derzeit nicht für sinnvoll, einen Test nur auf einen eigenen vagen Verdacht hin durchführen zu lassen.
Mehr Schutz für das Gesundheitspersonal
Und noch etwas könnte den öffentlichen Apothekern vielleicht zu etwas mehr Besonnenheit im Umgang mit der aufgeheizten Lage verhelfen. So langsam scheinen die Verantwortlichen in der Politik und bei den Institutionen der Gesundheitsversorgung zu der Einsicht zu gelangen, dass aktuell am ehesten diejenigen zu schützen sind, die es direkt von Angesicht zu Angesicht mit möglicherweise Infizierten zu tun bekommen, diese herausfiltern und betreuen müssen, nämlich das Gesundheitspersonal. Dies sollte auch im Interesse der Gesamtbevölkerung liegen. Einer, der besonders für seine medizinischen Fachkräfte in die Bresche springt, ist der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hat inzwischen angekündigt, alle Bestände von Atemschutzmasken beschlagnahmen zu wollen, um sie an medizinische Fachkräfte und an mit dem Coronavirus infizierte Franzosen zu verteilen. Jede Apotheke soll 500 Masken bekommen, um sie an das Gesundheitspersonal zu verteilen. Außerdem erwägt Macrons Regierung einen Preisdeckel für Desinfektionsmittel.
Wann kommen die ersten Behandlungen und Impfstoffe?
In aller Welt arbeiten Wissenschaftler fieberhaft an Strategien zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus und zur Behandlung von COVID-19. Die Datenbank clinicaltrials.gov listet aktuell 56 bereits laufende oder geplante klinische Studien im Zusammenhang mit der Epidemie auf (Stand 29. Februar 2020). Das chinesische Clinical Trials Register kommt auf 278 Studien im Zusammenhang mit COVID-19. Einige der geplanten oder bereits gestarteten klinischen Studien befassen sich mit Pharmaka, die schon für die Behandlung anderer Krankheiten zugelassen sind, wie etwa die HIV-Wirkstoffe Lopinavir/Ritonavir oder Oseltamivir gegen Influenza. Als bislang vielversprechendster Kandidat gegen COVID-19 gilt das antivirale Nukleosidanalogon Remdesivir des US-Pharmakonzerns Gilead. Mittlerweile wurden drei klinische Studien mit Remdesivir zur Behandlung von COVID-19 in China und den USA initiiert. Zwei weitere sind geplant.
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Als zweiter vielversprechender Anwärter unter den raren Therapieoptionen gegen COVID-19 gilt der antivirale RNA-Polymerase-Inhibitor Favipiravir (Avigan®) von Fujifilm Holdings, der in Japan und seit kurzem auch in China zur Behandlung der Influenza zugelassen ist. Favipiravir soll in einer klinischen Studie mit COVID-19-Patienten in Shenzhen in der Provinz Guangdong bereits vielversprechende Ergebnisse geliefert haben. Darüber hinaus werden der MEK-Inhibitor ATR-002 von Atriva Therapeutics, Tübingen, sowie das rekombinante humane Angiotensin Converting Enzyme 2 (rhACE2) APN01 von Apeiron Biologics, Wien, für die Behandlung von COVID-19 entwickelt. Am 26. Februar 2020 informierte Apeiron Biologics über den Start einer klinischen Pilot-Studie (IIT) zur Behandlung von Patienten mit schwerer Coronavirus-Infektion in China mit APN01. ACE2 gilt als der kritische Rezeptor für das Eindringen von SARS-CoV-2 in menschliche Zellen.
Auch die Erforschung von Impfstoffen läuft mit Hochdruck, jedoch befinden sich die Projekte allesamt noch in präklinischen Stadien. Die erste Phase I-Studie mit dem mRNA-Impfstoff mRNA-1273 von Moderna, der zusammen mit dem U.S. National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) erforscht wird, soll im April 2020 in den USA beginnen. Als Studienende wird der 1. Juni 2021 angegeben.
EFPIA-Mitglieder spenden Geld, Hilfsgüter und Prüfpräparate
Wie der europäische Dachverband der forschenden Arzneimittelhersteller EFPIA mitteilt, widmet sich auch die Innovative Medicines Initiative (IMI) in einem speziellen Aufruf der Entwicklung von Diagnostika und Behandlungen im Kampf gegen COVID-19. Hierfür werden 45 Millionen Euro bereitgestellt.
1 Kommentar
Sterberate
von Itamar Marom am 05.03.2020 um 19:45 Uhr
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