Lieferengpass wegen Corona

Pneumokokken-Impfung – welchen Impfstoff für wen?

Stuttgart - 19.03.2020, 16:45 Uhr

Pneumokokken-Impfstoffmangel aufgrund von SARS-CoV-2: Prevenar 13 sollte ausschließlich zum Pneumokokkenschutz bei Säuglingen und Kleinkindern geimpft werden. (t/Foto: sonar512 / stock.adobe.com)

Pneumokokken-Impfstoffmangel aufgrund von SARS-CoV-2: Prevenar 13 sollte ausschließlich zum Pneumokokkenschutz bei Säuglingen und Kleinkindern geimpft werden. (t/Foto: sonar512 / stock.adobe.com)


Pneumokokken-Impfstoffe sind knapp bis nicht lieferbar. Grund sind verstärkte Pneumokokken-Impfungen wegen der SARS-CoV-2-Pandemie. Nun gilt es, die verfügbaren Impfstoffe Prevenar 13, Pneumovax 23 und Synflorix sinnvoll einzusetzen und besonders vulnerable Patienten zu schützen. Wer sollte Prevenar 13 erhalten, wer Pneumovax 23? Das Paul-Ehrlich-Institut und die AMK haben Empfehlungen veröffentlicht.

Eine Pneumokokken-Impfung verhindert keine COVID-19-Erkrankung. Allerdings lohnt sich ein Pneumokokkenschutz dennoch, um zusätzliche Komplikationen bei einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 vorzubeugen.

Versorgungsmangel bei Pneumokokken-Impfstoffen

Nun sind, aufgrund einer erhöhten Impfnachfrage durch COVID-19, Pneumokokken-Impfstoffe knapp. Im Bundesanzeiger machte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am vergangenen Dienstag (17.03.2020) nach § 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes einen Versorgungsmangel an Pneumokokken-Impfstoffen bekannt, da „eine Infektion mit Pneumokokken (...) für besondere Personengruppen, insbesondere in Verbindung mit einer Erkrankung an COVID-19, eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen“ kann. Durch den Mangel mit in Deutschland zugelassenen Pneumokokken-Impfstoffen sei die Impfung der von der STIKO empfohlenen Personengruppen derzeit nicht flächendeckend sichergestellt, so das BMG. Den Versorgungsmangel gab das BMG vor kurzem auch für potenziell wirksame Arzneimittel oder präventive Impfstoffe gegen COVID-19 bekannt.

Corona-Pandemie: weltweiter Mangel an Pneumokokken-Impfstoff?

In wieweit die damit eröffnete Importmöglichkeit zum Erfolg führen wird, ist allerdings fraglich – SARS-CoV-2 hat sich zu einer Pandemie entwickelt. Der Bedarf an Pneumokokken-Vakzinen dürfte weltweit erhöht sein, und den Import von Pneumokokken-Impfstoff erschweren. MSD, der Hersteller von Pneumovax® 23, erklärte jüngst gegenüber DAZ.online: „Wir erleben derzeit weltweit einen erhöhten Bedarf an Pneumovax® 23. Deshalb können wir Bestände nicht zwischen Ländern umschichten.“

Welche Pneumokokken-Impfstoffe gibt es?

In Deutschland sind drei verschiedene Pneumokokken-Impfstoffe zugelassen:

  • ein 10-valenter Konjugatimpfstoff (PCV10, Synflorix®), zugelassen für das Alter von 6 Wochen bis 5 Jahre; konjugiert an Protein D-Trägerprotein (stammt von nicht-typisierbarem Haemophilus influenzae), konjugiert an Tetanustoxoid- Trägerprotein, konjugiert an Diphtherietoxoid-Trägerprotein und adsorbiert an Aluminiumphosphat.
  • ein 13-valenter Konjugatimpfstoff (PCV13, Prevenar 13®), zugelassen ab dem Alter von 6 Wochen ohne obere Altersgrenze; besteht aus 13 Pneumokokken-Polysaccharid-Serotypen: 1, 3, 4, 5, 6A, 6B,  7F, 9V, 14, 18C, 19A, 19F, 23F (je 2,2 μg). Der Impfstoff ist konjugiert an das CRM197-Trägerprotein und adsorbiert an Aluminiumphosphat.
  • ein 23-valenter reiner Polysaccharidimpfstoff (PPSV23, Pneumovax® 23), zugelassen ab dem Alter von 2 Jahren ohne obere Altersgrenze; Pneumovax® 23 enthält 23 Pneumokokken-Polysaccharid-Serotypen: 1, 2, 3, 4, 5, 6B, 7F, 8, 9N, 9V, 10A, 11A, 12F, 14, 15B, 17F, 18C, 19A, 19F, 20, 22F, 23F, 33F (je 25 µg)

Die wenigen Dosen Pneumokokken-Impfstoff, die aktuell immer wieder verfügbar sind, sollten vor allem Risikogruppen erhalten. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat reagiert und auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) spricht Empfehlungen aus – man will vor allem die besonders vulnerablen Patienten schützen und sichern, dass sie baldmöglichst geimpft werden können. Die Impfstoffe unterscheiden sich allerdings, sodass sich nicht jede Pneumokokken-Vakzine für jeden eignet.

Wer sollte Pneumovax® 23 erhalten, wer Prevenar® 13 und wer Synflorix®? Und warum?

Pneumovax 23: bei Immundefizienz, chronischer Atemwegserkrankung, ab 70 Jahren

Das PEI betont, dass Pneumokokken-Impfungen ausschließlich dem Personenkreis vorbehalten sein sollten, der in den gültigen Impfempfehlungen der STIKO benannt ist – das gilt auch bei Wiederverfügbarkeit der Vakzine.

Um besonders vulnerable Personengruppen möglichst effektiv und entsprechend ihrem Risiko zu schützen, soll wie folgt vorgegangen werden:
Pneumovax® 23 soll prioritär für folgende Personengruppen verwendet werden:

  • Patienten mit Immundefizienz
  • Senioren ab dem Alter von 70 Jahren
  • Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen

Pneumovax® 23 enthält 23 Serotypen und deckt damit von allen hierzulande verfügbaren Impfstoffen den größten Anteil der an invasiven Pneumokokken-Erkankungen in Deutschland beteiligten Pneumokokken ab.

Pneumovax 23

Pneumovax® 23 wird für Kinder ab einem Alter von 2 Jahren, Jugendliche und Erwachsene zur aktiven Immunisierung gegen Krankheiten empfohlen, die durch Pneumokokken hervorgerufen werden.

Pneumovax 23 nicht für Säuglinge und Kleinkinder

AMK und PEI weisen explizit darauf hin, dass Pneumovax® 23 nicht bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren verimpft werden – aufgrund fehlender Daten und schwacher Antikörperantwort. Pneumovax® 23 ist im Gegensatz zu Prevenar 13® und Synflorix® nicht konjugiert.

Säuglinge und Kleinkinder: Prevenar oder Synflorix

Für die Grundimmunisierung im Säuglingsalter bis zu einem Alter von 2 Jahren sollte ausschließlich Prevenar 13® verwendet werden. Sollte Prevenar 13® nicht verfügbar sein, kann auf Synflorix® (10-valenter Pneumokokkenkonjugatimpfstoff) ausgewichen werden, empfiehlt das PEI. Prevenar 13® schützt vor 13 Serotypen, Synforix® vor zehn. Beides sind Konjugatimpfstoffe und führen auch in dieser Altersgruppe zu einer ausreichenden Immunantwort.

Die Prävention von invasiven Erkrankungen, Lungen- und Mittelohrentzündungen, die durch Streptococcus pneumoniae verursacht werden, stellt insbesondere bei Säuglingen eine essenzielle Intervention dar, erklärt die AMK.

Prevenar 13

Prevenar 13® ist zugelassen zur

  • Aktive Immunisierung zur Prävention von invasiven Erkrankungen, Pneumonie und akuter Otitis media, die durch Streptococcus pneumoniae verursacht werden, bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 Wochen bis 17 Jahren.
  • Aktive Immunisierung zur Prävention von invasiven Erkrankungen und Pneumonien, die durch Streptococcus pneumoniae verursacht werden, bei Erwachsenen ab 18 Jahre und älteren Personen.

Synflorix

Synflorix® ist zugelassen zur

  • Aktive Immunisierung gegen durch Streptococcus pneumoniae verursachte invasive Erkrankungen, Pneumonie und akute Otitis media bei Säuglingen und Kindern ab einem Alter von 6 Wochen bis zum vollendeten 5. Lebensjahr.

Apotheker sollen bei Abgabe aufpassen

Die AMK bittet auch die Apotheker, bei der korrekten Umsetzung der aktuellen Empfehlungen der STIKO zur Pneumokokken-Impfung mitzuhelfen.

Streptococcus pneumoniae –Pneumokokken

Pneumokokken besiedeln den Nasenrachenraum des Menschen, in den meisten Fällen verursachen sie keine Symptome. Allerdings können sie durchaus durch lokale Ausbreitung zu Erkrankungen der oberen Atemwege – Sinusitis, Otitis media – und der unteren Atemwege (Pneumonie) führen. Das Risiko einer schwer verlaufenden Erkrankung an Pneumokokken ist altersabhängig, wobei vor allem kleine Kinder in den ersten Lebensjahren und ältere Menschen gefährdet sind. Gleiches gilt für Patienten mit chronischen Krankheiten der Lunge oder des Herzens, einem behandlungsbedürftigen Diabetes oder bestimmten neurologischen Krankheiten und Menschen mit einer Immundefizienz oder einer immunsuppressiven Therapie.

Die STIKO empfiehlt die Pneumokokken-Impfung deshalb für 

  • alle Säuglinge ab dem Alter von 2 Monaten,
  • alle Menschen ab dem Alter von 60 Jahren,
  • Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder -suppression, mit sonstigen chronischen Krankheiten (chronische Erkrankungen des Herzens, der Atmungsorgane – wie Asthma, Lungenemphysem, COPD –, Stoffwechselkrankheiten – zum Beispiel Diabetes mellitus – , neurologische Krankheiten –  zum Beispiel Zerebralparesen oder Anfallsleiden – und Patienten mit anatomischen und fremdkörperassoziierten Risiken für eine Pneumokokken-Meningitis,
  • berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metallrauchen einschließlich metalloxidischen Schweißrauchen führen.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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10 Kommentare

Prevenar 13

von GCChrissi am 14.04.2020 um 20:17 Uhr

Hallo,
Ich finde es nicht in Ordnung, dass Apotheker Erwachsenen den Prevenar 13 Impfstoff geben, da dieser laut STIKO an Säuglinge und Kleinkinder gehen soll. Ich habe eine 5 Monate alte Tochter, die diese Impfung benötigt für ihre Grundimunisierung, aber es gibt für sie keinen Impfstoff mehr. Säuglinge können nur Prevenar 13 bzw Synflorix nehmen.
Alle machen sich nur um Corona Gedanken, aber Säuglinge müssen auch in der jetzigen Situation vernünftig geimpft werden.
Die Erwachsenen sollten den Prevenar 13 Impfstoff für die Kinder lassen und selbst den anderen nehmen!

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Pneumokokkenimpfung mit Prevenar 13

von Ralf Kunze am 30.03.2020 um 11:35 Uhr

Ich wurde am 9.12.2016 mit Prevenar 13 geimpft. Frage: Wie lang hält die Impfung vor?

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Prevenar oder Pneumovax wegen Corona ?

von Wolfgang Feuereisen am 26.03.2020 um 16:04 Uhr

Ich bin 77 und vorbelastet (Bypass OP) aber insgesamt in guter Verfassung. Ich habe von meinem Hausarzt ein Rezept für Prevenar erhalten, wenn ich aber Ihre Veröffentlichung lese erscheint mir Pneumovax richtiger für meine Situation zu sein. Allerdings sagt die Apotheke, dass die Lieferung von Prevenar eher klappen könnte als bei Pneumovax.
Ich bitte um Ihre Stellungnahme.

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AW: Prevenar oder Pneumovax wegen Corona

von Herb und Moka am 26.03.2020 um 16:21 Uhr

Laut meiner INFO ist auch der 13er OK, wir sind beide auch um die 70, mir hat man gesagt, der 23er wäre erst im Juni wieder lieferbar..

Pneumokokken-Impfstoff

von Eugen Knoblauch am 26.03.2020 um 15:11 Uhr

Ich habe am 25.03.2020 für mich (77 J.) und meine Ehefrau (75 J.) 2 Rezepte (beide privat versichert) über den Pneumokokken-Impfstoff "23" ausstellen lassen. In der Apotheke durfte ich zwar die volle Vorauszahlung leisten, eine Lieferung könne aber nicht vor Ende Mai 2020 erfolgen.

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Pneumokokken-Impfung

von Herb und Moka am 26.03.2020 um 10:32 Uhr

Wir haben uns mit dem 13er Impfstoff am 24.03.2020 impfen lassen, man muss etwas herumtelefonieren oder gute Kontakte haben, um noch an den Impfstoff kommen.

Einen TIP hatte ich von einem meiner Fachärzte erhalten und konnte 2 mal den Impfstoff gegen Barzahlung kaufen.

Da wir privat versichert sind, bekommen wir die Kosten von unserer PKV auf jeden Fall wieder erstattet, die Impfstoffkosten liegen bei unter 100 € pro Person.

Unsere beiden Impfungen habe ich dann von meinem Kardiologen durchführen lassen, da die Personen-Abstände bei Allgemeinmedizinern oft zu gering sind.

Am ersten Tag war mir etwas schwindlig, übel und meine Temperatur stieg auf 37,9°, meine Frau hatte null Probleme und seit heute habe auch ich keine mehr, Temperatur ist wieder auf 36,4° gefallen.


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Pneumokokken Impfung

von Morjan Günter am 23.03.2020 um 20:56 Uhr

Bin 68 Jahre alt. Warum informiert man nicht öffentlich das es diese Impfung im Alter notwendig ist.

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AW: Pneumokokken Impfung

von Hiltrud Görtz am 25.03.2020 um 10:21 Uhr

Man informiert nicht öffentlich, weil es zu wenig Impfstoff gibt!
Vor Corona hat kaum jemand danach gefragt, dementsprechend wurde weniger hergestellt.
Jetzt will jeder ab 60 Jahre sich noch impfen lassen, aber momentan ist er nicht mehr zu bekommen.
Die wenigen Mengen, die noch da sind, werden nur an hochrangigen Persönlichkeiten, wie Frau Merkel,
verabreicht!!

Pneumovax 23

von Doris Remme am 19.03.2020 um 19:48 Uhr

Muss Pneumovax 23 nur einmal geimpft werden? Ich habe es mit 62 Jahren bekommen und bin jetzt 78. Habe keine Erkrankung.

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AW: Pneumovax 23

von Manfred Schulz am 25.03.2020 um 11:19 Uhr

Der Imstoff wirkt 5 Jahre im6 .Jahr muss die Impfung
wiederholt werden also überfällig kein Impfschutz
mehr




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