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Telefongespräch
Bundespräsident bedankt sich persönlich bei Apothekerin
In vielen Medien werden Apotheker jetzt schon zu den „Corona-Helden“ gezählt. Zu Recht, denn sie erhalten nicht nur die Arzneimittelversorgung aufrecht, sondern haben noch zusätzliche Aufgaben übernommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht das auch so: Steinmeier griff in der vergangenen Woche zum Telefonhörer und rief Menschen an, die in der Krise von großer Bedeutung für die Gesellschaft sind – darunter auch Apothekerin Naciye Arslanoglu. Im Gespräch mit DAZ.online berichtet die Pharmazeutin über ihr Telefonat mit dem Bundespräsidenten.
Das Bundespräsidialamt informierte am gestrigen Donnerstag darüber, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den vergangenen Tagen mit einer ganzen Reihe von „Corona-Helden“ telefoniert habe. In den Gesprächen habe er sich über die aktuellen Erfahrungen in ihrem Alltag, über ihre jeweiligen Herausforderungen und Probleme informiert. Außerdem habe er die Telefonate genutzt, um sich bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihre Arbeit zu bedanken. In einer Video-Botschaft zu der Telefon-Aktion sagte Steinmeier unter anderem: „Sie alle, Sie sind die Heldinnen und Helden in der Corona-Krise. (…) Die Sozialarbeiterin, die eine Telefonkette für Menschen organisiert, die sich einsam fühlen. Und der Arzt, die Pflegerin, die Apothekerin, die jenseits der Erschöpfung ihren lebensrettenden Beruf verrichten.“
Hier kommen Sie direkt zur Video-Botschaft des Bundespräsidenten.
Auch mit einer Apothekerin telefonierte Steinmeier. Nach einem ersten Kontakt des Bundespräsidialamtes mit Apothekerin Naciye Arslanoglu aus dem baden-württembergischen Nagold schon vor der Corona-Krise wurde ein Telefonat mit Steinmeier am vergangenen Freitag vereinbart. Im Gespräch mit DAZ.online berichtet die Pharmazeutin über die Unterhaltung.
DAZ.online: Frau Arslanoglu, Sie hatten kürzlich die Möglichkeit, mit dem Bundespräsidenten über Ihre Arbeit in der Apotheke zu sprechen. Wie kam denn da überhaupt der Kontakt zustande?
Arslanoglu: Der Bundespräsident hat am vergangenen Freitag in meiner Apotheke angerufen, ich habe etwa 30 Minuten mit ihm telefoniert. Der Kontakt kam zustande, weil der Bundespräsident eigentlich einen Besuch in Nagold geplant hatte. Bei diesem Besuch sollte im Rahmen einer Kaffeerunde mit unserem Oberbürgermeister und einigen Bürgern der Stadt über Umweltthemen diskutiert werden. Zu der Kaffeerunde war auch ich eingeladen. Dieser Besuch musste allerdings wegen der Coronakrise abgesagt werden. Ich blieb dann allerdings mit dem Bundespräsidialamt in Kontakt und wurde gefragt, ob ich zu einem Telefongespräch mit dem Bundespräsidenten bereit wäre. Das habe ich natürlich sehr gerne zugesagt.
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DAZ.online: Welches Thema lag Ihnen in dem Gespräch besonders auf dem Herzen?
Arslanoglu: Sehr lange haben wir über unsere Nöte und Sorgen gesprochen, die wir ja schon vor der Coronakrise mit den Arzneimittel-Lieferengpässen hatten. Ich habe dem Bundespräsidenten erklärt, dass sich die Lage aus meiner Sicht in den vergangenen 4 bis 5 Wochen nochmals verschärft hat. Dass jetzt China anfangs so stark von Corona-Infektionen betroffen war, hat unsere Sorgen noch größer gemacht. Denn die meisten unserer Engpässe hängen direkt mit der starken Abhängigkeit von China und Indien in der Arzneimittelversorgung zusammen.
Arslanoglu: Die Reaktion der Kunden ist sehr unterschiedlich
DAZ.online: Hat sich denn die Engpass-Situation seit der Coronakrise aus Ihrer Sicht nochmals verschärft?
Arslanoglu: Ja auf jeden Fall, jetzt kommt dann auch noch der Engpass mit Paracetamol und anderen Medikamenten, die verstärkt nachgefragt werden hinzu. Ich habe dem Bundespräsidenten erklärt, dass ich eine solche Situation in 30 Jahren als Apothekerin noch nie erlebt habe. Sie belastet nicht nur die Kunden, sondern auch uns in der Apotheke, weil wir zum einen um die Gesundheit unserer Angehörigen und Mitarbeiter besorgt sind und zum anderen eine weit erhöhte Belastung haben, die fehlenden Arzneimittel zu bestellen, nach Ersatz zu gucken und nach Desinfektionsmitteln, Mundschutz und weiterer Schutzausrüstung zu suchen.
DAZ.online: Wurde denn auch über mögliche, konkrete Auswege aus der Engpass-Krise gesprochen?
Arslanoglu: Der Bundespräsident hat mich gefragt, was aus meiner Sicht am System geändert werden könnte und sollte. Für mich sind da die Rabattverträge ein wesentlicher Punkt. Aus meiner Sicht müssen wir bei der Abgabe einfach mehr Flexibilität bekommen. Die Suche nach den unterschiedlichen Rabattarzneimitteln für die jeweiligen Krankenkassen raubt uns sehr viel Zeit, die wir viel sinnvoller für die Beratung der Kunden einsetzen könnten. Außerdem hat der Bundespräsident erklärt, dass es wohl in der Bundesregierung schon Überlegungen dazu gebe, wie man die Hersteller, beispielsweise durch Subventionen, wieder zurück nach Deutschland und Europa holen könnte.
DAZ.online: Wie erleben Sie denn derzeit den Apothekenalltag in der Coronakrise? Und haben Sie Herrn Steinmeier auch davon berichtet?
Arslanoglu: Ja, sehr ausführlich. Der Bundespräsident hat sich sehr für die aktuelle Situation bei uns in der Apotheke interessiert. Er wollte wissen, wie sich die Kunden verhalten und wie wir uns vor Infektionen schützen, damit wir weiter versorgen können. Ich habe ihm berichtet, dass das Spektrum der Reaktionen der Kunden sehr breit ist: Wir haben verängstigte Kunden, aber auch Patienten ohne Verständnis, die anfänglich unsere Schutzmaßnahmen belächelt haben. Einige haben uns aber auch Komplimente ausgesprochen und sich sehr bei uns bedankt.
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DAZ.online: Haben Sie denn Ihre Apotheke umgebaut?
Arslanoglu: Ja, haben wir natürlich. Bei unseren Umbaumaßnahmen haben wir uns zum Teil an den Empfehlungen der italienischen Kollegen orientiert. Wir haben Spuckaufsätze aus Plexiglas aufgebaut. Außerdem haben wir ein System entwickelt, wie wir den Kundenverkehr schon vor der Apotheke so leiten, dass die Kunden immer nach und nach in die Offizin eintreten und in einer Art Kreisverkehr wieder die Apotheke verlassen. Auf dem Boden vor und in der Apotheke sind dafür Markierungen angebracht. Wir haben auch laienhaft ein Video mit unseren Schutzmaßnahmen gedreht und dieses auf unsere Facebook-Seite gestellt, damit unsere Kunden informiert sind. Um unsere alten und chronisch kranken Kunden besonders zu schützen, haben wir unsere Botendienste massiv ausgeweitet. Zudem haben wir unser Team aufgeteilt in zwei Einsatzgruppen, die jeweils getrennt voneinander in einem Zweitage-Rhythmus arbeiten.
DAZ.online: Was könnte denn der Bundespräsident aus Ihrer Sicht aus Ihrem Gespräch mitgenommen haben?
Arslanoglu: Mit Sicherheit konnte er sich ein Bild machen, über unsere Probleme und welche wichtige Rolle wir als Vor-Ort-Apotheke haben, nicht nur in solch einer Katastrophe. Wir haben auch über weitere Tätigkeiten gesprochen, die uns derzeit in der Krise beschäftigen. Der Bundespräsident war beispielsweise überrascht, dass wir als Apotheken auch Arztpraxen beliefern, derzeit insbesondere mit Desinfektionsmitteln, Einmal-Handschuhen oder Atemschutzmasken, natürlich sofern auch wir etwas bekommen.
Zum Schluss möchte ich noch mitteilen, dass ich natürlich sehr angetan davon bin, dass der Bundespräsident sich für unsere Belange interessiert und ein Ohr so nah am Volk hat. Er hat auch bei anderen Berufsgruppen angerufen, die bei dieser Katastrophe stark belastet sind und meinte, dass wir alle Helden dieser Zeit sind.
3 Kommentare
Steinmeier/Nagold
von Alexander Zeitler am 01.04.2020 um 4:26 Uhr
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Respekt, dass wir auch einmal erwähnt werden
von Andreas Grünebaum am 27.03.2020 um 20:07 Uhr
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AW: Krisenzentren der Kreise ....
von Gunnar Müller, Detmold am 29.03.2020 um 8:20 Uhr
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