DAZ.online: Ihr Koalitionspartner scheint das anders zu sehen. Georg Nüßlein, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion, fordert die Streichung der Exklusivverträge und dass mindestens ein Hersteller in Europa herstellt.
Dittmar: Wir hatten das Thema doch erst kürzlich im Gesetzgebungsverfahren des GKV-FKG. Wir haben da neue Austauschmöglichkeiten für Apotheker beschlossen, deren Wirkung aus meiner Sicht erst einmal abzuwarten ist. Herr Nüßlein hätte mal viel lieber die Streichung der Importförderklausel ansprechen sollen, die aus meiner Sicht viel dringender wäre.
DAZ.online: Eng damit verknüpft ist das Thema der Lieferengpässe. Finden Sie, dass uns die Krise nun nochmals verdeutlicht hat, wie sehr wir dieses Thema angehen müssen?
Dittmar: Das Thema Arzneimittelproduktion war schon vor der Coronakrise ein brennendes. Aus meiner Sicht hat die Krise die Versorgung aber nicht verschärft, das hat auch gestern erst das BfArM wieder festgestellt. Nein, wir müssen das Problem im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ansprechen und eine europäische Lösung finden. Klar ist, dass die Abhängigkeiten von Märkten in Asien weniger werden muss – aber in ganz Europa.
DAZ.online: Welche gesundheitspolitischen Forderungen haben Sie sich denn noch aufgeschrieben für die Zeit nach der Krise?
Dittmar: Erstens müssen wir dafür sorgen, dass die Pandemiepläne von Bund, Ländern und Kommunen regelmäßiger aktualisiert, aufeinander abgestimmt und erprobt werden, damit wir nicht noch einmal so spontan und schnell Regelungen zum Umgang mit einer solchen Infektion finden müssen. Und es muss klar geregelt sein, wer wo was in welcher Menge zu bevorraten hat. Zweitens müssen wir unbedingt an den Bereich der Altenpflege. Einige Bundesländer haben einen Aufnahmestopp in Pflegeheimen verhängt. In Deutschland werden circa 150.000 Pflegebedürftige von osteuropäischen Betreuungskräften versorgt, die jetzt nur unter erschwerten Bedingungen einreisen können. Wir stehen vor einem Pflege-Tsunami! Ich hoffe, dass sich die aktuelle Wertschätzung für Pflegekräfte, die sich jetzt in Corona-Prämien manifestiert, auch über die Krise hinweg verstetigt und in entsprechenden Tarifabschlüssen widerspiegeln wird. Es muss endlich in den Köpfen der Menschen ankommen, dass wir die Pflege ordentlich bezahlen müssen.
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Frau Dittmar
von Roland Mückschel am 21.04.2020 um 9:50 Uhr
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