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Antrag im Bundestag
FDP will neues Rabattvertragssystem und Engpass-Vergütung für Apotheker
Die Coronakrise hat das ohnehin schon brennende Problem mit den Arzneimittel-Lieferengpässen erneut zum Thema in der Politik gemacht. Intensiv wird bereits diskutiert, wie man die Produktion von wichtigen Wirkstoffen wieder nach Europa zurückholen könnte – auch die Rabattverträge sind immer wieder ein Thema. Nun mischt sich die FDP-Bundestagsfraktion in die Debatte ein. In einem Antrag fordern die Liberalen mehrere Umstellungen am Rabattvertragssystem. Außerdem bringt die FDP eine neue Apothekenvergütung ins Spiel – für den Mehraufwand, den die Apotheker durch Engpässe haben.
Eigentlich hat der Bundestag erst kürzlich Maßnahmen zum besseren Management und zur Vermeidung von Arzneimittel-Lieferengpässen verabschiedet. Mit dem GKV-Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) wurden unter anderem die Austauschmöglichkeiten der Apotheker und die Eingriffsmöglichkeiten des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bei entstehenden Engpässen erweitert. Doch so richtig kommt keine Ruhe rein in die Debatte: Durch die Coronakrise ist die Diskussion um die Abhängigkeit der deutschen Arzneimittelversorgung von asiatischen Produktionsstätten erneut losgebrochen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt haben beispielsweise in einem Interview im März dieses Jahres beide erklärt, dass man nicht länger dulden könne, dass ein Großteil der versorgungsrelevanten Wirkstoffe inzwischen in Indien und China produziert werden. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Sabine Dittmar, hat im DAZ.online-Interview die Situation um die Lieferengpässe angesprochen und darauf verwiesen, dass Deutschland das Thema nach der Krise im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft unbedingt auf europäischer Ebene ansprechen müsse.
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Nun mischt sich die FDP-Bundestagsfraktion mit einem Antrag in die Debatte ein, der DAZ.online vorliegt. In dem Papier weisen die Liberalen zunächst auf den Status quo bei den Defekten hin: Aus einer früheren Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hieß es beispielsweise, dass im Jahr 2018 mehr als die Hälfte (139 von 268, 51,87 Prozent) der Lieferengpassmeldungen versorgungsrelevante Wirkstoffe betroffen haben. Und: Im vergangenen Jahr betrafen fast 60 Prozent der Meldungen versorgungsrelevante Wirkstoffe. Außerdem hätten nur 96 von 1344 Herstellern von versorgungsrelevanten Wirkstoffen ihren Sitz in Deutschland. „Die Bundesrepublik ist damit bei der Arzneimittelbeschaffung in hohem Maße abhängig von anderen Ländern, die mit anderen Sozial- und Qualitätsstandards agieren, von denen jene in der Europäischen Union abweichen können“, so das Fazit der FDP.
Die Liberalen wollen daher die EU und Deutschland im Speziellen wettbewerbsfähiger machen – ohne dabei hohe Standards abzusenken. Denn das Gesundheitssystem sei „eben nicht ein freier Markt“, wie die FDP-Fraktion feststellt. Mit vier Forderungspunkten will die FDP die Bundesregierung nun zum Handeln bewegen.
FDP: Mehrfachverträge sollen zur Regel werden
1) Maßnahmen zur Rückverlagerung der Wirkstoffproduktion in die EU. Dazu soll es laut FDP einen Abbau von Bürokratie, Investitionszuschüsse für Produktionsstätten sowie Zuschüsse für die Gewährung von Versorgungssicherheit geben.
2) Die „Vertrags- und Preisgestaltung“ soll evaluiert werden. In einem entsprechenden Gesetz soll geklärt werden, dass ...
- … in den Vergabeverfahren Produktionsstandorte in der EU in den Eignungskriterien berücksichtigt werden.
- … bei der zukünftigen Vergabe von Rabattverträgen neben dem Preis künftig auch die Qualität und Lieferverlässlichkeit eine Rolle spielen.
- … bei der Berücksichtigung von Wirtschaftskriterien die höheren Produktionskosten in der EU berücksichtigt werden.
- … Mehrfachvergaben zur Regel werden und davon nur in Ausnahmen abgewichen wird.
- … bei engpassbedingten Vertragsstrafen für Hersteller höhere finanzielle Sanktionen anfallen, die in einen Topf wandern, aus dem die Apotheker eine Vergütung für ihren Mehraufwand erhalten.
3) Bei Engpässen soll es künftig ein koordiniertes europäisches Handeln geben, auch um Hamsterkäufe zu vermeiden – das gelte insbesondere für den „sensiblen“ Antibiotikamarkt.
4) Außerdem will die FDP die Vorratshaltung von Arzneimitteln besser sicherstellen, ohne dabei jedoch eine nationale Reserve aufzubauen.
Christine Aschenberg-Dugnus, die Gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, sagte zu dem Antrag:
Die Zahl von Lieferengpässen hat sich allein im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt – auch unter Vernachlässigung des Coronavirus. Ein Hauptgrund für die Lieferschwierigkeiten von Medikamenten ist die Verlagerung der Produktion von Wirkstoffen für Arzneimittel ins außereuropäische Ausland, insbesondere nach China und Indien. Daher fordern wir Maßnahmen mit dem Ziel, die Arzneimittelproduktion wieder nach Deutschland und Europa zurückzuholen. Zu prüfen sind etwa Investitionszuschüsse für die entsprechenden Unternehmen. Diese gehen dann aber gleichzeitig einher mit Lieferverpflichtungen für die Hersteller. Sollten diese nicht eingehalten werden, sind Strafzahlungen fällig, die dazu genutzt werden, den für die Apotheken anfallenden Mehraufwand zu kompensieren.“
2 Kommentare
Die FDP und die Gesundheitspolitik??
von Heiko Barz am 07.05.2020 um 11:21 Uhr
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FDP-Gedanken
von Roland Mückschel am 06.05.2020 um 12:09 Uhr
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