Präsentationsarzneimittel statt Medizinprodukt

Gericht bestätigt Vertriebsstopp für Mucosolvan Complete Phyto

Berlin - 25.05.2020, 17:00 Uhr

Dieses Mucosolvan-Produkt wurde Anfang 2019 außer Vertrieb genommen. Zu Recht, bestätigte jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. (x / Foto: Kaufpark-Apotheke)

Dieses Mucosolvan-Produkt wurde Anfang 2019 außer Vertrieb genommen. Zu Recht, bestätigte jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. (x / Foto: Kaufpark-Apotheke)


Bereits Ende Januar 2019 hat Sanofi den Vertrieb seines Hustensaft „Mucosolvan Complete Phyto“ gestoppt. Grund war eine einstweilige Verfügung: Auf Antrag eines Wettbewerbsverbands durfte das Produkt zumindest vorläufig nicht weiter vertrieben werden. Denn nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt am Main handelte es sich um ein Präsentationsarzneimittel. Nun hat das Oberlandesgericht Frankfurt diese Entscheidung bestätigt.  

Sanofis Hustensaft Mucosolvan Complete Phyto fand sich nur kurz in den Apothekenregalen der Republik: Im Herbst 2018, pünktlich zur anstehenden Erkältungssaison auf den Markt gebracht, musste er bereits Ende Januar den Rückzug antreten. Der Grund war eine von einem Wettbewerbsverband erwirkte einstweilige Verfügung, die den Vertrieb vorläufig untersagte.

Knackpunkt war der Status des Hustensafts als Medizinprodukt – ein Novum in der Mucosolvan-Produktfamilie. Dabei enthielt Mucosolvan Complete Phyto die zwei monographierten Arzneipflanzen Spitzwegerich und Thymian. Anfang 2019 erfuhr man noch nicht viel über den Rechtsstreit, der zu dem Rückruf führte. Jetzt hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jedoch seine nicht mehr anfechtbare Entscheidung verkündet: Es bleibt beim Vertriebsverbot.

Der klagende Wettbewerbsverband hatte in dem Verfahren argumentiert, die in dem Produkt enthaltenen Wirkstoffe würden seit jeher bei der Behandlung von Husten eingesetzt. Ihre pharmakologische Wirkung sei unbestritten. Moniert hatte der Verband zudem, dass Sanofi unter der identischen Dachmarke auch zahlreiche als Arzneimittel zugelassene Hustensäfte vermarkte. Das Landgericht Frankfurt erließ die begehrte einstweilige Verfügung Anfang Januar 2019.

Vorgelegter BfArM-Bescheid nicht ausreichend

Sanofi nahm das Produkt zwar außer Vertrieb, setzte sich aber gegen die Gerichtsentscheidung mit einem Widerspruch zur Wehr. Ende 2019 bestätigte das Landgericht Frankfurt die einstweilige Verfügung jedoch. Und nun folgte auch das Oberlandesgericht. In einer Pressemitteilung erklärt das Gericht, das beklagte Unternehmen habe nicht nachgewiesen, dass der Vertrieb des Hustensaftes als Medizinprodukt von einer behördlichen Erlaubnis gedeckt sei. Der vorgelegte Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sei teilweise geschwärzt. Die maßgeblichen Passagen zur Beurteilung der Reichweite des Bescheids, insbesondere  des  Vorliegens eines sogenannten  Präsentationsarzneimittels, seien nicht lesbar gewesen.

Wegen der Aufmachung des Hustensafts sei aber davon auszugehen, dass ein Präsentationsarzneimittel vorliege. Ein Mittel sei nicht nur dann als Arzneimittel anzusehen, wenn es die ihm zugeschriebenen Wirkungen tatsächlich hat, sondern auch dann, wenn es für einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher so dargestellt werde, als ob es diese Wirkungen habe. Dabei komme es unter anderem darauf an, welchen Eindruck Darreichungsform, Dosierung, Primärverpackung, äußere Umhüllung sowie Vertriebsweg erwecken. Der Verbraucher solle vor Produkten geschützt werden, die nicht oder nicht hinreichend geeignet seien, die erwünschten therapeutischen oder prophylaktischen Zwecke zu erfüllen.

Im vorliegenden Fall, so die Frankfurter Richter, werde mit der Formulierung „bei trockenem Husten und Husten mit Schleim, beruhigt den Hustenreiz und löst zusätzlich den Schleim“ beim Verbraucher die Erwartung geweckt, dass mit dem Saft die Krankheit „Husten“ gelindert wird. Die Richter berücksichtigten überdies, dass den Verbrauchern die anderen unter der Dachmarke Mucosolvan vermarkteten Produkte als zugelassene, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bekannt seien.

Durch das Urteil ist der Streit um Mucosolvan Complete Phyto allerdings nicht beendet. Nach dem Eilverfahren steht noch das Hauptsacheverfahren aus. 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.05.2020, Az. 6 U 23/20


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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