Apotheker verärgert

Was kostet das neue IT-System der Apobank?

Stuttgart - 09.06.2020, 07:00 Uhr

Die IT-Umstellung der Apobank hat sich Apothekern zufolge als Vollkatastrophe herausgestellt. (m / Foto: Aktivierung von Apobank+ / Youtube)

Die IT-Umstellung der Apobank hat sich Apothekern zufolge als Vollkatastrophe herausgestellt. (m / Foto: Aktivierung von Apobank+ / Youtube)


Noch immer laufen die Hotlines der Apobank heiß. Der Umzug des IT-Systems der Heilberufler-Bank sorgt nach wie vor für Chaos beim Banking der Apotheker. Ein neues Erklärvideo soll helfen und ist nun auch verfügbar. Unmut schaffen jedoch auch die herumgeisternden Zahlen über die Kosten der neuen Apobank IT von Avaloq. Dreistellige Millionenbeträge – was ist dran? DAZ.online hat bei der Apobank nachgefragt.

Dass auch knapp eine Woche nach dem großen IT-Umzug der Apobank noch nicht alle Apobankkunden vollumfänglich und wie gewohnt ihr Online-Banking nutzen können, scheint gemessen an den Kommentaren in Social-Media-Plattformen für zunehmenden Unmut zu sorgen. Die Apobank versucht, zu beschwichtigen. Bereits in der vergangenen Woche sprach man von einem „erfolgreichen IT-Umzug“. Doch gesteht man auf Nachfrage am heutigen Montag, dass die Hotlines nach wie vor „heiß laufen“. Allerdings ist der telefonische Service nicht immer zuverlässig erreichbar. Das berichten Apotheker DAZ.online. Und bekomme man „nach ein paar Stunden einmal jemanden an die Strippe“, dann heiße es nur, man würde derzeit nicht helfen können. „Viele von uns sitzen seit einer Woche am PC, statt zu arbeiten, und verzweifeln“, so ein Apotheker. 

Bei den Apobank-Kunden jedenfalls ist der erfolgreiche Umzug nicht angekommen. Auch DAZ.online erreichen Zuschriften von betroffenen Apothekern, die sachlich und konkret schildern, dass das derzeitige Chaos mitnichten eine Lappalie ist.


Fakt ist, dass es nicht um Kleinigkeiten geht, dass man sich z.B. im Moment nicht einmal anmelden kann, dass sämtliche Vorlagen für immer gelöscht sind oder dass man plötzlich nicht mehr mit seiner EC Karte oder mit Paypal bezahlen kann, sondern dass – sofern man denn Zugang hat – ganze Module nicht funktionsfähig sind.“

Apobank-Kunde, Apotheker und Leser von DAZ.online


„Also beim besten Willen: das ist eine absolute Vollkatastrophe, was sich hier gerade abspielt und kann nicht kleingeredet werden“, erklärt ein Apotheker gegenüber DAZ.online.

War das Projekt zu groß?

Vielleicht war der Rundum-Umzug mit der kompletten Hard- und Software auch ein bisschen zu viel auf einmal. Diese Vermutung stellt zumindest ein Züricher Finanzblatt auf. „Das ist immer riskant“, liest man bei Inside Paradeplatz. Allerdings ist die Apobank den Schweizern zufolge nicht die erste Bank, die ein solches monströses Projekt wagt: Die Postfinance tat dies wohl auch und setzte auf Tata Systems, während die Raiffeisen diesen Schritt mit Avaloq ging. Und auch bei Postfinance und Raiffeisen gab es wohl größte Schwierigkeiten zu Beginn, „am Ende schafften sie den Hosenlupf“, so Inside Paradeplatz. Das werde vielleicht auch bei der Apobank so sein, so die Hoffnung.

Die Apoheker hingegen sind derzeit nicht so zuversichtlich, sie fürchten finanzielle Verluste. Zudem werde der „Berg an Problemen“ mit jedem Tag größer. Und weiter: „Eine Lösung der Probleme von vor einer Woche ist nicht in Sicht“, so ein Apotheker im Gespräch mit der DAZ.online-Redaktion.


Man kann sämtliche Sammler auch heute noch nicht einstellen, und das wird noch eine ganze Weile so bleiben. Das gilt für Sammelüberweisungen ebenso wie für Sammelbankeinzüge, beides keine Exoten, sondern vitale Funktionen. Das Umfrickeln ist quasi unmöglich und die Aufträge verfallen jetzt alle, was zu massiven finanziellen Schäden führt.“

Apobank-Kunde, Apotheker und Leser von DAZ.online



Hier fehlte definitiv ein Test für die absolut üblichen Basisfunktionen. Diese sind im neuen System gar nicht vorhanden oder nicht funktionsfähig. Selbst die Einspielung der EC-Cash-Umsätze hat man offenbar nicht getestet. Alle Apotheken, die mit Starmoney arbeiten, was ja von der Apobank immer empfohlen wurde, sind komplett lahmgelegt.“

Apobank-Kunde, Apotheker und Leser von DAZ.online



Selbst wenn es irgendwann einmal funktionieren sollte: die Dateien neu zu generieren, ist teilweise gar nicht ohne fremde Hilfe möglich.“

Apobank-Kunde, Apotheker und Leser von DAZ.online


500 Millionen oder mehr? 

Was die Apotheker auch beschäftigt: die Kosten der IT-Migration. Von dreistelligen Millionenbeträgen hört und liest man. So kündigen sich laut finanz-szene.de, die sich als „führenden Newsletter für die deutsche Banken- und Fintech-Branche“ verstehen, die Kosten für den IT-Umzug bereits seit 2017 an. „Erste ,Vorkosten‘ schlugen sich bereits 2016 und 2017 nieder, ab 2018 wurden die Kosten für das Projekt dann richtig spürbar.“ Belegt werden die Zahlen mit dem Sachaufwand, wo sich die Kosten für die IT-Migration widerspiegeln, die seit 2015 von 229 Millionen Euro bis 2019 auf 424 Millionen Euro gestiegen sind. Finanz-szene.de bezieht sich hier auf die jährlichen Geschäftsberichte der Apobank, 2019 liest man dort: „Der Anstieg im Sachaufwand lag vor allem wegen der Kosten für die IT-Migration deutlich über seinem Planwert“. Für 2020 kündigt die Apobank an, dass der Sachaufwand „spürbar steigen“ wird.

Kosten nennt man nicht

Was der IT-Umzug aber tatsächlich kostet, darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Finanz-szene.de bringt 500 Millionen Euro ins Spiel, auf Nachfrage von DAZ.online bei der Apobank bestätigt eine Sprecherin einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“. Man könne genaue Zahlen zu den bisherigen Kosten jedoch aktuell nicht nennen. Auch zu den sodann laufenden Betriebskosten, die das neue Avaloq-IT-System mit sich bringt, kann oder will sich die Apobank nicht äußern. Die Kosten für die IT-Migration werden der Apobank zufolge aus dem operativen Geschäft gestemmt.

Die Apotheker sind verärgert, würden vielleicht immense Kosten noch toleriert, wenn das neue IT-System einen zusätzlichen Nutzen bieten würde, erzürnt sie, dass, so scheint es zumindest, viel Geld für ein derzeit maximal mäßig laufendes IT-System in die Hand genommen wurde. Bleibt zu hoffen, dass die Apobank es zügig in den Griff bekommt. Zur Unterstützung gibt es seit Kurzem ein Erklärvideo (siehe oben).



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Berater nicht zu erreichen

von Markus Treffinger am 10.06.2020 um 7:15 Uhr

Mein persönlicher Berater verweigert sich nunmehr seit zwei Wochen.
Sehr schlechter Service Apobank!
Abtauchen in der aktuellen Situation ist besonders feige!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Hurra

von Ralf Schuster am 09.06.2020 um 9:45 Uhr

man kann nach fast einer Woche die ApoBank Konten wieder mit dem Finanzmanager synchronisieren und Umsätze abholen. Wenn jetzt noch die Sammelüberweisungen repariert werden, wäre ich schon halb glücklich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Berufsstand in der Glaubwürdigskeitsfalle dank Apo & ? - Bank?

von Christian Timme am 09.06.2020 um 7:55 Uhr

Jahrelang wurde mit der Politik um jeden Euro und Cent gefeilscht ... und dann kommen zu Corona Zeiten
derartige "Risiken und Nebenwirkungen" als standeseigenes Sahnehäubchen dazu?. Als ob die Politik nicht schon die "Problem-Hitlisten" genug bereichert und befeuert hätte .. und jetzt "kloppt" diese Bank mal eben ... raus?. Und immer wieder fallen die gleichen Namen ... aus diesem Abnick-Verband ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.