DAZ.online Spezial: Sonnenschutz

Ökotest: die beste Sonnencreme für Kinder

Stuttgart - 10.06.2020, 09:00 Uhr

Ökotest wollte wissen, welche Sonnencreme für Kinder am besten geeignet ist. (x / Foto: nadezhda1906 / stock.adobe.com)

Ökotest wollte wissen, welche Sonnencreme für Kinder am besten geeignet ist. (x / Foto: nadezhda1906 / stock.adobe.com)


Das Beste ist, die intensive UV-Strahlung der Sonne zu meiden, rät das Bundesinstitut für Strahlenschutz (BfS). Geht oder will man das nicht, sollte man die Haut mit Kleidung bedecken und die freien Körperstellen mit Sonnencreme schützen. Vor allem Kinder sind empfindlich – doch welche Kinder-Sonnencreme ist die beste? Sollten Eltern lieber einen Kindersonnenschutz mit chemischen oder mineralischen UV-Filter kaufen und sind Nanopartikel bedenklich? Ökotest hilft.

„Vermeiden Sie unbedingt Sonnenbrand!“, so der Imperativ des Bundesinstituts für Strahlenschutz (BfS). Den besten Sonnenschutz im Freien erreicht man den Strahlenexperten zufolge mit UV-Schutzkleidung. Unbekleidete Hautstellen sollten mit einer auf den Hauttyp abgestimmten Sonnencreme vor schädlichen UV-Strahlen geschützt werden. Ökotest hat sich in diesem Jahr Sonnenschutzcremes für Kinder genauer angeschaut. Die wichtigsten Prüfkriterien: Enthalten Sonnenschutzprodukte bedenkliche chemische UV-Filter? Und bei mineralischen Filtern – wie hoch ist der Anteil an Nanopartikeln? Welche Sonnenschutzmittel kommen ohne  PEG (Polyethylenglykole), Silikone und Kunststoffe aus – und warum ist das eigentlich wichtig?

Geprüft hat Ökotest 21 Kindersonnencremes mit Lichtschutzfaktor 50 oder 50+ – auf kindergesundheit-info.de rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BzgA, mindestens zu Lichtschutzfaktor 30 bei Kindern –, alle waren als „sensitiv“ oder „parfümfrei“ eingestuft. Mit dabei waren auch fünf zertifizierte Naturkosmetik-Sonnencremes, wie „Weleda Baby & Kids Sun Edelweiss Sensitiv Sonnencreme 50“ und Sonnenschutz, den es auch in Apotheken gibt: „Ladival für Kinder Sonnenschutz Milch 50+“, „Eau Thermale Avène Kinder-Sonnenmilch SPF 50+“, „Eucerin Sensitive Protect Kids Sun Lotion 50+“ und „La Roche-Posay Anthelios Dermo-Pediatrics 50+ Lotion“. Vorneweg: Über die Hälfte der Sonnencremes fand Ökotest „sehr gut“ und „gut“, je einmal kam Ökotest auch zu einer „mangelhaften“ und „ungenügenden“ Bewertung. Übrigens: Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von zwei Jahren sollten dem direkten Sonnenlicht nicht ausgesetzt werden, findet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Und: Auf Sonnencreme sollte im ersten Lebensjahr verzichtet werden.

Mineralischer UV-Filter am besten für Kinder, aber …

Geht es nach Ökotest sind Sonnencremes mit mineralischem UV-Filter, Titandioxid und Zinkoxid, die bessere Wahl für Kinder. Die als Naturkosmetik zertifizierten Sonnencremes setzen ausschließlich auf diese mineralischen Filter, allein oder in Kombination – dennoch kommt Ökotest in der Gesamtbewertung bei allen fünf Kindersonnencremes und -lotionen am Schluss „nur“ zu einem „gut“. Warum? Ökotest kritisiert vor allem, dass bei „Biarritz Alga Maris Kinder“, „Biosolis Sonnenmilch Baby & Kids“, „Eco Cosmetic Baby & Kids“, „Lavera Kids und der Edelweiß-Sonnencreme für Baby & Kids“ von Weleda die Hersteller das „nano“ bei den Filtersubstanzen Titandioxid und Zinkoxid nicht deklarieren. Was bedeutet das? 

Mehr zu Nanoteilchen in der Sonnencreme

Werden Nanoteilchen von Titandioxid und Zinkoxid in Sonnenschutzprodukten eingesetzt, handelt es sich einfach um winzige Partikel der mineralischen UV-Filter. Das bringt vor allem drei Vorteile: 

  • Dadurch dass die Teilchen so klein sind, schützen sie besser vor UV-Strahlung, weil sich die Partikel näher aneinander packen lassen und keine „Sonnenlücken“ entstehen. Die Schutzwirkung wird erhöht, ohne dass dafür mehr Titandioxid oder Zinkoxid eingesetzt werden müsste.
  • Außerdem lässt sich die Sonnencreme durch die Nanotechnologie leichter auf der Haut verteilen.
  • Und: Titandioxid- und Zinkoxid-Nanoteilchen streuen das Sonnenlicht in verschiedene Richtungen und verhindern dadurch, dass ein sichtbarer Film auf der Haut entsteht. Nanopartikel wirken somit den beiden großen Mankos mineralischer Sonnencremes entgegen: dem zähen Auftragen und dem „Weißeffekt“.

Allerdings fürchtet man, dass die winzigen Teilchen über die Haut aufgenommen werden, sich im Körper ablagern und zu gesundheitlichen Risiken führen können. Es gibt Daten, die die zeigen, dass das Stratum corneum – die oberste Hautschicht (Hornschicht) – keine Nanoteilchen von Titandioxid und Zinkoxid „durch“lassen. Eine andere Arbeit kommt jedoch zu dem Schluss, dass geringe Mengen von Zinkoxid-Nanoteilchen über die menschliche Haut aufgenommen werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung bezieht sich in seiner Einschätzung auf das wissenschaftliche Expertengremium der EU-Kommission SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), das gesundheitliche Risiken durch Nano-Titandioxid als UV-Filter in einer Konzentration von bis zu 25 Prozent in Sonnenschutzmitteln als unwahrscheinlich einstuft (Anwendung als Creme/ Lotion, wenn das Titandioxid „gebunden“ ist und somit nicht eingeatmet werden kann). Dies gelte bei gesunder, intakter und sonnenverbrannter Haut. Hingegen Menschen, deren Haut krankheitsbedingt (Allergiker, Akne, Neurodermitis) geschädigt sei, sollten sich mit einem Facharzt abstimmen. Die EU prüft derzeit Nanopartikel in Kosmetika.

Nanoteilchen, also besonders winzige Teilchen (siehe Box), sollten als solche gekennzeichnet werden, wenn sie über der Hälfte der Teilchen ausmachen. Da es sich bei den mineralischen Filtern um natürliche Substanzen handelt, sei „ein bisschen nano“ immer dabei, erklärt Ökotest. Allerdings fanden die Verbraucherschützer, dass die „zwergenhaften Weißpartikel bei allen fünf Naturkosmetikcremes sogar über 80 Prozent ausmachen“. Und darüber sollten die Naturkosmetikhersteller informieren, findet Ökotest.

Naturkosmetik-Sonnencreme – nicht alles Gold, was glänzt

Die Nanoteilchen waren jedoch nicht der einzige Kritikpunkt, den Ökotest bei Naturkosmetik fand: Manche Hersteller verzichten auf Sonnenschutzhinweise. Denn das Auftragen von Sonnencreme entbindet nicht von allgemeinen Sonnenschutz-Regeln – zum Beispiel, dass starke Sonne zur Mittagszeit gemieden werden soll, Säuglinge nicht in die pralle Sonne gehören, beim Baden an Sonnenschutz gedacht und auch die Sonnenbrille nicht vergessen werden sollte. Auch für die richtige Anwendung für Sonnencremes gibt es Hinweise. Zu diesen „Empfehlungen der EU-Kommission vom 22. September 2006 über die Wirksamkeit von Sonnenschutzmitteln und diesbezügliche Herstellerangaben gehören neben „Sonnenschutz großzügig auftragen“ oder „auch Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor bieten keinen vollständigen Schutz vor UV-Strahlen“ auch „Babys und Kleinkinder vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen“. Diese müssen auf die Packung der Sonnencreme, findet Ökotest. Fehlen diese, bewertet Ökotest das Produkt schlechter. 

Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Naturkosmetik“?

Wer als Hersteller auf Naturkosmetik setzt, verpflichtet sich den Grundsätzen, keine Polyethylenglykole (PEG), keine Silikone, Parabene, synthetischen Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe, Paraffine und andere Mineralöle (Erdölprodukte) und gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe einzusetzen. Eine einheitliche Definition für Naturkosmetik existiert jedoch nicht, auch gibt es nicht „das eine“ Siegel, das eine „zertifizierte Naturkosmetik“ auslobt. Die Gütesiegel sind vielfältig.

Nach den Testergebnissen von Ökotest haben hier nur die Hersteller von zertifizierter Naturkosmetik gespart: „Biarritz Alga Maris 50+ Sonnenschutz für Kinder parfümfrei“, „Biosolis Sonnenmilch Baby & Kids 50+, ohne Parfüm“ und „Lavera Kids Sensitiv Sonnenlotion LSF 50“. Für alle Produkte kommt Ökotest am Schluss zur Bewertung „gut“.

Ladival „sehr gut“ – ohne Plastik und bedenkliche UV-Filter

Alles richtig gemacht haben nach Beurteilung von Ökotest „Stada mit Ladival für Kinder Sonnenschutz Milch 50+“ und „dm mit Sun Dance Kids Sonnenmilch 50“. Nichts zu meckern, ein glattes „sehr gut“ dafür, dass keine bedenklichen UV-Filter enthalten sind oder Kunststoffverbindungen. Avène verzichtet zumindest auf bedenkliche UV-Filter, jedoch fand Ökotest Plastik, was zur Abwertung um eine Note führte. Plastik beklagte Ökotest insgesamt in 14 Sonnenschutzprodukten (allen außer Naturkosmetik und Ladival sowie dm), unter anderem in Bübchen, Hipp, den Produkten von Aldi, Lidl, Rewe, Edeka, Müller, Nivea, aber auch in Eucerin und La Roche Posay. Das Argument eines Herstellers, Kunststoff sei notwendig, um die Creme wasserfest zu machen, ließ Ökotest nicht gelten. Ladival schaffe dies schließlich auch plastiklos. Kunststoff will Ökotest nicht verarbeitet sehen, da es beim Baden oder über das Abwasser in die Umwelt gelange, wo es kaum abgebaut werde, begründet Ökotest.

Homosalat und Octocrylen: endokrinologisch störend?

Bedenkliche UV-Filter fand Ökotest in knapp der Hälfte der getesteten Kindersonnencremes: Octocrylen und Homosalat hätten auf Kindehaut nichts zu suchen. Sie stehen laut Ökotest im Verdacht, das Hormonsystem zu stören. Ökotest wörtlich: „Das sehen wir besonders kritisch in Produkten für Kinder, denn schließlich stecken die mitten in der Entwicklung.“ Auch die Europäische Kommission beziehungsweise das dort dafür zuständige wissenschaftliche Expertengremium der EU-Kommission, SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), geht der Frage nach potenziell hormonstörenden Wirkungen der Substanzen nach. Ergebnisse der Überprüfung werden gegen Ende des Jahres erwartet.

Bedenkliche UV-Filter kritisierte Ökotest unter anderem im Kindersonnenschutz von Bübchen, Nivea, den Produkten von Lidl (Cien Sun Kids), Müller (Lavozon Kids) und Edeka (Tabaluga), Rossmann (Sun Ozon) und Eucerin. Eucerin setzt bei den UV-Filtern auf Nano-Titandioxid und Octocrylen, Ökotest kommt zum Ergebnis „befriedigend“. La Roche Posay schneidet – trotz unbedenklicher UV-Filter – am schlechtesten ab von den Apotheken-Sonnencremes für Kinder. Warum? Neben Kunsstoffverbindungen fand Ökotest Polythylenglykole (PEG), Silikone und Paraffine.

Paraffine und Silikone in La Roche Posay

An diesen Inhaltsstoffen übt Ökotest seit Jahren Kritik. PEG werden in Kosmetika als Penetrationsförderer eingesetzt, sie machen die Haut durchlässiger – allerdings auch für Fremdstoffe. Auch Silikone und Paraffine möchte Ökotest nicht im Sonnschutz für Kinder: Silikone sind zwar ungiftig, gelten doch als umweltbelastend und schwer abbaubar. Auch Erdölbestandteile, wie Paraffine, sind nach Ansicht von Ökotest überflüssig in kosmetischen Zubereitungen, da sind Kindersonnencremes keine Ausnahme.

Tierversuche zeigten, dass sich erdölbasierte Inhaltsstoffe teilweise im Fettgewebe und der Leber anreicherten, erklärte Ökotest bereits in früheren Tests. Insbesondere würden sie jedoch die Gefahr bergen, mit aromatischen Kohlenwasserstoffen verunreinigt zu sein – diese stünden im Verdacht krebserregend zu sein. Insgesamt reicht es für La Roche Posay nur zu einem „mangelhaft“. Schlechter schneidet nur Garner Ambre Solaire Kids ab, Note sechs. Die vollständigen Testergebnisse gibt es bei Ökotest.

Was sagt die EU zu Homosalat und Octocrylen?

Am 5. Februar 2020 forderte die Europäische Kommission das wissenschaftliche Komitee (SCCS) der EU auf, die als UV-Filter eingesetzten Substanzen Homosalat und Octocrylen wissenschaftlich zu bewerten. Dem vorausgegangen war eine Aufforderung an die Interessenvertreter, im Zeitraum vom 16. Mai bis 15.Oktober 2019 Nachweise zur Sicherheit von Homosalat und Octocrylen vorzulegen. Nun soll das SCCS die potenziell hormonstörende Wirkung der Substanzen bewerten.

Homosalat wird derzeit als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln in Konzentrationen von bis zu 10 Prozent im Anhang VI der EU-Kosmetikverordnung reguliert. In einer Stellungnahme von 2007 kam das SCCP zu dem Schluss, dass „ ... die Verwendung von Homosalat in kosmetischen Sonnenschutzmitteln in einer maximalen Konzentration von 10 Prozent kein Risiko für die Gesundheit des Verbrauchers darstellt.“ Nun soll das SCCS innerhalb von neun Monaten, beginnend im Februar 2020, anhand der aktuell zur Verfügung gestellten Daten bewerten, ob Homosalat als UV-Filter in kosmetischen Produkten bis zu einer maximalen Konzentration von 10 Prozent sicher hinsichtlich der potenziell endokrinologisch störenden Eigenschaften ist. Beziehungsweise bis zu welcher maximalen Konzentration Homosalat als sicherer UV-Filter gelte und ob der SCCS weitere wissenschaftliche Bedenken bei der Verwendung von Homosalat hat.

Mehr zum Thema

EU-Kommission kündigt neuen Warnhinweis an

Titandioxid: Nicht einatmen – und auch nicht schlucken?

Bei Octocrylen wird aktuell ebenfalls der Einsatz in kosmetischen Mitteln als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln in einer Konzentration von bis zu 10 Prozent reguliert. Octocrylen wurde 1994 von der SCCP einer Sicherheitsbewertung unterzogen, wobei die SCCP zu dem Schluss kam, dass Octocrylen nicht giftig, nicht reizend und nicht sensibilisierend ist. Darüber hinaus stellte der SCCP damals jedoch fest, dass „keine Kanzerogenitätsstudie durchgeführt wurde“. Auch zu Octocrylen legten die Interessenvertreter 2019 wissenschaftliche Nachweise zur Sicherheit von Octocrylen als UV-Filter in kosmetischen Produkten vor, die nun von der SCCS bewertet werden sollen.

Für Octocrylen gelten die gleichen Fragen wie für Homosalat: In Anbetracht der zur Verfügung gestellten Daten und unter Berücksichtigung der Bedenken in Bezug auf potentiell endokrinologisch störende Eigenschaften von Octocrylen, soll das SCCS bewerten, ob Octocrylen als UV-Filter in kosmetischen Produkten bis zu einer maximalen Konzentration von 10 Prozent sicher ist. Beziehungsweise welche Menge Octocrylen das SCCS als sichere Höchstgrenze ansieht, und ob das wissenschaftliche Gremium darüber hinaus wissenschaftliche Bedenken in Bezug auf die Verwendung von Octocrylen in kosmetischen Produkten hegt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.