Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken

ADA: Kein genereller Anspruch auf Nacharbeit von coronabedingten Minusstunden

Stuttgart - 02.07.2020, 17:00 Uhr

Kommunikation im Team ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. (c / Foto: Schelbert)

Kommunikation im Team ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. (c / Foto: Schelbert)


Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, doch nach und nach kehrt überall ein wenig die Normalität zurück. Nichtsdestotrotz entzünden sich in den Apotheken gerade die Gemüter an einer Frage, die eine Folge der Corona-Pandemie ist: Müssen durch den vorübergehend praktizierten Schichtbetrieb entstandene Minusstunden von den Mitarbeitern jetzt nachgearbeitet werden? Die Adexa hat gegenüber DAZ.online bereits erläutert, dass das in den meisten Situationen nicht der Fall ist. Nun hat auch der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) zu den Minusstunden Stellung bezogen. 

Der DAZ.online-Artikel „Müssen Minusstunden jetzt nachgearbeitet werden?“ hat vor allem auf Facebook große Resonanz erfahren. Obwohl die Aussagen der Adexa zur Handhabung von Minusstunden eindeutig sind, gibt es zwischen Mitarbeitern und Apothekeninhabern viel Gesprächsbedarf. Das ist offenbar nicht nur in wenigen Apotheken der Fall: Laut einer Umfrage auf DAZ.online dürfte sich geschätzt über die Hälfte der Apotheken (rund 55 Prozent) aktuell oder in naher Zukunft intensiv mit arbeitsrechtlichen Fragestellungen rund um das Thema Minusstunden aufgrund des (vergangenen) coronabedingten Schichtbetriebs beschäftigen.

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Die Adexa hatte die Seite der Arbeitnehmer bereits treffend geschildert, wie DAZ.online berichtete: Der Arbeitgeber muss eine feste Wochenstundenzahl abrufen, sonst gerät er in einen sogenannten Annahmeverzug. Der Arbeitgeber muss also die potenziellen Minusstunden bezahlen und der Arbeitnehmer muss sie nicht nacharbeiten. Bei einem tariflichen Jahresarbeitszeitkonto gibt es laut Adexa allerdings ein wenig mehr Spielraum. Jedoch müsse auch dort zumindest die Untergrenze der Wochenstundenzahl nach Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) eingehalten werden (gemäß § 4 BRTV bei Vollzeit: 29 Stunden; bei Teilzeit: 75 Prozent der vertraglichen Arbeitszeit). Auch dann ist die Menge der möglichen zu sammelnden Minusstunden also begrenzt. 

Doch auf Arbeitgeberseite scheint die rechtlich eindeutige Lage auf wenig Verständnis zu stoßen. So heißt es beispielsweise in einem Kommentar auf Facebook: 


Gibt es denn ernsthaft Arbeitnehmer, die sich weigern, die Minusstunden nachzuarbeiten oder die auf eine solche Sondervereinbarung beharren? Sollte hier nicht ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen AG und AN herrschen? Ich meine, die Minusstunden hatten ja zur Folge, dass auf Kurzarbeit wahrscheinlich verzichtet wurde, der AN also sein volles Gehalt erhalten hat. Dafür hat er weniger gearbeitet. Dass das irgendwann nachgeholt wird, ist doch wohl selbstverständlich.“ 

Kommentar auf Facebook


Die Adexa hatte sich bereits zuvor versöhnlich gezeigt: Natürlich sei es richtig gewesen, dass viele Apotheken die Pandemie-Schichten umgesetzt haben, betonte die Adexa gegenüber DAZ.online. Das Problem sei aber, dass viele dies getan hätten, ohne eine gesonderte Vereinbarung mit den Mitarbeitern zu treffen, „zum Beispiel über eine begrenzt flexible Arbeitszeit. Auch Kurzarbeit wäre eine Möglichkeit gewesen.“ (Zur Kurzarbeit: Nicht in jedem Fall wäre diese wohl nur aufgrund der Einführung eines Schichtsystems möglich gewesen.) 

DAZ.online wollte es vom Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) also nochmal genauer wissen.

Gilt der Annahmeverzug auch in der Pandemie-Situation?

Der ADA-Vorsitzende Theo Hasse erklärte zu der oben geschilderten Situation: „Einen Anspruch auf eine Nacharbeit der Minusstunden hat der Arbeitgeber allerdings außerhalb eines vereinbarten Jahresarbeitszeitkontos nach 
§ 4 Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter nach der derzeitigen Rechtslage nicht.“ 

Die rechtliche Bewertung der Adexa zu den anfallenden Minusstunden in Apotheken „etwa durch die Arbeit in Schichten“ entspreche also der derzeitigen Rechtslage. Auch der ADA habe seine Mitgliedsorganisationen entsprechend informiert. 

Zu bedenken gibt der ADA allerdings, dass eine Situation wie die jetzige noch nicht vorgekommen sei: „Die Rechtsprechung hatte noch nicht darüber zu entscheiden, ob sich auch durch eine Pandemie das Betriebsrisiko nach § 615 BGB verwirklicht und der Arbeitgeber damit in Annahmeverzug gerät.“ Entsprechend habe das Bundesarbeitsgericht jedoch bereits bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen entschieden.

Ganz unabhängig von der Rechtslage hat der ADA dann noch ein anderes Anliegen: Auch das Betriebsklima innerhalb der Apotheke sei zu berücksichtigen.


Die Arbeit in Schichten kann dazu führen, dass einige Mitarbeiter ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erbringen und auch nur diese vergütet bekommen während andere Mitarbeiter weniger als ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erbringen, jedoch eine Vergütung der vollen Arbeitszeit erhalten. Dies führt nicht selten zu Unmut unter den Mitarbeitern, die keine Stunden ‚geschenkt’ bekommen.“

Theo Hasse, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA)


Es könne daher sinnvoll sein, dass sich Arbeitgeber und Mitarbeiter darüber verständigen, ob und in welcher Form Minusstunden nachgearbeitet werden. 

Eine Verständigung scheint in jedem Falle empfehlenswert, denn offenbar spüren die Arbeitnehmer den Unmut nicht (nur) gegenüber ihren Kollegen: „Viele Adexa-Mitglieder sind auch frustriert, weil sie sehr flexibel waren in den letzten Monaten, alles mitgemacht und möglich gemacht haben (auf Urlaub verzichtet, auf die normalen Arbeitstage) und jetzt so eine ‚Quittung‘ erhalten“, hat die Adexa die Diskussion um die Minusstunden gegenüber DAZ.online erklärt.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Chefs zu doof um Kurzarbeit zu beantragen?

von Apofee am 05.07.2020 um 9:24 Uhr

Warum beantrageten die Apothekeninhaber kein Kurzarbeitergeld wie es andere Unternehmen getan haben, teilweise bis Ende August?
Dann hätten die Angestellte netto fast das gleiche und der Arbeitsgeber nur die Kosten für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit.
Nein, nein, nein. Es ist in der Apotheken schon immer üblich gewesen, dass man i.d.R. nur eine Teilzeitstelle bekommt und täglich 1-2 Std. mehr für eine großzügige 10% über Tarif arbeitet. Morgens 1/2 Stunden vorarbeiten, abends noch die letzten Kunden 1/2 weiter bedienen, Kasse-udn Abschlussarbeiten danach. Unentgeltlich. wenn mittags geschlossen, dann bis 13:30-13:45 die Kunden die noch vom Arzt kommen oder gerade in der Pause einkaufen möchten " schnelle bedienen und ab 14:30 wieder da zu sein, da bis 15 Uhr alles vorbereitet sein muss. Arbeitszeit: ausschliesslich die offizieleln Öffnungszeiten.
So dachten sich die Chefs wahrscheinlich mit der Corona?
Selbst teilweise mit Hilfe von Teske und Ravatti überhaut das Studium geschafft und zu doof zum denken wie und wo man das Kurzarbeitergeld beantragt? Zu viel Aufwand für Schubladen-Zieher-Aufsicht das schon zu viel mit einem Studioum schickaniert und überfordert wurde?

Ich erlebte noch in den " guten Zeiten" vor 2004 stimmen der Mitstudierenden deren beide Eltern über eigene Apotheke verfügten, dass es wirklich eine politische Schickane wäre studieren zu müssen um ein Geschäft mit Medikamenten zu betreiben oder diese einfach aus der Schublade zu holen und über den Tisch schieben. Das Geschäft war aber zu gut, Klamotten oder Autos gab es nicht auf Rezept um die Kunden in Strömen zu haben..... Noch heute gibt es Chefs die den Mitarbeitern verbieten Hilfsmittel zu beliefern wenn es nicht mind. 45 % Aufschlag gibt!

Sind das die Chefs die elterliche Apotheke übernommen haben und diese Schikane im Form eines Studiums nur mit Nachhilfe für jede Klausur und jedes Staatsexamen geschafft haben? Gab es kein Crash-Kurs zu Pandemie und Kurzarbeitergeld bei Ravatti für die Chefs?
Höchstezeit, dass in jedes EDV ein Arbeitszeiterfassungsprogram integriert wird in dem angegeben wird wann der Mitarbeiter mit vorbereitungsarbeiten beginnen hat und abends automatisch eine Zeit für herunterfahren udn Kasse und Abschlussarbeioten mind. Pauschal integriert wird!
Ich hatte nie eine Vollzeitstelle, weil in allen Apotheken wo ich bis jetzt gearbeitet habe erwartet wird, dass der angestellte Apotheker mind. 2-3 Stunden wartet wann und ob der Chef kommt. Manchmal dauert das bis 18:30 und er/ sie kommt überhaut nicht! Da noch kein meiner Chefs bereit war mehr als pauschale wöchentliche Arbeitszeit in den Vertrag zu schrieben, gab es bei allen bisherigen Stellen 25% bis 50% wöchentlich als unbezahlte Überstunden. Urlaub oder krankheitstage wurden immer als Minusstunden gewertet und ohne Rücksprache gab es in den MOnaten mit Urlaub oder Krankheit einfach willkürlich weniger Geld als vertraglich vereinbart!

Das dachten sich wahrscheinlich die meisten Chefs auch jetzt: da die Angestellte , insbesondere Apotheker eh die Hälfte der Arbeit umsonst leisten, brauch man keine komplizierte Formulare für Kurzarbeit auszufüllen. Man zieht es einfch vom Gehalt ab!
Mir wäre das lieber auch ohne Abstand und ohne Plexiglas arbeiten zu müssen und selbst Masken und Desinfektionsmittel zu Wucherpreisen kaufen zu müssen, weil eine günstogere Eigenherstellung untersagt wurde!

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