Positionspapier

MVDA fordert Rettungsschirm für Apotheken

Berlin - 03.07.2020, 14:15 Uhr

Hilfe für Apotheken in Finanznot: Der MVDA (Marketing Verein Deutscher Apotheker) hofft auf einen Rettungsschirm, der besonders stark betroffenen Betrieben zugutekommen soll. (c / Foto: imago images / Steinach) 

Hilfe für Apotheken in Finanznot: Der MVDA (Marketing Verein Deutscher Apotheker) hofft auf einen Rettungsschirm, der besonders stark betroffenen Betrieben zugutekommen soll. (c / Foto: imago images / Steinach) 


Der Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA) wendet sich mit einem Positionspapier an die Gesundheitspolitiker in Berlin. Darin regt die Apothekenkooperation, die auch die Marke „Linda Apotheken“ gegründet hat, unter anderem Finanzhilfen für Apotheken an, die durch die Coronakrise besonders gebeutelt sind. Zudem soll der Botendienst als vergütete Regelleistung beibehalten werden.

Die Coronavirus-Pandemie trifft viele Präsenzapotheken in Deutschland hart. Nach dem Rekordmonat März brachen die Umsätze vielerorts drastisch ein, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Der MVDA appelliert jetzt an die Bundespolitik in Berlin, für besonders betroffene Betriebe einen Rettungsschirm aufzuspannen. In der Krise seien die Apotheken zu Stelle gewesen und hätten ihren Gemeinwohlauftrag erfüllt – das unternehmerische Risiko jedoch tragen allein die Inhaber. 

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Vor allem Apotheken an Standorten wie Flughäfen, Bahnhöfen und Einkaufszentren litten unter dem fehlenden Publikumsverkehr bei gleichbleibend hohen Fixkosten. „Ähnlich wie in zahlreichen anderen Branchen und Berufsgruppen muss für diesen Rückgang des üblichen Umsatzes ein unbürokratischer Rettungsschirm bereitgestellt werden, der überhaupt erst Grundlage dafür sein kann, dass die Apotheke vor Ort ihre zahlreichen flankierenden und grundsichernden Aufgaben und Funktionen im Krisenfall erfüllen kann“, schreibt der Verein in seinem Positionspapier.

Botendienst kostendeckend vergüten

Darüber hinaus gelte es, den Botendienst als vergütete Regelleistung beizubehalten – auch über die Krise hinaus. „Der Botendienst gehört seit Jahren zu den defizitären Leistungsangeboten der Vor-Ort-Apotheken, doch demographischer Wandel und abnehmende Apothekendichte verschärfen die Notwendigkeit für ein solches Versorgungsangebot, so dass es unabdingbar ist, den Botendienst zukünftig als kostendeckend gegenfinanzierten festen Bestandteil des Arzneimittelversorgungssystems zu etablieren“, betont der MVDA.

Auch für telepharmazeutische Beratung fordert die Apothekenkooperation eine Vergütung, um trotz Kontakteinschränkungen die Patienten weiterhin pharmazeutisch betreuen zu können. „In diesem Zusammenhang regen wir dringend die Erstellung eines verbindlichen Aufgaben- und Honorierungskataloges für telepharmazeutische Leistungen an, die beim individuellen und lokalen  Behandlungsumfeld des Patienten ansetzen und dieses berücksichtigen können“, heißt es im Positionspapier. Zudem gewinne vor dem Hintergrund einer möglichen zweiten Welle im Herbst die Option auf Grippeimpfungen in den Apotheken an Bedeutung. Sollte irgendwann ein Impfstoff gegen COVID-19 bereit stehen, könnten die Pharmazeuten auch bei der Durchimpfung der Bevölkerung gegen das Coronavirus mithelfen.

MVDA will „wirtschaftliche Anerkennung optimieren“

Der MVDA thematisiert auch die Engpassproblematik bei Medikamenten. „Für die Zukunft – nicht nur bei der Offizin als Point of Sale – wird sich die Politik über eine besser gesicherte Lieferfähigkeit von Arzneimitteln Gedanken machen müssen“, unterstreicht er. „Die Aussetzung der Rabattbindung für Apothekerinnen und Apotheker bei der Ausgabe von Arzneimitteln hat zwar geholfen, aktuellen Lieferschwierigkeiten zu begegnen, doch das Problem der globalen Abhängigkeiten bei Produktion und Lieferung sowohl von Wirkstoffen als auch von Arzneimitteln bleibt prinzipiell bestehen.“ Neben der Rückverlagerung der Produktion nach Europa schlagen die Pharmazeuten ein Scoring-System für Rabattverträge vor. Ziel müsse es sein, „nicht ausschließlich den Preis, sondern auch Parameter wie ökologische und soziale Herstellungs- und Distributionsstandards und eben die Liefersicherheit zu berücksichtigen“.

Was die Herstellung von Desinfektionsmitteln betrifft, ist es aus Sicht des Vereins nicht nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber den Apotheken bisher lediglich eine befristete Sondererlaubnis eingeräumt hat. Viele Betriebe sind demnach sofort in die Bresche gesprungen und haben Heime und Praxen mit selbst produzierten Desinfektionsmitteln versorgt. Gewinnbringend war dieser Service meist nicht. „Auch wenn ein Teil dieser Versorgung als ‚Nachbarschaftshilfe‘ aus der Sicht der Apothekerinnen und Apotheker selbstverständlich ist, sollte in der Apothekenvergütung ein Sockelbetrag für diese Grundversorgung mit Schutz- und Desinfektionsmitteln vorgehalten werden“, schreibt die Apothekenkooperation.

Anregungen für die Politik

In einer begleitenden Pressemitteilung informiert der MVDA, er habe das Positionspapier kürzlich an die zuständigen Fachpolitiker und Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Bundestag gesendet. „Die Apothekerinnen und Apotheker möchten weiterhin beweisen, dass die Apotheken vor Ort unverzichtbar sind und täglich Leistungen erbringen, die ein Versandhandel nicht bieten kann“, betont die Kooperation. „Die praktischen Alltagserfahrungen aus dem Positionspapier dienen den politischen Entscheidungsträgern als Anregung und auch Forderung, Möglichkeiten zu erschließen, wie Apotheker ihre pharmazeutische Expertise zum Wohle der Patienten und der gesamten Bevölkerung verstärkt einbringen können – und das nicht nur in Krisenzeiten.“

Gleichzeitig fordern die Apotheker von der Politik, die entsprechenden unternehmerischen Risikofaktoren zu minimieren und „die wirtschaftliche Anerkennung für die Apotheken – für Inhaber und Angestellte – zu optimieren. Nötig dafür sind Partnerschaftlichkeit der Marktbeteiligten und Planungssicherheit bei den Rahmenbedingungen seitens der Politik.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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