Virenschleuder Klimaanlage?

Risiko der Corona-Verbreitung durch Kühlungs- und Belüftungssysteme

Stuttgart - 03.07.2020, 11:30 Uhr

Ist Ihre Klimaanlage an eine Frischluftzufuhr angeschlossen? Und wann wurde sie zuletzt gewartet? (x / Foto: Wellnhofer Designs / stock.adobe.com)

Ist Ihre Klimaanlage an eine Frischluftzufuhr angeschlossen? Und wann wurde sie zuletzt gewartet? (x / Foto: Wellnhofer Designs / stock.adobe.com)


Experten relativieren das Risiko

Bei Klimaanlagen muss zwischen zentralen Geräten, die mehrere Bereiche klimatisieren (z. B. in Einkaufszentren) und dezentralen Geräten für nur einen Raum unterschieden werden. Zusätzlich ist es wichtig, dass die Geräte über eine Frischluftzufuhr oder ausreichende Filteranlagen verfügen. Über zentrale Lüftungsanlagen wäre es theoretisch möglich, Viren zwischen einzelnen Gebäudebereichen zu transportieren. Dies geschähe aber nur, wenn es durch vernachlässigte Wartung zu Fehlströmungen innerhalb des Systems kommen würde. Die Luftführung der Frischluft muss konsequent getrennt von der Abluft erfolgen, bei Leckagen ist dies nicht gewährleistet. In so einem Fall könnten Viren verteilt werden. Grundsätzlich wird zurzeit empfohlen, alle Räume mit einem möglichst hohen Anteil Außenluft zu klimatisieren. So wird sichergestellt, dass die Viruslast kontinuierlich verringert wird. Dies gilt sowohl für zentrale als auch dezentrale Systeme.

Wenn eine Frischluftzufuhr nicht möglich ist

Sollte eine Frischluftzufuhr nicht möglich sein – wie zum Beispiel in OP-Sälen, Reinräumen oder auch Schlachtbetrieben – müssen Schwebstoff- oder HEPA-Filter eingesetzt ­werden, um einen hygienisch einwandfreien Betrieb trotz Umluft sicherzustellen. In ihrer gemeinsamen Pressemitteilung vom 24. April 2020 bekräftigten der Bundesindustrieverband technische Gebäudeausrüstung, der Fachverband Gebäude-Klima sowie der Raumlufttechnische Geräte Herstellerverband, dass die Übertragung von Coronaviren über Lüftungs- und Klimaanlagen nach aktuellem Kenntnisstand ausgeschlossen werden könne, vorausgesetzt, die An­lagen würden regelmäßig gewartet, instandgesetzt und der Umluftanteil zugunsten des Frischluftanteils gesenkt. 

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Aerosole entstehen auch bei der Betätigung der Toilettenspülung. Deswegen ist es zurzeit insbesondere auf öffentlichen Toiletten wichtig, den Deckel beim Spülen geschlossen zu halten.

Der europäische Berufsverband für Versorgungstechnik (REHVA, Federation of European Heating, Ventilation and Air Conditioning ­Association) empfiehlt zusätzlich die Klimaanlagen in der Nacht oder am Wochenende mit geringerer Leistung durchlaufen zu lassen. Temperatur- und Luftfeuchtigkeitseinstellungen sollen nicht adaptiert werden, insbesondere eine höhere Luftfeuchtigkeit bringe nichts, da SARS-CoV-2 unempfindlich dagegen sei.

Fazit

Für Apotheken bedeutet dies, dass die richtig installierte Klimaanlage die Verbreitung des Virus verhindern kann. Wichtig ist also zusammen­fassend:

  • Klimaanlagen nicht abschalten, auch nach Feierabend mit geringer Leistung laufen lassen
  • Betriebszeiten der Anlagen unter Höchstleistung gegebenenfalls vor und nach der regulären Nutzungszeit verlängern
  • Umluftanteile, soweit vorhanden, zugunsten der Außenluftanteile reduzieren
  • Umluftbetrieb nur mit Schwebstoff- oder HEPA-Filter
  • Überströmung von verschiedenen Nutzungseinheiten minimieren oder vermeiden
  • regelmäßige Wartung und Instandsetzung
  • die Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 40 bis 60 Prozent liegen, um die Infektanfälligkeit des Menschen zu verringern, die Bildung von Aerosolen aus Tröpfchen bei zu trockener Luft zu verhindern und das Aufwirbeln von Partikeln von Oberflächen zu unterdrücken


Henriette Feist, Apothekerin und Volontärin
redaktion@daz.online


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