Abgabefehler wegen Personalmangel

US-Apothekenkette CVS von staatlicher Aufsichtsbehörde bemängelt

Stuttgart - 24.07.2020, 09:15 Uhr

Immer wieder kommt es zu Abgabefehlern bei Apothekenketten wie CVS, Walgreens oder Rite Aid. Nun hat die Aufsichtsbehörde Geldstrafen und Auflagen gegen CVS verhängt. (x / Foto: imago images / Levine-Roberts)

Immer wieder kommt es zu Abgabefehlern bei Apothekenketten wie CVS, Walgreens oder Rite Aid. Nun hat die Aufsichtsbehörde Geldstrafen und Auflagen gegen CVS verhängt. (x / Foto: imago images / Levine-Roberts)


CVS muss zahlen. Die staatliche Aufsichtsbehörde in Oklahoma wies Amerikas größte Apothekenkette öffentlich zurecht und verhängte eine Geldstrafe von 125.000 US-Dollar – chaotische Zustände, bedingt durch Personalmangel, hatten gehäuft zu Abgabefehlern geführt.

Sich häufende Abgabefehler bei Arzneimitteln in vier CVS-Apotheken Oklahomas sowie Berichte des dortigen (überarbeiteten) Apothekenpersonals hatten bereits im vergangenen Jahr die zuständige Aufsichtsbehörde, das Oklahoma State Board of Pharmacy, alarmiert. Von Anfang 2019 bis Mitte dieses Jahres inspizierte das Oklahoma State Board of Pharmacy sodann die vier Apotheken und stellte fest: Grund für die Abgabefehler seien Personalmangel und zum Teil chaotische Arbeitsverhältnisse. So sei das Personal in den CVS-Filialen stark unterbesetzt, sodass Apotheker und Pharmazeutisch Technische Assistenten die anfallenden Aufgaben nicht bewältigen könnten.

Personal überfordert

Einem Bericht der New York Times („CVS Fined for Prescription Errors and Poor Staffing at Pharmacies“) zufolge klagten die Angestellten der Apothekenkette über zu viele Tätigkeiten, die abgearbeitet werden müssten: Rezepte bearbeiten, Arzneimittel abgeben, Patienten beraten, Grippeimpfungen verabreichen, Telefonate entgegennehmen und für einen steten Kundenfluss sorgen. Laut den Apothekern von CVS sind diese Aufgaben mit dem herrschenden Personalmangel nicht zu bewältigen. Auch Ärzte beschwerten sich, dass sie bis zu 60 Minuten in der Warteschleife hingen, bis sie das Apothekenpersonal von CVS telefonisch hätten erreichen können.

Antiepileptikum in falscher Dosierung mit verheerenden Folgen

Ein Abgabefehler im vergangenen Jahre führte dann zu großer Aufruhr: Einem Teenager wurde Lamotrigin, ein krampflösendes Arzneimittel, in einer zu niedrigen Dosis abgegeben. Dieser Fehler wurde erst nach 18 Tagen bemerkt, nachdem sich die unkontrollierbaren Krämpfe häuften. Für diesen Vorfall wurde CVS zu einer Geldstrafe von 75.000 US-Dollar an den betroffenen Patienten verdonnert. Zudem bleibt die Apotheke in Owasso – dort passierte der Abgabefehler – für zwei Jahre unter strenger Beobachtung.

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Doch dieser Fehler war kein Einzelfall. Auch in anderen Apotheken von CVS, aber auch Walgreens und anderen Ketten, häufen sich die Beschwerden von Kunden. In diesen von den Behörden untersuchten Filialen zeigten sich der New York Times zufolge ebenfalls chaotische Arbeitsverhältnisse und ein zu knapp bemessenes Personal. Bereits im Januar dieses Jahres wies die Zeitung auf diese eklatanten Mängel hin („How Chaos at Chain Pharmacies is putting Patients at Risk“), die ihr durch Apotheker zugetragen worden seien. Auch DAZ.online berichtete in „Apotheker: ,Ich bin eine Gefahr für die Öffentlichkeit, indem ich für CVS arbeite'“ über die teils unhaltbaren Arbeitsbedingungen bei CVS, Walgreens oder Rite Aid. Das Problem liegt wohl mit in den Leistungskennzahlen der Apothekenketten begründet, und sowohl CVS als auch Walgreens verknüpften Boni mit der Erreichung dieser Kennzahlen.

Fehlerquote liegt bei 22 Prozent

Bei den Prüfungen durch die Beamten wurde eine Fehlerquote von fast 22 Prozent festgestellt. Mit anderen Worten: Von 305 Verschreibungen waren 66 fehlerhaft. Nicht alle Fehler waren gravierend. Bei manchen Rezepten war nur der Name des verschreibenden Arztes falsch. Allerdings fanden die Beamten auch Fehler, die die Arzneimitteltherapiesicherheit erheblich gefährdeten, wie die falsche Dosierung eines Antibiotikums für ein einjähriges Kind oder das falsche Dosierintervall eines Virostatikums (alle zwei statt zwölf Stunden) sowie mehrere Fehler im Zusammenhang mit der Applikation von Betäubungsmitteln. Bemängelt wurde zudem, dass die Apotheken mit den „Filling Prescriptions“ Tage bis Wochen im Rückstand lägen. Zur Erklärung: In den USA ist es üblich, dass maximal eine Monatsration der vom Arzt verschriebenen Medikamente ausgegeben wird, da die Krankenversicherungen nur in Intervallen bezahlen. Die Apotheken rationieren diese Dosen, und die US-Bürger können diese an den „Pharmacy“-Schaltern in Apothekenketten, wie Walgreens, CVS und Rite Aid, oder in den meisten Supermärkten oder den vereinzelten kleinen Apotheken erhalten.

Apotheker müssen schlechte Arbeitsbedingungen melden

Bei dem Vorfall mit dem zu niedrig abgegebenen Lamotrigin verteidigte sich der verantwortliche Apotheker damit, dass er an diesem Tag in seiner sechsstündigen Schicht 194 Rezepte überprüfen musste. Das sind etwa alle zwei Minuten ein Rezept. Er beschwerte sich über diese Arbeitsbedingungen bei der zuständigen Bezirksleiterin. Diese hatte jedoch nicht die Befugnisse Änderungen im Arbeitsablauf durchzuführen. CVS reagierte auf die Vorwürfe. In Zukunft wolle man die Beschwerden des eigenen Apothekenpersonals ernster nehmen. So sagte der CVS-Sprecher Michael DeAngelis vergangene Woche: „Wenn ein Apotheker berechtigte Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen hat, werden wir alle Anstrengungen unternehmen, diese Bedenken zu lösen.“

Der Behörde reichte das jedoch nicht. Sie verhängte gegen CVS eine Geldbuße von 125.000 Dollar, allerdings ein kleiner Betrag für das fünftgrößte US-Unternehmen, das allein seinem Geschäftsführer im letzten Jahr eine Vergütung von 36,5 Millionen US-Dollar zahlte. Der CVS-Sprecher versprach zudem, die Empfehlungen der zuständigen Behörde zu überprüfen und Änderungen einzuführen, wohl auch deswegen, um einen langwierigen Anhörungsprozess zu umgehen. So soll das Personal im Herbst aufgestockt werden. Darüber hinaus stimmte CVS auch zu, seine Apotheker an ein Gesetz zu erinnern, das Apotheker tatsächlich zum Handeln verpflichtet, wenn ihre Arbeitsbedingungen die Patientensicherheit gefährden.



Regina Huwa, Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

In Deutschlands Apotheken ist es nicht besser

von Barbi am 24.07.2020 um 21:59 Uhr

In fast allen deutschen Apotheken wo ich bis jetzt gearbeitet habe und weiter mittels besseren Alternativen arbeite geht es nicht besser zu.
Die geringe Fehlerquote mag daran liegen, dass man als Teilzeitkraft diesen Arbeitsdruck einige junge Jahre aushalten kann. In Vollzeit geht es nicht. Es gibt Apotheken die lieber Beratungsunternehmen bezahlen das der Apothekenleitung Empfehlungen für teures Geld geben, dass eine PTA und/ oder Angestellte Approbierte Kraft mind. 30 Kunden pro Stunde bedienen muss, Abholer nicht gezählt. Rezepturen, Rücksprache mit dem Arzt, Rezeptkontrolle , Doku etc, muss nebenbei laufen. Manchmal noch WaWi!
Diesen Druck schafft man jahrelang nur wenn man auf eine Vollzeitstelle verzichtet und nur halbtags arbeitet.
Insbesondere in unseren versteckten Ketten , Center- und Ärztehaus-Apotheke verschleißen so personal. Ich würde gerne in Vollzeit arbeiten. Mit 50 geht das körperlich und seelisch unter diesem Arbeitsdruck nicht mehr.

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Fehlerquote 22 %

von Roland Mückschel am 24.07.2020 um 9:42 Uhr

Diese Quote haben wir hier auch wenn wir rein formal das
verordnete mit dem abgegebenen AM streng vergleichen,
Oder mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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