Apobank-Analyse

Apotheker investieren 2019 weniger Geld in Existenzgründung

Traunstein - 05.08.2020, 09:15 Uhr

Im Jahr 2019 gaben Apotheker für die Existenzgründung deutlich weniger Geld aus als im Vorjahr. (m / Quelle: Apobank)

Im Jahr 2019 gaben Apotheker für die Existenzgründung deutlich weniger Geld aus als im Vorjahr. (m / Quelle: Apobank)


Im Jahr 2019 investierten Apotheker rund 20 Prozent weniger für ihre Existenzgründung als noch im Jahr zuvor – das zeigt eine Analyse von rund 350 Apothekengründungen, die die Apobank 2019 begleitet hat. Besonders mutig waren hierbei die jüngeren Kollegen: Sie zahlten die höchsten Preise und gründeten am häufigsten Filialapotheken.

Dabei sind „echte“ Neugründungen von Apotheken selten: Bei den von der Apobank analysierten Existenzgründungen handelt es sich nur bei 2 Prozent um tatsächliche Neueröffnungen von Haupt-/Einzelapotheken und bei 6 Prozent um Neueröffnungen von Filialen. Dagegen handelt es sich bei 56 Prozent um Übernahmen als Einzel- /Hauptapotheken und bei 29 Prozent um Übernahmen als Filialen. Die durchschnittlichen Preise unterscheiden sich dabei nur wenig voneinander: Die Gesamtinvestition bei einer „echten“ Neugründung lag 2019 bei 492.000 Euro, für eine Übernahme als Einzel-/Hauptapotheke wurden 516.000 Euro und als Filiale 488.000 Euro (Übernahmepreis plus Investitionen/Warenlager) fällig.

Vergleich 2018/2019: Apothekenpreise brechen ein

Da sie das Gros der Existenzgründungen ausmachen, interessiert natürlich besonders die Entwicklung der Kaufpreise bestehender Apotheken. Nachdem die durchschnittlichen Preise in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen waren, wurden im Jahr 2018 458.000 Euro für eine Einzel-/Hauptapotheke ausgegeben. Nimmt man das Warenlager und Investitionen wie Umbaumaßnahmen, Geschäftsausstattung, EDV und Kommissionierer dazu, so lagen die Kosten für die Existenzgründer bei 598.000 Euro. 

 Quelle: Apobank

Im Jahr 2019 ging beides deutlich zurück: Für die Übernahme wurden im Durchschnitt 367.000 Euro ausgegeben, die Gesamtinvestitionen sanken auf 516.000 Euro. Dabei wechselte jeweils ein gutes Viertel der Betriebe für unter 150.000 bzw. für 150.000 bis 299.000 Euro den Besitzer. Im Vorjahr waren diese Größenklassen noch seltener vertreten. Dagegen ging der Anteil der teureren Objekte zurück: 2018 wurde ein Viertel der Apotheken für mehr als 600.000 Euro verkauft, 2019 waren es nur 21 Prozent. Und auch im Segment zwischen 450.000 und 600.000 Euro sank der Anteil von 14 auf 10 Prozent. 

Rund jede fünfte Apotheke wurde in einem Verbund von durchschnittlich 2,2 Betrieben übernommen. Auch für die Verbünde wurde im Jahr 2019 deutlich weniger bezahlt als noch 2018: So zahlten die Übernehmer durchschnittlich 1,03 Millionen Euro, während 2018 noch 1,32 Millionen Euro an den Vorbesitzer gingen.

Junge Kollegen beweisen Mut

Bei den Einzel-/Hauptapotheken waren insbesondere die jüngeren Existenzgründer bereit, mehr Geld auszugeben: Käufer unter 34 Jahren zahlten im Durchschnitt 413.000 Euro, bei den 35- bis 44-Jährigen waren es 356.000 Euro und bei den Über-45-Jährigen 338.000 Euro. Bemerkenswerterweise zeigten sich die jüngeren Kollegen auch beim Thema Filialapotheke besonders mutig. 2019 waren 23 Prozent der Filialapothekengründer unter 35 Jahre und weitere 31 Prozent zwischen 35 und 39 Jahre alt. In den Vorjahren war dagegen die überwiegende Mehrheit der Filialgründer älter als 40 Jahre.

Quelle: Apobank

Interessant sind darüber hinaus noch zwei weitere Ergebnisse der Analyse: Zum einen waren die Übernahmepreise in den nordwestlichen Bundesländern mit durchschnittlich 481.000 Euro am höchsten. 402.000 Euro wurden im Osten und 363.000 Euro im Westen bezahlt. Das Schlusslicht bilden die südlichen Bundesländer mit 270.000 Euro. Zum anderen zeigte sich, dass in Kleinstädten mit 386.000 Euro die höchsten Preise erzielt wurden, dicht gefolgt von Großstädten mit 383.000 Euro. Auf dem Land wurden 354.000 Euro fällig, am günstigsten war der Kauf in Mittelstädten mit 336.000 Euro.

Welchen Einfluss hat das EuGH-Urteil zu den Rx-Boni?

Aufschlussreich ist auch eine Betrachtung des Medians, also des mittleren Kaufpreises im Gegensatz zum durchschnittlichen Kaufpreis. Dieser war von 2013 bis 2016 stetig angestiegen auf 350.000 Euro und erlitt 2017 einen deutlichen Rückschlag auf 260.000 Euro. „Das könnte ein Beispiel dafür sein, wie sich gesundheitspolitische Rahmenbedingungen auf das Niederlassungsverhalten der Heilberufler auswirken“, interpretiert dies Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der Apobank. „Denn im Jahr zuvor sorgte der Europäische Gerichtshof für Verunsicherung unter den Apothekern, indem er entschied, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten müssen und somit sogenannte ‚Rx-Boni‘ gewähren dürfen.“  

Wie geht es weiter mit den Apothekenpreisen?

2018 stieg der Median wieder an auf 340.000 Euro, um 2019 erneut einzubrechen auf 280.000 Euro. Zehnich äußert sich in der Pressemeldung zwar nicht dazu, inwieweit das EuGH-Urteil auch hier eine Rolle spielen könnte; denkbar ist aber, dass potenzielle Käufer wieder zurückhaltender bei größeren Investitionen wurden, als sich immer deutlicher abzeichnete, wie wenig sie auf eine baldige Lösung des Versandkonflikts hoffen konnten.

Einfluss der Corona-Krise ist ungewiss

Doch wie geht es weiter bei den Apothekenpreisen? „Ob die Übernahmepreise sich in Zukunft auf niedrigerem Niveau einpendeln oder sogar noch weiter fallen, bleibt abzuwarten“, so Zehnich. Insgesamt gebe es seit Jahren ein Überangebot an Apotheken, vor allem bei kleinen Betrieben sei es schwierig, einen Nachfolger zu finden. Dazu kommen die Rahmenbedingungen: „Das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken steht beispielsweise noch aus, könnte aber Existenzgründern signalisieren, welche Möglichkeiten sie haben, um die Apothekenbetriebe künftig weiterzuentwickeln und die Gesundheitsversorgung mitzugestalten.“

Ungewiss ist auch, inwieweit die Corona-Krise den diesjährigen Apothekengründungsmarkt negativ beeinflussen wird. „Da eine Apothekengründung aber im Regelfall eine gewisse Vorlaufzeit hat, wird sich unserer Einschätzung nach die Pandemie zumindest in diesem Jahr nur moderat auswirken“, so Zehnich. Er kann sich sogar eine günstige Entwicklung vorstellen: Die Apotheker vor Ort hätten während der Corona-Zeit deutlich gezeigt, welchen zentralen Beitrag sie bei der Gesundheitsversorgung in Deutschland einnehmen; davon könnte „das Berufsbild des niedergelassenen Apothekers sogar profitieren und möglicherweise die eine oder andere Entscheidung für eine eigene Apotheke begünstigen“.

Die gesamte Studie kann hier abgerufen werden.



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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