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Wie finden wir das? Spahn möchte unseren Botendienst auch weiterhin honorieren – aber nur mit 2,50 Euro je Lieferort und Tag. Freude, Frust oder Achselzucken? Gibt’s in Zukunft nur noch kleine Add-on-Honorärchen statt einer richtigen Honoraranpassung? Sollten wir nicht endlich mal darüber nachdenken, wie neue Honorierungsmodelle aussehen könnten? Und angesichts von E-Rezept-Tragik, Versenderkonkurrenz, Plattformeritis und ersten Anzeichen, dass die bewährte Trennung von Arzt und Apotheker sublimieren könnte – ist es jetzt nicht höchste Zeit, über wirklich neue, moderne Modelle der Arzneimittelversorgung nachzudenken für eine Gesellschaft, die sich im Zeitalter der Digitalisierung rasant verändert?
3. August 2020
Auf jeden Fall anhörenswert – oder zumindest nachzulesen: der Beitrag „Apotheken in der Krise – Zwischen Corona-Management und Nachwuchssorgen“ von Birgit Augustin, den der Deutschlandfunk (Dlf) am 2. August gesendet hat (den Beitrag finden Sie in der Audiothek des Dlf). Ja, auch unser ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kommt in dem Beitrag zu Wort, aber was er sagt, kennen wir ja schon, alles richtig, aber keine neuen Ansätze. Er berichtet z. B. stolz davon, dass die 19.000 Apotheken in der Corona-Krise ihre „Systemrelevanz“ unter Beweis gestellt hätten. Und er fordert, dass das Apothekensystem mit seinen kleinen, freiberuflichen Einheiten erhalten bleiben müsse. Und er appelliert an die Politik, dafür Sorge zu tragen, dass das deutsche Apothekensystem nicht durch den Versandhandel aus dem europäischen Ausland gefährdet werde. Wie gesagt, alles richtig. Aber, mein liebes Tagebuch, irgendwie hat man das Gefühl, dass uns allein diese Forderung nicht in die Zukunft tragen wird. Die (digitalisierte) Welt um uns herum ändert sich rasend schnell, das Kundenverhalten, die Kundenwünsche verändern sich, der Versandhandel, das E-Rezept, E-Health-Plattformen aller Art und die Telemedizin werden weitere Veränderungen bringen – da sollten wir Apothekers nachdenken, wie wir uns in Zukunft aufstellen wollen, was wir unseren Kunden anbieten können, z. B. welche Dienstleistungen und wie Honorierungsmodelle aussehen könnten – und das alles vor dem Hintergrund, dass der Versandhandel auch dank E-Rezept einer unserer größten Herausforderungen wird. In dem Dlf-Beitrag plädiert der Gesundheitsökonom Clemens Recker vom Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln z. B. nicht für eine generelle Honorarerhöhung für Apotheken, sondern eher für eine Senkung des Vergütungssatzes für Versender und „für eine punktgenaue Unterstützung unterversorgter Regionen“, etwa durch fixe Zuschüsse. Zitiert wird in dem Beitrag auch Kordula Schulz-Asche, Gesundheitspolitikerin der Grünen im Deutschen Bundestag, die über eine gezielte Förderung von Apotheken in strukturschwachen Gebieten nachdenkt. Sie plädiert für einen „Sicherstellungsfonds“, der die großen Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Apotheken untereinander ausgleichen soll. Schulz-Asche vermisst, dass die Apothekerschaft nicht wirklich neue, moderne Modelle der Apothekenversorgung für eine sich ändernde Gesellschaft entwickelt. Ja, mein liebes Tagebuch, ob man die punktgenaue Unterstützung ländlicher Apotheken nun wirklich gut findet oder nicht, ob man Einkommensunterschiede zwischen Apotheken ausgleichen will oder ob man sich gar mit einem „Sicherstellungsfonds“ anfreunden will – was in der Tat fehlt sind die neuen modernen Modelle der Arzneimittelversorgung. Kommt hierzu irgendetwas von unserer Berufsvertretung? Der Dlf-Beitrag zitiert beispielhaft ein „neues Geschäftsmodell“: Holger Gnekow, Inhaber der Adler-Apotheke in Hamburg, versorgt fast 17.000 Patienten in norddeutschen Alten- und Pflegeheimen über ein Tochterunternehmen mit so genannten Pill-Packs, berichtet der Dlf. Nun, mein liebes Tagebuch, es geht hier also u. a. um die Verblisterung und die dazugehörigen Serviceleistungen. Und was hört man zum Thema Verblisterung von der ABDA? Nichts, genau. Der Dfl-Beitrag berichtet auch, dass sich die Hamburger Adler-Apotheke mit zwei anderen Apothekern zusammengetan und eine Internetplattform geschaffen hat, auf der die Warenbestände aller drei Apotheken einsehbar sind. Wer ein Arzneimittel braucht, kann dort danach suchen und es sich in die Apotheke seiner Wahl bestellen oder für fünf Euro Gebühr nach Hause liefern lassen. Der Dlf-Beitrag kommt zu dem Fazit: „Guter Service statt Rabattschlachten. Das könnte eine Antwort von Vor-Ort-Apotheken auf die Herausforderung durch kapitalstarke Versandhändler sein.“ Mein liebes Tagebuch, da ist etwas Wahres dran, auch wenn wir wissen, dass nicht jede Apotheke verblistern kann, dass nicht jede Apotheke die Kraft hat, sich an eigenen Plattformen, Lieferdiensten und ähnlichen Services zu beteiligen. Was man aber sicher aus diesem Beitrag mitnehmen kann: Es fehlt in unseren Reihen wirklich an neuen modernen Modellen der Arzneimittelversorgung – wo sind die frischen Ideen?
9 Kommentare
Unehrlich
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 17:46 Uhr
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AW: Unehrlich ....aber konsequent
von Reinhard Rodiger am 09.08.2020 um 19:58 Uhr
Neue Geschäftsmodelle
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 13:52 Uhr
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AW: Neue Geschäftsmodelle
von AM am 14.08.2020 um 17:07 Uhr
Unberücksichtigt
von Reinhard Rodiger am 09.08.2020 um 10:18 Uhr
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2 Euro 5o
von Dr.Diefenbach am 09.08.2020 um 9:46 Uhr
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Was mich auch nervt
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 8:45 Uhr
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Verblisterung
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 8:13 Uhr
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AW: Verblisterung
von Alexander Burgwedel am 09.08.2020 um 17:14 Uhr
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