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7. August 2020
Potzblitz, das ging ja zackig: Spahn will das Corona-Botendienst-Honorar in eine permanente Botendienstvergütung umwandeln – allerdings verbunden mit einer Halbierung dieses Honorars. Da sammelt derzeit die ABDA per Online-Umfrage noch Argumente und Infos von den Apotheken, um ihre Forderung nach einer Verlängerung des Botendiensthonorars zu untermauern und schon grätscht Spahn mit einem Ja-Aber dazwischen: Liebe Apothekers, ja, wir verstetigen eure bisher in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung geregelte Vergütung für den Botendienst, aber senken sie gleichzeitig von 5 Euro auf 2,50 Euro je Botendienst. Ihr könnt also bei der Lieferung von Rx-Arzneimitteln per Boten je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag erheben, aber nur in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Und warum tut er das? Laut Begründung zu dem neuen Gesetzentwurf heißt es, eine Botendienstvergütung sei nötig, „um insbesondere in Regionen mit geringerer Apothekendichte eine Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherzustellen. Der Botendienst trägt bei dem zunehmenden Anteil der älter werdenden Bevölkerung damit zu deren Entlastung bei der Zahl der Apothekenbesuche und zur Sicherstellung der Versorgung dieser Personen mit Arzneimitteln bei.“ Ja, und nun, mein liebes Tagebuch, da haben wir den Salat: Sollen wir uns über die 2,50 Euro für den Botendienst nun freuen oder ärgern? Fest steht, rein betriebswirtschaftlich gerechnet sind schon die 5 Euro nicht kostendeckend und 2,50 Euro dann erst recht nicht. Eine Zumutung! Andererseits, es ist noch nicht lange her, da haben wir keinen Cent für den Botendienst bekommen und haben ihn unseren Kunden gratis angeboten, sie damit gelockt und ihn als Service der Vor-Ort-Apotheke propagiert. Und jetzt soll’s immerhin einen kleinen Zuschuss geben, einen Anreiz. Wir müssen ja nicht. Wirklich? Wie steht es denn um die Anspruchshaltung unserer Kunden? Wie steht es um den Wettbewerb? Die nächste Apotheke bringt’s. Und wenn der Kunde mit dem Versandhandel droht? Tja, wird schwierig, wenn wir nicht ausliefern. Wie wäre es denn, wenn wir vom Kunden 2,50 oder 5 Euro zusätzlich als Servicegebühr verlangen? Der Versandhandel verlangt doch auch Versandkosten, wenn der Bestellwert zu gering ist. Mein liebes Tagebuch, mag sein, dass das in manchen Regionen durchsetzbar ist, aber sicher nicht überall. Also, können wir das Spahnsche Angebot überhaupt ablehnen? Vielleicht sollte man Spahn mal fragen, warum ab 1. Oktober das Botendiensthonorar halbiert werden soll, wo doch das Corona-Virus gerade zu seiner nächsten Welle ansetzt oder zumindest genauso stark wütet wie am 30. September. Sollte die jetzige Vergütung von 5 Euro nicht mindestens ein halbes Jahr oder gar ein Jahr verlängert werden? Mein liebes Tagebuch, was meinst Du dazu? Ist so ein Poker vielleicht zu gefährlich? Könnte es sein, dass es am Ende dann kein permanentes Botendienst-Honorar geben könnte? Also, lieber den Spatz in der Hand…. Unser ABDA-Präsident ist sich da sichtlich auch noch nicht sicher. Er begrüßt grundsätzlich, dass es auch weiterhin einen Zuschuss für den Botendienst geben sollte, aber die Halbierung – sie sei „nicht unmittelbar nachzuvollziehen“, heißt es mit samtig-weichen Tönen vom Präsidenten. Und daher werde der Gesetzesentwurf derzeit von der ABDA geprüft. Nun, mein liebes Tagebuch, wie lauten die Alternativen? Abnicken oder nachverhandeln und mehr fordern oder Zeit gewinnen. Ich bin auf die Meinungen der Tagebuchleser dazu gespannt.
Schöne Aussichten zum Wochenende – denn jetzt steht höchstrichterlich fest: Das Aufstellen von „Apothekenautomaten“ ist DocMorris und anderen ausländischen Arzneimittelversendern in Deutschland verboten. Mein liebes Tagebuch, wir erinnern uns noch an das DocMorris-Spektakel von 2017: Nachdem in dem Odenwald-Flecken Hüffenhardt die letzte Apotheke schloss, versuchte DocMorris dort einzuspringen und eine pharmazeutische Videoberatung mit Arzneimittelabgabe über einen „Apothekenautomaten“ zu betreiben. Verbote des Regierungspräsidiums, Klagen des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg und Klagen mehrerer Apotheker konnten DocMorris nur zum Teil stoppen. Der Fall ging bis zum Oberlandesgericht Karlsruhe und landete letztlich beim Bundesgerichtshof, der die Nichtzulassungsbeschwerde von DocMorris gegen das Hüffenhardt-Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom Mai letzten Jahres zurückwies: Die Karlsruher Richter sehen keine Veranlassung, in dem Verfahren den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen. Das DocMorris-Vertriebsmodell à la Hüffenhardt genügt danach nicht in gleichem Maße der Arzneimittelsicherheit wie die dem Gesundheitsschutz unmittelbar dienenden deutschen Vorschriften des Arzneimittel- und Apothekenrechts. Das konstruierte DocMorris-Modell à la Hüffenhardt verletzt zwingendes deutsches Arzneimittel- und Apothekenrecht. Rechtsanwalt Morton Douglas, der mehrere Apotheker gegen DocMorris vertrat, bringt es auf den Punkt: „Hüffenhardt ist Geschichte.“ Mein liebes Tagebuch, der Automaten-Spuk ist vorbei.
9 Kommentare
Unehrlich
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 17:46 Uhr
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AW: Unehrlich ....aber konsequent
von Reinhard Rodiger am 09.08.2020 um 19:58 Uhr
Neue Geschäftsmodelle
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 13:52 Uhr
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AW: Neue Geschäftsmodelle
von AM am 14.08.2020 um 17:07 Uhr
Unberücksichtigt
von Reinhard Rodiger am 09.08.2020 um 10:18 Uhr
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2 Euro 5o
von Dr.Diefenbach am 09.08.2020 um 9:46 Uhr
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Was mich auch nervt
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 8:45 Uhr
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Verblisterung
von Karl Friedrich Müller am 09.08.2020 um 8:13 Uhr
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AW: Verblisterung
von Alexander Burgwedel am 09.08.2020 um 17:14 Uhr
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