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Irreführende Werbung
DocMorris versorgt nicht in „jeder“ Lebenslage
Erneut ist die Apothekerammer Nordrhein gegen den niederländischen Arzneimittelversender DocMorris vor Gericht gezogen. Diesmal hat sie zwei Werbeaussagen beanstandet, die sie für irreführend hält. Das Landgericht Stuttgart sah das genauso und untersagte DocMorris die Slogans „Versorgt Dich sicher in jeder Lebenslage“ und „Schnell und bequem gesund werden und das von zu Hause aus“. Rechtskräftig ist das Urteil nicht.
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) und DocMorris verbinden zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen. Waren es früher vor allem die verschiedenen Boni-Varianten für Rezepte, die die Kammer angriff, hat sie heute andere wettbewerbliche Abwege Auge.
Im Oktober warb DocMorris auf kicker.de mit folgendem Werbespruch:
„DocMorris, die Apotheke, Online-Apotheke, versorgt dich sicher in jeder Lebenslage.“
Unter Express.de fand sich die Werbeaussage:
„DocMorris, Ihre Online-Apotheke, schnell und bequem gesund werden und das von zu Hause aus.“
Die AKNR hält beide Aussagen für irreführend (§ 5 Abs. 1 Satz und 2 Nr. 1 UWG): DocMorris versorge gerade nicht in jeder Lebenslage: Nicht nachts und nicht am Wochenende – zudem nicht mit sämtlichen Arzneimitteln (z. B. Rezepturen und vom Versandhandel ausgeschlossene Arzneimittel, § 17 Abs. 2b ApBetrO). Und: Schnell sei eine Versandhandel angesichts der Postlaufzeiten auch nicht. Die Formulierung „von zu Hause aus“ gesund werden suggeriere überdies fälschlicherweise, der Patient müsse das Haus nicht verlassen, um die Arzneimittel zu bekommen. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei nämlich noch ein Gang zum Briefkasten nötig, um das Rezept einzuschicken.
Nicht nur eine nichtssagende Plattitüde
Das Landgericht Stuttgart ist dieser Argumentation weitgehend gefolgt: Die Aussage „in jeder Lebenslage“ werde vom Durchschnittsverbraucher so verstanden, „dass man jederzeit und darüber hinaus auch für jegliches gesundheitliches Problem, das ein in der Apotheke erhältliches Produkt erforderlich macht, eine Versorgung bei der Beklagten erhält“. Dies gehe über eine allgemeine werbende Anpreisung hinaus, stelle also keine bloße reklamehafte Übertreibung oder Plattitüde ohne klaren Aussagegehalt dar, wie DocMorris im Verfahren eingewandt hatte. Vielmehr sei diese Aussage in zeitlicher Hinsichtlich unzutreffend, so das Gericht. Denn der Verbraucher könne gerade nicht jederzeit Medikamente bei der Beklagten erhalten. Die Richter verweisen darauf, dass große Warenversandhändler inzwischen in bestimmten Gebieten auch einen „Same-Day-Delivery“-Service anböten. Für den Durchschnittsverbraucher sei es vorstellbar, dass auch eine Versandapotheke nicht nur über den postalischen Versandweg agiere – doch bei DocMorris ist das eben nicht der Fall.
Der Aspekt der zeitlichen Verfügbarkeit sei auch für ausreichend viele Apothekenkunden ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, wo sie Arzneimittel erwerben, sodass die Irreführung wettbewerbsrechtlich relevant sei. Anders sieht es das Gericht übrigens in qualitativer Hinsicht: Zwar dürfe / könne DocMorris unstreitig nicht sämtliche Arzneimittel liefern – doch hier habe die klagende Kammer nicht ausreichend dargelegt, dass das für viele Kunden erheblich für ihre Kaufentscheidung ist.
Vorteil des Online-Versands ist, gerade nicht das Haus verlassen zu müssen
Die Aussage „schnell und bequem gesund werden und das von zu Hause aus“ ist laut Landgericht ebenfalls irreführend. Sie könne nicht so ausgelegt werden, dass man „selbstverständlich“ noch das Originalrezept zum nächsten Briefkasten bringe müsse. „Der Vorteil eines Online-Versandes wird vom durchschnittlichen Verbraucher gerade darin gesehen, dass man eben nicht mehr das Haus verlassen muss, und sei es auch nur, um zum Briefkasten zu gehen“. Auch das „schnelle“ Gesundwerden hält das Gericht angesichts von zwei Postlaufzeiten (Rezept und Päckchen) für irreführend. Beides ist dem Gericht zufolge auch wettbewerbsrechtlich relevant, also für Verbraucher von besonderer Bedeutung.
Was die AKNR allerdings hinnehmen muss: Sie muss die Kosten für ihren schon vorgerichtlich für die Abmahnung eingeschalteten Rechtsanwalt selbst zahlen. Auch wenn die Abmahnung berechtigt gewesen sei: Ein rechtsfähiger Verband zur Förderung selbstständiger beruflicher Interessen könne nur die Kosten einer durch eigenes Personal ausgesprochenen Abmahnung als erforderliche Aufwendungen geltend machen – dies entschied der Bundesgerichtshof Ende 2018.
Alles in allem ist Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der auch diesmal für die AKNR aktiv geworden ist, aber zufrieden: „Es ist erfreulich, dass die Gerichte im Zusammenhang mit Werbung, die Gesundheitsdienstleister verbreiten, einen strengen Maßstab anlegen und daher derartige Aussagen, die sachlich einfach falsch sind, für unzulässig erklären. Versandapotheken haben ein nur eingeschränktes Leistungsangebot und auch in zeitlicher Hinsicht bleibt ihr Angebot hinter den Angeboten der Vor-Ort-Apotheken zurück. Es ist daher zu begrüßen, dass das Gericht dem Versuch von DocMorris Einhalt geboten hat, gerade die Punkte hervorzuheben, in denen das Angebot ganz offensichtlich schlechter ist“.
Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. DocMorris kann Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts einlegen.
Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14. August 2020, Az.: 40 O 69/19 KfH
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