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Urteil gegen Apotheker und Ärzte
Bundesgerichtshof: Abrechnung über „Strohmann-MVZ“ ist Betrug
Im März 2019 hatte das Landgericht Hamburg einen Apotheker sowie zwei Ärzte wegen eines millionenschweren Abrechnungsbetruges zu Haftstrafen verurteilt. Über ein „Strohmann“-Konstrukt hatte sich der Pharmazeut unzulässigerweise an einem Medizinischen Versorgungszentrum beteiligt – und über dieses abkassiert. Nun hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befasst: Keine Zweifel haben die Richter am Betrug – dennoch wiesen sie die Sache zur erneuten Verhandlung ans Landgericht zurück. Dort soll nochmals über die Strafaussprüche entschieden werden.
Im Frühjahr vergangenen Jahres sprach das Landgericht Hamburg sein Urteil gegen den Hamburger Apotheker Z. und die beiden mit ihm angeklagten Ärzte: Weil sie die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) und die Techniker Krankenkasse gemeinschaftlich gewerbsmäßig betrogen haben, wurden sie alle zu Haftstrafen verurteilt – allerdings nur Z. zu einer, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde (dreieinhalb Jahre). Die Ärzte D. und Dr. F. wurden lediglich zu zehn beziehungsweise sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung von rund eineinhalb Millionen Euro angeordnet – das aus den Betrugstaten erlangte Geld. Zum Betrug wurde ihr gemeinsames Vorgehen dadurch, weil sie über ein unzulässiges MVZ-Konstrukt in Hamburg-Bergedorf, das dazu nicht berechtigt war, Leistungen abrechneten.
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Das Landgericht ging bei seinem Urteil im Groben von folgendem Sachverhalt aus: Z. wollte ein medizinisches Versorgungszentrum erwerben, um sich – über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte – neue Absatzquellen für die von ihm hergestellten hochpreisigen Medikamente (Zytostatika) zu erschließen. Dabei war ihm bewusst, dass die Beteiligung von Apothekern an einem medizinischen Versorgungszentrum nicht möglich war (§ 95 Abs. 1a SGB V). Um dieses gesetzliche Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als „Strohmann“ – und fand den Angeklagten D.. Über diesen erwarb Z. die Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ, und zwar vom zweiten mitangeklagten Mediziner Dr. F., der sich in einer schwierigen finanziellen Lage befand. Dr. F., der weiterhin als ärztlicher Leiter dieses MVZ tätig war, wusste ebenfalls um die „Strohmann“-Konstruktion und die damit bezweckte Umgehung des für den Apotheker Z. bestehenden Beteiligungsverbots.
Obwohl allen drei Männern klar war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der KVH abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 bei dieser fünf Quartalsabrechnungen ein. Die KVH zahlte fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus. Z. stellte zudem der Techniker Krankenkasse von August 2014 bis Juni 2015 ärztliche Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in seiner Apotheke eingelöst worden waren. Die Kasse zahlte rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten Z. aus.
BGH: Rechtsfehlerfreie Wertung als Betrug
Die Angeklagten legten gegen das Hamburger Urteil Revision beim Bundesgerichtshof ein. Am gestrigen Mittwoch hat nun der 5. Strafsenat entschieden und das Rechtsmittel der Angeklagten weitgehend als unbegründet verworfen. Die Bundesrichter sind überzeugt, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass angesichts der verschleierten Umgehung des MVZ-Beteiligungsverbots für Apotheker ein Betrug vorliegt. Sie haben jedoch die Schuldsprüche abgeändert. Das Landgericht habe die Tatbeiträge der Angeklagten und das Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts – die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Daher haben die Strafrichter die Strafaussprüche aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Zudem muss über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden. Denn bisher sei dort nicht berücksichtigt worden, dass dem am Verfahren beteiligten MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. August 2020, Az.: 5 StR 558/19
1 Kommentar
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von Anita Peter am 20.08.2020 um 13:20 Uhr
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