Übertragung von Notdiensten im Filialverbund

Nähe zur Bereitschaftschaftspraxis kein Grund für Notdienst-Verlagerung

Berlin - 31.08.2020, 15:55 Uhr

Wie viel unternehmerische Entscheidungsfreiheit hat ein Apotheker bei Notdiensten? (c / Foto: imago images / Future Image)

Wie viel unternehmerische Entscheidungsfreiheit hat ein Apotheker bei Notdiensten? (c / Foto: imago images / Future Image)


Des einen Vorteil ist des anderen Nachteil

Also zog Hartmann vor Gericht: Die Kammer sollte verpflichtet werden, ihn antragsgemäß zu bescheiden – oder zumindest einen Anspruch auf Neubescheidung anerkennen. Doch das Verwaltungsgericht München wies die Klage im November 2019 ab. Das Gericht räumte ein, dass bei einer Verlagerung des Notdiensts von der betreffenden Filialapotheke auf die nur wenige Meter entfernt gelegene Hauptapotheke die Arzneimittelversorgung zwar weiterhin gesichert sei. Trotzdem zeigte es sich überzeugt, dass die Kammer ihr Ermessen korrekt ausgeübt habe. Mit der vom Vorstand gebilligten Grundsatzentscheidung werde erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass weitergehende Befreiungen von der Pflicht zur Dienstbereitschaft „nur aus singulären Anlässen möglich seien, aber nicht zu Dauerbefreiungen allein deshalb führen könnten, weil sie betriebswirtschaftlich vorteilhaft seien“, so das Verwaltungsgericht.

Auch sei es kein Ermessensfehler, wenn die BLAK maßgeblich auf die unerwünschte Entwicklung von Schwerpunktapotheken sowie die gleichmäßige Verteilung der Notdienstapotheken auf das Gebiet des Notdienstkreises abstelle. Die Nähe der Hauptapotheke zu einer ärztlichen Bereitschaftspraxis ist für das Gericht kein gewichtiger Grund, der hätte berücksichtigt werden müssen.

VGH: Keine Zweifel am Urteil der Vorinstanz

Hartmann wollte sich mit diesem Urteil nicht zufrieden geben und beantragte die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Der Apotheker blieb überzeugt, dass die Kammer ihr Ermessen nicht richtig ausgeübt habe, wenn sie generell die drei Notdienst-Verlagerungen erlaubt, aber ansonsten den Einzelfall nicht ordnungsgemäß gewürdigt habe – konkret das Interesse der Patienten an einer Apotheke, die nahe dem ärztlichen Bereitschaftsdienst liegt und ein auf diesen abgestimmtes Warenlager vorhält. Doch Hartmanns Antrag blieb ohne Erfolg. Die Richter am VGH haben keine Zweifel an der Richtigkeit des Urteils der Vorinstanz.

In ihrem Urteil schreiben sie, es sei nicht ersichtlich, weshalb dem Vorteil einer räumlichen Nähe zur Bereitschaftspraxis Vorrang gegenüber den Gründen eingeräumt werden müsste, die gegen eine Verlagerung des Notdiensts sprechen. Zwar leuchte ein, dass diese Nähe ein Vorteil für die Patienten der Bereitschaftspraxis sein könne – für Kunden, die näher an der der Filialapotheken wohnen, sei sie aber „tendenziell ein Nachteil“. Der VGH verweist ferner auf die „Zahlen, Daten, Fakten“- Broschüre der ABDA von 2018, wonach „ein Großteil der im Nacht- und Notdienst erworbenen Präparate rezeptfrei seien (ca. 39 Prozent), also häufig weder ein Arztbesuch noch der ärztliche Bereitschaftsdienst in Anspruch genommen werde“. Auch die eingelösten Rezepte kämen häufig nicht aus einer Bereitschaftspraxis, sondern würden oft unter der Woche ausgestellt, aber erst im Notdienst eingelöst. Insoweit sei die Nähe bestimmter Apotheken zu einer Bereitschaftspraxis bei der Einteilung des Apothekendiensts kein maßgebliches Kriterium.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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