Corona-Thesenpapier 4.0

Stabile Kontrolle und vernünftiger Diskurs

Berlin - 03.09.2020, 13:00 Uhr

Zielgruppen-orientierte Prävention bedeutet auch, Ziele des Infektionsschutzes selbst unter Pandemie-Bedingungen mit der Würde von Heimbewohnern in Einklang zu bringen. (c / Foto: imago images / Norbert Schmidt)

Zielgruppen-orientierte Prävention bedeutet auch, Ziele des Infektionsschutzes selbst unter Pandemie-Bedingungen mit der Würde von Heimbewohnern in Einklang zu bringen. (c / Foto: imago images / Norbert Schmidt)


Verletzliche Gruppen würdevoll schützen, Ressourcen schonen

Die Autoren sind überzeugt: Die „schleichende“ sporadische Ausbreitung wird im begrenzten Umfang weiter zunehmen – auch ein deutlicher Anstieg kann nicht ausgeschlossen werden –, sie kann aber aufgefangen werden. Und zwar mit „einer stabilen Kontrolle durch klug geplante, Zielgruppen-orientierte Präventionsmaßnahmen“. Diese Situation sei zu bewältigen, wenn die vulnerablen Gruppen (wobei individuelle Würde und Humanität zu wahren sind!) geschützt und die Ressourcen des Gesundheitssystems (Organisation, Bettenkapazität) in der jetzigen Form aufrechterhalten werden. Therapie und Impfstoffentwicklung seien zwar denkbare Lösungen – die Epidemie müsse aber auch dann stabil kontrolliert werden, wenn sich hier Verzögerungen ergeben sollten.

Was die derzeit sehr breit durchgeführten Tests betrifft, so schlagen die Autoren vor, diese wieder zu beschränken. In erster Linie sollten Kollektive mit höherer Prävalenz, solche mit höherem oder unbekanntem Infektionsrisiko (z. B. Lehrer, Kindergartenmitarbeiter) und solche mit hohem individuellem Risiko für Komplikationen (z. B. Bewohner von Pflegeheimen und deren Angehörige, ambulante Pflege) getestet werden. Hier wie auch sonst gehe es um das primäre Ziel einer „stabilen Kontrolle“ der Epidemie. „Eine Eradikation scheidet ebenso aus wie die Strategie der Herdenimmunität“.

Eine weitere Botschaft von Glaeske und seinen Mitstreitern lautet: Corona nicht politisieren. „Die Interpretation der epidemiologischen Situation und die Auseinandersetzung über die beste Strategie der Pandemiebekämpfung sollte nicht von Kalkülen kurzfristiger politischer Positionsvorteile dominiert werden und ist auch nicht als Gegenstand des anstehenden Wahlkampfes geeignet“, heißt es im Papier. Die Autoren plädieren für einen vernünftigen, fairen und rationalen Diskurs zwischen Politik, Wissenschaft und Medien. Fakten und Meinungen seien zu trennen, Entscheidungen zu begründen – und zwar transparent. Die jeweiligen Rollenzuweisungen müssten klar zu erkennen sein, um daraus abgeleitet die Verantwortlichkeiten in einem demokratischen Rechtsstaat abzugrenzen. „Nur unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, das Vertrauen der Bürger in die rechtsstaatlich demokratische Kommunikation zu stärken“.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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