Signale von NARZ und Noventi

AvP-Insolvenz: Andere Rechenzentren gut aufgestellt

Süsel - 18.09.2020, 13:00 Uhr

Nach der AvP-Insolvenz bieten jetzt andere Apothekenrechenzentren wie NARZ und Noventi Hilfe an. (Screenshot: narz-avn.de)

Nach der AvP-Insolvenz bieten jetzt andere Apothekenrechenzentren wie NARZ und Noventi Hilfe an. (Screenshot: narz-avn.de)


Große Kapazität beim NARZ

Doch Noventi steht mit seinem Einsatz nicht allein. Das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum (NARZ) wendet sich zwar nicht ausdrücklich in den Medien an AvP-Kunden, präsentiert aber seine Leistungen auf seiner Internetseite als „Soforthilfe“. Eigentümer des NARZ sind die norddeutschen Apothekerverbände. Das NARZ ist Marktführer in den norddeutschen Bundesländern.

Auf Anfrage von DAZ.online erklärte Dr. Jörn Graue, der zugleich NARZ-Vorstandsvorsitzender und Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins ist, dass auch das NARZ über eine Kreditlinie von 250 Millionen Euro verfüge. Diese könne noch erweitert werden. Graue versicherte, dass das NARZ alle Zahlungen auch für neue Kunden leisten könne. Er ergänzte, das NARZ sei auch technisch bestens auf zusätzliche Arbeit eingerichtet. Denn es setze neue Server ein. „Wir können das Doppelte abrechnen“, versicherte Graue. Bei steigendem Bedarf könnten Extra-Schichten gefahren werden. Damit zeigen schon die beiden Branchenriesen NARZ und Noventi, dass der Markt der Rechenzentren finanziell und technisch leistungsfähig ist. Zudem ist dieser Markt noch größer und es stehen weitere Rechenzentren für neue Kunden bereit.

Kreditlinie statt Hilfsgeld

Angesichts der außergewöhnlichen Situation, die es bisher im Apothekenmarkt nicht gegeben hat, kursieren allerdings auch Missverständnisse. Blumige Begriffe wie „Hilfsprogramm“ oder „Rettungsfonds“ werden teilweise mit einer staatlichen Maßnahme verwechselt, die einen zeitweiligen Ersatz für die ausgefallenen Zahlungen leisten würde. Forderungen nach solchen staatlichen Hilfsmaßnahmen wurden bereits vereinzelt erhoben. Doch die apothekereigenen Rechenzentren sind selbstverständlich Wirtschaftsunternehmen. Es kann nicht erwartet werden, dass sie Rettungsgelder wie aus einem staatlichen Rettungsschirm gewähren. Zahlungen von Rechenzentren an Apotheken können sich nur auf eingereichte Rezepte beziehen. Die Höhe von Vorauszahlungen kann angesichts der besonderen Situation möglicherweise höher sein als sonst üblich. Doch solche Liquiditätshilfen erfordern stets einen Gegenwert, hier in Form von abzurechnenden Rezepten. Sie können sich hingegen nicht auf Rezepte beziehen, die bereits abgerechnet wurden und für die die Apotheker aufgrund der AvP-Insolvenz kein Geld erhalten haben. 

Die Frage nach dem verfügbaren Geld bezieht sich also nicht auf geschenkte Hilfsgelder, sondern auf die Kreditlinie, die den Rechenzentren zur Verfügung steht und mit der sie wirtschaften können. Voraussetzung für Zahlungen von Rechenzentren ist stets, dass Rezepte eingereicht werden. Es geht also darum, künftige Zahlungen für die Apotheke zu sichern, damit die Apotheken weiter arbeiten können. Da jeden Tag neue Rezepte in der Apotheke eingelöst werden, ist dieses Thema derzeit noch eiliger als die Frage, wie viel Geld betroffene Apotheken von AvP zu erwarten haben. Denn die Prüfungen des vorläufigen Insolvenzverwalters werden sicher noch einige Zeit dauern.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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