Ökologisch, regional, zero waste

Muttermilch: gesund und umweltfreundlich

Stuttgart - 06.10.2020, 09:15 Uhr

Nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig: Muttermilch. (Foto: golubovy / stock.adobe.com)

Nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig: Muttermilch. (Foto: golubovy / stock.adobe.com)


Stillen ist die beste Nahrung für das Baby. Zudem ist es die umweltfreundlichste und nachhaltigste Art der Säuglingsernährung: Muttermilch ist ein erneuerbares Lebensmittel, das ohne Umweltverschmutzung, Verpackung oder Abfall produziert und ohne Transportwege in der benötigten Menge hergestellt wird. Doch was passiert beim Stillen eigentlich genau?

Muttermilch ist die natürliche Nahrung für Säuglinge. Neben Nährstoffen enthält Muttermilch eine Vielzahl von immunmodulatorischen, antientzündlichen und antimikrobiellen Stoffen, die dazu beitragen, kurz- und langfristig Krankheitsrisiken zu reduzieren und die kognitive und psychomotorische Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen. Welche Vorteile Stillen hat, daran erinnert jährlich die Welt-Stillwoche, 2020 steht sie unter dem Motto „Stillen unterstützen – Natur lässt sich nicht kopieren – Ökologisch, Regional und Zero Waste“.

Milchbildungsphase 1: Differenzierung der Brustdrüsen

Die Milchbildung bei der Frau läuft in verschiedenen Phasen ab. Die erste Phase der Milchbildung ist die Laktogenese I. Hier differenzieren sich die Brustdrüsen während der Schwangerschaft zur Produktion von Milch. Etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche bilden die Milchdrüsen Kolostrum. Die Laktogenese I wird endokrin, also hormonell gesteuert.

Milchbildungsphase 2: Bildung reifer Muttermilch

Die anschließende Phase, die Laktogenese II, beginnt mit der Geburt, genauer gesagt mit der Ausscheidung der Plazenta. In dieser Phase wird die Bildung der weißen, reifen Muttermilch initiiert. Der Übergang vom Kolostrum zur Bildung reifer Muttermilch dauert sieben bis 14 Tage. Die Bildung reifer Muttermilch startet immer durch eine endokrine Steuerung, d. h. unabhängig davon, ob das Kind angelegt wird oder nicht. Ab dem dritten bis vierten Tag nach der Geburt lässt die Bildung reifer Muttermilch allerdings nach, wenn die Milch aus der Brust nicht entfernt wird. Die Milchdrüsen bilden sich dann zu ihrem inaktiven Stadium zurück (Involution). Daher ist es so wichtig, dass die Brust in den ersten Stunden und Tagen nach der Geburt früh und häufig (d. h. 8- bis 12-mal am Tag) sowie effektiv entleert wird.

Bei ungünstigen Verläufen (Kaiserschnitt, schwere, langwierige Geburten, Medikationen während der Geburt, zu spätes oder zu seltenes Anlegen, schläfriges Baby, Zufüttern des Babys, Schnuller-Verwendung, Frühgeburten, Diabetes-Erkrankungen der Mutter usw.) und/oder wenn das Baby an der Brust nicht effektiv genug trinken kann, verzögert sich die Laktogenese II, d. h. reife Muttermilch wird zu spät bzw. in zu kleinen Mengen gebildet. In dieser Phase der Laktogenese II beginnen häufig die Probleme mit der Milchbildung und damit die Stillprobleme. Aber auch wenn der Start nicht optimal verläuft, lässt sich die Milchmenge meist noch steigern.

Milchbildungsphase 3: Angebot und Nachfrage

Die Laktogenese III ist die Aufrechterhaltungsphase, in der die Milchbildung nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage „autokrin“ reguliert wird. Die Milchmenge wird im Wesentlichen durch den Appetit des Kindes bestimmt, sofern es uneingeschränkt nach Bedarf angelegt wird. Das heißt, grundsätzlich wird so viel Milch gebildet, wie aus den Brüsten entleert wird.

In den ersten drei bis sechs Wochen nach der Geburt wird die Milchbildung auf den individuellen Milchbedarf des Babys kalibriert. Die meisten Babys trinken in den ersten sechs Monaten 700 bis 900 ml am Tag (und zwar über die ganzen Monate konstant gleich viel und nicht zunehmend, wie oft vermutet), wobei manche gesunden Babys weniger als 500 ml Muttermilch am Tag verzehren, andere über 1.300 ml, d. h. die Spannweite ist enorm und unterscheidet sich um das Dreifache. Manchmal bilden die Brüste am Anfang mehr Milch, als das Baby benötigt, und die Milchbildung reguliert sich im Laufe der Wochen herunter. Bei anderen Müttern muss die Milchbildung wiederum hochreguliert werden, um den Bedarf des Säuglings zu decken. Das milchbildende Brustdrüsengewebe kann sich in dieser Zeit noch vermehren.

Ohne Hormone geht nichts

Die Milchbildung passt sich auf natürliche Weise immer an den Bedarf des Säuglings an. Sie wird durch die beiden Hormone Prolaktin und Oxytocin gesteuert. Prolaktin wird in den laktotropen Zellen im Hypophysenvorderlappen gebildet und in den Blutkreislauf abgegeben. Die Rezeptoren der Laktozyten, die in den Alveolen liegen, binden das Prolaktin und stimulieren diese, Proteine und Zucker aus dem Blutkreislauf in Muttermilch umzuwandeln. Durch den Hautkontakt sowie das Saugen wird eine weitere Prolaktinausschüttung in der vorderen Hypophyse stimuliert.

Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet und über die Hypophyse in die Blutbahn abgegeben. Während des Stillens bewirkt es, dass Milch durch die Milchkanälchen und Milchgänge transportiert wird. Oxytocin ist für diverse menschliche Verhaltensmuster wichtig: die sexuelle Erregung, die Fähigkeit, Sympathie zu zeigen, Vertrauen aufzubauen oder Angst zu empfinden und die Entwicklung der Mutter-Kind-Bindung. Deshalb wird es auch als „Liebeshormon“ bezeichnet.



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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