Wieder ohne klinische Phase III

Russland registriert den zweiten Corona-Impfstoff

Remagen - 16.10.2020, 07:00 Uhr

Vor Massenimpfungen zum Jahresende sollen mit dem zweiten Corona-Impfstoff in Russland zunächst nur Lehrer und Ärzte geimpft werden. Die allgemeine Bevölkerung soll erst nach der Einführung der Massenproduktion Zugang zu den Vakzinen erhalten. (Foto: imago images / ITAR-TASS)

Vor Massenimpfungen zum Jahresende sollen mit dem zweiten Corona-Impfstoff in Russland zunächst nur Lehrer und Ärzte geimpft werden. Die allgemeine Bevölkerung soll erst nach der Einführung der Massenproduktion Zugang zu den Vakzinen erhalten. (Foto: imago images / ITAR-TASS)


Russland hat den zweiten Corona-Impfstoff zugelassen, erneut ohne das volle Programm der klinischen Erprobung. Das meldet die russische Staatsagentur TASS unter Berufung auf Äußerungen aus Regierungskreisen. 

Russland hat am 14. Oktober einen weiteren Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus für die Anwendung freigegeben. Die vom staatlichen Forschungszentrum für Virologie und Biotechnologie „Vector“ in Nowosibirsk entwickelte Vakzine soll ab dem Zeitpunkt der Registrierung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in den zivilen Verkehr gelangen können. Dies haben laut TASS sowohl der stellvertretende russische Gesundheitsminister Alexei Kusnezow als auch Präsident Wladimir Putin am Mittwoch bekannt gegeben. Das Staatliche Forschungszentrum für Virologie und Biotechnologie „Vector“ ist eines der größten wissenschaftlichen virologischen und biotechnologischen Zentren in Russland. 

Nach „Sputnik V“ nun „EpiVacCorona“

Der Impfstoff mit der Bezeichnung „EpiVacCorona“ soll auf einer der „vielversprechenden Syntheseplattformen“ entwickelt worden sein. Er besteht nach offiziellen Angaben aus künstlich synthetisierten kurzen Fragmenten viraler Proteine ​​(Peptide), durch die das Immunsystem das Virus erkennt und neutralisiert.  
EpiVacCorona ist der zweite von russischen Spezialisten entwickelte Impfstoff. Mitte August hatte Russland mit „Sputnik V“ den weltweit ersten Impfstoff gegen das Coronavirus registriert und hierfür heftige internationale Kritik geerntet. Als Hauptpunkt war bemängelt worden, dass die wichtige Phase III der klinischen Erprobung offenbar erst nach der Zulassung stattfinden sollte. Russische Wissenschaftler hatten die Einwände zurückgewiesen und behauptet, der Impfstoff erzeuge Immunität und habe keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Auch dieses Mal wurde die Registrierung offenbar erteilt, ohne vorher das regulär geforderte klinische Prüfprogramm absolviert zu haben. Jedenfalls habe Kusnezow mitgeteilt, dass nach der Registrierung „gleichzeitig klinische Studien durchgeführt" würden.

Ergebnisse von 100 Freiwilligen

Nach aktuellen Informationen wurde EpiVacCorona bisher lediglich in klinischen Versuchen mit 100 Freiwilligen erprobt. Eine entsprechende kombinierte Phase I/II-Studie ist in ClinicalTrials.gov registriert (NCT04527575). Hiernach war die erste Phase eine offene Studie an 14 Männern und Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren. Die zweite Phase wird als einfach-verblindete, Placebo-kontrollierte, randomisierte Parallelgruppenstudie charakterisiert, an der 86 Männer und Frauen im Alter von 
18 bis 60 Jahren teilnahmen. So wie es aussieht, haben lediglich die Daten aus dieser Studie für die abschließende Analyse der klinischen Sicherheit und Immunogenität des Impfstoffs hergehalten.  
Am 27. Juli hatte das Vector Research Center die Genehmigung des russischen Gesundheitsministeriums zur Durchführung der Studie erhalten. Der erste Freiwillige war unmittelbar darauf geimpft worden. Die letzte Gruppe von 20 Freiwilligen wurde am 8. September aus der medizinischen Einrichtung entlassen. Russlands Chefärztin beim Föderalen Dienst für den Gesundheits- und Verbraucherschutz Anna Popova berichtete gegenüber TASS, dass die Studie am 30. September abgeschlossen worden sei.   



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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