2. und 3. Lesung im Parlament

Bundestag beschließt VOASG

Berlin - 29.10.2020, 19:40 Uhr

Der Deutsche Bundestag hat das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz verabschiedet. (p / Foto: imago images / Christian Spicker)

Der Deutsche Bundestag hat das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz verabschiedet. (p / Foto: imago images / Christian Spicker)


Der Bundestag hat am heutigen Donnerstagabend mit den Stimmen der Regierungsfraktionen das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) beschlossen. Das Gesetz, das EU-Versendern Rx-Boni für GKV-Versicherte verbietet und vergütete pharmazeutische Dienstleistungen ermöglicht, soll voraussichtlich im Dezember in Kraft treten.

Eineinhalb Jahre sind vergangen seit das Bundesgesundheitsministerium (BMG) seinen ersten Referentenentwurf vorgelegt hatte – nun hat der Bundestag das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz abschließend beraten und beschlossen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), derzeit wegen seiner SARS-CoV-2-Infektion zu Hause, erklärte dazu per Pressemitteilung: „Die Apotheken vor Ort sind für viele Menschen ein Stück Heimat – und eine wichtige Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten. Sie erbringen unverzichtbare Leistungen für die Versorgung der Bevölkerung, das hat gerade die derzeitige Situation in der Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Darum erhalten Apothekerinnen und Apotheker künftig mehr Geld für neue Dienstleistungen. Und wir sorgen für einen fairen Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken. So sichern wir die Arzneimittelversorgung in der Stadt und auf dem Land. “

Die wesentlichen Regelungen des VOASG

Das VOASG sorgt zumindest im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung wieder für fixe Rx-Preise für EU-Versender. Künftig gibt es in § 129 Abs. 3 SGB V folgende Regelung:


Apotheken dürfen verordnete Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgesetzes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren.“  

§ 129 Abs. 3 SGB V i. d. F. des VOASG


Im Rahmenvertrag sind Sanktionen bei Verstößen gegen diese Vorgabe zu regeln. Bei einem groben oder einem wiederholten Verstoß sind Vertragsstrafen von bis zu 50.000 Euro für jeden Verstoß vorzusehen. Dabei darf Gesamtvertragsstrafe für gleichgeartete und in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang begangene Verstöße 250.000 Euro nicht überschreiten. Die Berechtigung zur weiteren Versorgung kann ausgesetzt werden, bis die Vertragsstrafe vollständig beglichen ist.

Evaluation und erweitertes Zugabeverbot

Vorgesehen ist weiterhin, dass das BMG im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsministerium bis zum 31. Dezember 2023 die Auswirkungen der neuen sozialrechtlichen Preisbindung auf die Marktanteile von Apotheken und des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln evaluiert.

Im Heilmittelwerbegesetz wird klargestellt, dass künftig auch ein Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot vorliegt, wenn diese Zuwendungen entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Sozialgesetzbuchs V gelten. Bisher gilt dies bei geldwerten Zuwendungen nur für den Fall, dass diese entgegen den arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften gewährt werden.

Dienstleistungen, Botendienstvergütung und Erleichterung bei der SPD

Zweites Kernelement des VOASG sind die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Diese sollen der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband vereinbaren. „Denkbar sind beispielsweise eine intensive pharmazeutische Betreuung bei einer Krebstherapie oder die Arzneimittelversorgung von pflegebedürftigen Patienten in häuslicher Umgebung“, erklärt das BMG in einer Pressemitteilung. Durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung sollen zur Vergütung der Apotheken 150 Millionen Euro netto zur Verfügung gestellt werden. 20 Cent je Rx-Packung sollen künftig in den Honorartopf fließen.

Weiterhin wird die mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung eingeführte Botendienstvergütung verstetigt. Ein neuer § 129 Abs. 5g SGB V lautet:


Apotheken können bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wege des Botendienstes je Lieferort und Tag einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erheben.“

§ 129 Abs. 5g SGB V i. d. F. des VOASG


Diese Regelung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und schließt damit unmittelbar an die auslaufende Regelung in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung an.

Temperaturanforderungen gelten auch für EU-Versender

Im Apothekengesetz und in der Apothekenbetriebsordnung wird zudem klargestellt, dass auch EU-Versender den dort gestellten Anforderungen an den Versandhandel genügen müssen – und zwar „einschließlich der Einhaltung der Temperaturbedingungen“, wie die Begründung betont.

Nicht zuletzt wird § 17 Apothekenbetriebsordnung um einen Absatz zu automatisierten Ausgabestationen ergänzt. Solche sollen nur zulässig sein, wenn sie sich in den Betriebsräumen einer Apotheke befinden und durch diese bestückt werden, nachdem zuvor die Bestellung bei dieser Apotheke erfolgt ist, eine Beratung (auch im Wege der Telekommunikation) stattgefunden hat und das Rezept im Original geprüft und abgezeichnet wurde. Die Arzneimittel aus diesen Stationen sind zudem „für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift des Empfängers zu versehen“. Auch automatisierte Ausgabestationen von Versandapotheken sollen grundsätzlich unter diesen Bedingungen zulässig sein. 

SPD-Fraktion: Der EuGH wird das letzte Wort haben

Der gestern vom Gesundheitsausschuss des Bundestags gefassten Beschlussempfehlung ist zu entnehmen, dass die SPD-Fraktion besonders erfreut ist, dass ein Rx-Versandverbot abgewendet wurde. Dass der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gestattet bleibe, sei ihr „ein besonderes Anliegen gewesen“. Zugleich machte die Fraktion deutlich, dass sie nach wie vor Zweifel am jetzt beschlossenen Boni-Verbot hat: Letztendlich werde der Europäische Gerichtshof abschließend klären, ob Minister Spahn mit diesen Preisregelungen im Einklang mit den europäischen Verträgen stehe, wird die Fraktionsmeinung in dem Dokument zitiert. Die SPD habe ihre Bedenken hierzu wiederholt formuliert.

Nun steht dem VOASG noch ein weiterer Durchgang im Bundesrat bevor. Dieser hatte sich in seiner ersten Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Zustimmungspflichtig ist das Gesetz jedoch nicht.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Eine neue Apothekenrechtslage??

von Heiko Barz am 30.10.2020 um 12:20 Uhr

Es werden nach dieser Beschlußlage mit Ausnahme der Botenpauschale, die von Vielen ( BKK Und anderen KKassen ) Schon massiv angegangen wurde, nur Konjunktive benutzt.
...denkbar sind beispielsweise eine intensive pharmazeutische Betreuung ......
...20 Cent sollen zukünftig.....Etc.
Wir kennen dieses parlamentarische Spiel schon aus dem Koalitionsvertag: nichts wert!
Spahn lobhudelt wie üblich und konkretisiert eigentlich gar nichts. Obwohl er genau weiß, dass es in keiner Weise ein System der „Gleichlangen Spieße“ gibt, die er wohl auch nicht will, macht er uns wissen, dass sich das ändern wird.
Solange wir nicht zurückgeführt werden auf das Versorgungs-System 2003 - 04, solange kann es keine wirtschaftliche Vergleichsbasis von Standart - zu Auslands(sprich Hollands) Versandapotheken geben.
Der Hauptgewinner des VOASG ist die immer noch - zwar in den hinteren Reihen des Bundestages sitzende und sicher schmunzelnde Ulla Schmidt - die uns dieses bis heute 15 jährige und bis auf weiteres andauernde Berufsdilemma zu verantworten hat.
Die SPD hat nun mehrfach deutlich gemacht, was diese Partei von der Deutschen Apotheke hält. Zu deutlich wurde das, als wir lesen konnten, dass ein Politiker aus ihren Reihen keine nahegelegenen Nachtdienst Apotheke fand und - in tiefer Unwissenheit über die Deutsche Apotheke - maßlos inkompetent übertrieben darüber herzog.
Dieser politische SPD-Unfall zeigt aber das, was ich schon länger anmahne, dass das Gros der Bundes-Politiker mit der Problematik Deutscher Apotheken absolut unvertraut ist. Nach langer Argumentationssuche bin ich überzeugt, dass die defensive Leistung unserer täglichen Arbeit überhaupt noch wahrgenommen wird und das Schlimme dabei ist, die Selbstverständlichkeit mit der unsere Leistung angenommen wird.
Die meisten Leute sehen in der Deutschen Apotheke einen unverwechselbaren Ort einer sicheren AM-Versorgung. Ich glaube nicht, dass dieser Zustand noch lange so anhalten wird.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Eine neue Apothekenrechtslage

von Fred Teinke am 31.10.2020 um 19:09 Uhr

wenn ich zweimal mit dem Pkw zur Apotheke muss, um mein Rezept einzulösen, dann noch Parkgebühren zahle und 10 Cent für eine Papiertüte, weil ich eine Rechnung von 200,00 Euro habe nehme ich lieber DocMorris Fen Schaden hat die Versicherung.

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