Pandemiebekämpfung

Firmen entwickeln Schlüsselanhänger als Alternative zur Corona-Warn-App

Dresden - 04.11.2020, 13:45 Uhr

So könnte der Corona-Warn-Buzzer aussehen. Weil er sich noch in der Entwicklung befindet, sind leichte Abweichungen im Design möglich. (p / Foto: Digades GmbH) 

So könnte der Corona-Warn-Buzzer aussehen. Weil er sich noch in der Entwicklung befindet, sind leichte Abweichungen im Design möglich. (p / Foto: Digades GmbH) 


Die Nachverfolgung von Kontakten wird angesichts steigender Corona-Infektionszahlen zur Herausforderung – vor allem für die Gesundheitsämter. In Sachsen fördert der Freistaat die Entwicklung eines digitalen Virenwarners, den „Corona-Warn-Buzzer“. 

Mitte November beginnt im sächsischen Augustusburg ein Großversuch im Kampf gegen die Corona-Pandemie - die Kleinstadt bei Chemnitz wird zum Versuchslabor für einen Schlüsselanhänger, der eine Alternative zur Corona-Warn-App der Bundesregierung sein soll. Der Warn-Buzzer zeichnet seine Kontakte in Gebäuden oder unter freiem Himmel auf, ohne den Ort der Kontakte festzustellen oder die Kontakte zu personalisieren. Mittels Tracing erkennt das System, welche Mobiltelefone oder andere Warn-Buzzer sich für eine bestimmte Dauer kritisch angenähert haben, sie werden via Bluetooth erkannt. „Der Corona-Warn-Buzzer registriert dabei nur Geräte, keine Personen“, erklärt die Firma Digades, die an der Entwicklung des Buzzers maßgeblich beteiligt ist.

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Die Kommunikation zur Datenbank des Robert Koch-Instituts erfolgt demnach via Mobilfunk. „Nutzer werden im Falle eines Kontakts zu einem COVID-19-Infizierten mittels LED und Tonsignal alarmiert. Gespeicherte Daten werden nach 14 Tagen automatisch gelöscht“, heißt es. Mit dem System könnten Infektionsketten in Echtzeit nachverfolgt werden, um flächendeckenden Lockdowns vorzubeugen. Für Augustusburgs Bürgermeister Dirk Neubauer ist das Projekt „ein extrem innovativer Ansatz, lokale Alarmsysteme effektiv und sicher umzusetzen. Das gibt mehr Sicherheit für alle.“ Als Stadt, die während der ersten Welle von einem COVID-19-Ausbruch an einem Gymnasium direkt betroffen war, „wissen wir, wie kompliziert Kontaktverfolgungen sind“, so Neubauer.

Gesundheitsministerin: Pandemie ist noch lange nicht vorüber

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) zeigte sich bereits im August, als die Idee im Regierungskabinett vorgestellt worden war, erfreut: „Es ist wichtig, dass wir gemeinsam mit verschiedenen Partnern aus Wirtschaft und Forschung weiter an den richtigen Ideen arbeiten. Denn die COVID-19-Pandemie ist noch lange nicht vorüber. Ich freue mich, dass wir heute einen weiteren Schritt gehen können, der gerade für die Risikogruppen ein Stück mehr Sicherheit bietet.“ Mit der Corona-Warn-App habe die Bundesregierung bereits ein Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem Infektionsketten nachvollzogen und unterbrochen werden können, sagte Köpping.

Für wen ist der Corona-Warn-Buzzer geeignet?

Insbesondere Senioren und Kinder verfügten allerdings nicht immer über ein Smartphone und seien daher nicht ins Nachverfolgungssystem eingebunden. Der Anteil der Menschen ohne Smartphone in der Altersgruppe der über 70-jährigen betrage rund 40 Prozent. Dr. Frank Schneider, Leiter Technik und Innovation der am Projekt beteiligten Firma FEP Fahrzeugelektronik Pirna, sagte auf Nachfrage von DAZ.online: „Der Schlüsselanhänger übernimmt die Funktion, die die Corona-Warn-App auf dem Smartphone hat. Er füllt damit die Lücke für Kinder und ältere Leute, die kein Handy haben. Und gerade die Älteren gehören ja zur Risikogruppe.“

Kritik an Corona-Warn-App des Bundes

Unterdessen kritisiert Gerhard Fettweis, Professor für Nachrichtentechnik an der TU Dresden, die ebenfalls in das Projekt eingebunden ist, die Corona-Warn App der Bundesregierung. Damit diese einwandfrei funktioniere, müsste der Messzyklus verändert werden – das habe Fettweis mit Kollegen im Labor anhand verschiedener Handytypen ausprobiert. Demnach müsste der Abstand zwischen zwei Smartphones alle zehn Sekunden gemessen werden, derzeit betrage der Zyklus dreieinhalb Minuten. „Das ist zu groß“, sagte Fettweis der „Sächsischen Zeitung“, die der Dresdner Exzellenzuni eine Beilage widmete.

Das Modellprojekt „Corona-Warn-Buzzer“ wird vom Freistaat Sachsen gefördert und unter Einhaltung der geltenden Datenschutzbestimmungen realisiert. Während der gesamten Entwicklungsphase ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte eingebunden worden, er habe – so heißt es – das Projekt bereits geprüft und keine grundsätzlichen Bedenken erhoben.



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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