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Neuer Coup im US-Apothekensektor
Amazon lanciert Versandapotheke „Amazon Pharmacy“
Nun ist die Katze endgültig aus dem Sack. Dass Amazon als größter Online-Händler der Welt auch vor dem Apothekensektor nicht Halt machen würde, hat sich schon länger abgezeichnet. Am Montag hat der Online-Riese seine „Amazon Pharmacy“ installiert und damit die Konkurrenz mächtig aufgerüttelt.
Amazon hat den bisher größten Sprung in die milliardenschwere Gesundheitsbranche gewagt und die Versandapotheke „Amazon Pharmacy“ eingerichtet, mit allem „Drum und Dran“, das heißt inklusive Rx-Versand. Der Service, der US-Kunden seit gestern zur Verfügung steht, funktioniert also wie eine traditionelle Apotheke. „Wir wollten es den Menschen leicht machen, ihre Medikamente zu bekommen, die Kosten zu verstehen und sie nach Hause zu bringen“, wird TJ Parker in Presseberichten zitiert. Parker ist Vice President of Pharmacy bei Amazon und hatte zuvor PillPack mitbegründet.
„Mutter“ von Pillpack
Amazon Pharmacy ist eine Erweiterung, oder vielleicht eher die nachträgliche „Mutter“ von PillPack. Diese auf patientenindividuelle Verblisterungen spezialisierte Versandapotheke hatte Amazon im Jahr 2018 für rund 770 Millionen Dollar gekauft. PillPack besaß schon damals in allen 50 Bundesstaaten der USA Apothekenlizenzen und belieferte Rezepte für Kunden in vorsortierten Einzeldosis-Packungen direkt nach Hause – ein vorteilhaftes Format für Chroniker, die auf diese Weise kontinuierlich Nachschub ihrer Dauermedikation bekommen können, so die Idee.
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Hinweise auf einen Marktstart für eine Amazon-Pharmacy tauchten 2019 auf, als Amazon „PillPack“ in „PillPack by Amazon Pharmacy" umbenannte. Brancheninsider – und nicht nur diese – haben seinerzeit schon sämtliche Alarmglocken läuten gehört. Langfristig sollte der Markt mit der Marke „Amazon Pharmacy“ global erschlossen werden. So bringt es das Finanzportal „onvista” auf den Punkt. Der neue Dienst basiere in Teilen auf der Infrastruktur des Startups, einschließlich der Software und der Fulfillment-Zentren, erklärt „onvista“. Pillpack solle auch weiterhin aktiv bleiben.
Saftige Preisnachlässe für Selbstzahler
Amazon Pharmacy akzeptiert die meisten großen Versicherungen. Für diejenigen ohne Versicherung oder Personen, die nicht über ihre Versicherungen bezahlen wollen, gibt es üppige Sparangebote. Selbstzahlern bietet Amazon Pharmacy bis zu 80 Prozent Rabatt auf generische Medikamente und bis zu 40 Prozent Rabatt auf Markennamen. Die Kunden können die Ausgaben auch flexibel verwalten, wenn sie Rezepte über den Dienst einlösen. Für Prime-Mitglieder soll die Lieferung von Medikamenten kostenlos sein.
Rezeptlieferung direkt vom Arzt
Kunden über 18 Jahre erhalten zunächst in 45 Bundesstaaten über „pharmacy.amazon.com“ Zugang zu dem Service. Die Bundesstaaten Hawaii, Illinois, Kentucky, Louisiana und Minnesota sind noch nicht verfügbar, sollen aber folgen. Bevor die Kunden zum ersten Mal Medikamente bestellen, werden über die Website bestimmte Abfragen gestartet. Ärzte können Rezepte auch direkt an die Amazon Pharmacy senden, oder die Patienten können einen Transfer bei einem bestehenden Versorger wie CVS oder Walgreens anfordern. Laut Amazon gib es Tools, mit denen die Rechtmäßigkeit der Rezepte überprüft und möglicher Betrug vermieden werden kann.
Zeitpunkt gut gewählt
Aufgrund seiner gewaltigen Marktmacht bedroht Amazon mit der neuen Initiative auf einen Schlag alle anderen US-Akteure in diesem Segment, darunter CVS und Walgreens sowie die Supermarkt-Kette Walmart, die ebenfalls Apothekendienstleistungen anbietet. Die Apotheken in den USA sind schon seit geraumer Zeit unter Druck, weil die Menschen aus Angst vor Ansteckung während der Corona-Pandemie weniger Rezepte in den Vor-Ort-Apotheken abgeholt haben. Amazon hat den Zeitpunkt des Launches also nach den Presseberichten sehr gut gewählt und hofft offenbar, dass die Menschen sich langfristig damit anfreunden können.
Fühler in andere Länder ausgestreckt
Anfang Januar hatte der E-Commerce-Gigant laut Nachrichtensender CNN in Kanada, Australien und Großbritannien die Anmeldung der Marke „Amazon Pharmacy“ beantragt. Dies wurde als einer der ersten Schritte gewertet, um mit der Medikamentenlieferung in anderen Ländern außerhalb der USA zu beginnen. Außerdem hat Amazon im August dieses Jahres in Bangalore, der Hauptstadt des südlichen indischen Bundesstaats Karnataka, eine Online-Apotheke ins Leben gerufen und war damit auf erbitterten Widerstand seitens der einheimischen Apotheken gestoßen.
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Auch der europäische Markt bangt laut „onvista“ bereits vor einem Eingriff des US-Riesen. Das Finanzportal sieht im Übrigen einen Zusammenhang mit den Plänen der Zur Rose Gruppe, einen eigenen europäischen, vollständig digitalen Gesundheitsmarktplatz zu installieren, „um sich zukünftig einem Einstieg von Amazon entgegenstellen zu können“.
Kommen in den USA die Wettbewerbshüter auf den Plan?
Der heftigste Gegenwind könnte ihm jedoch im eigenen Land entgegenblasen. Dass Amazon seit geraumer Zeit daran arbeitet, seinen Fußabdruck im Gesundheitssektor zu vergrößern, ist ein offenes Geheimnis. Dabei sollen neben Krankenversicherungen auch allerlei Geschäftsmodelle zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung auf der Agenda stehen. Amazons immer gewaltiger werdende Marktmacht sei den US-Kartellbehörden bereits ein Dorn im Auge, schreibt „onvista“. Sollte der Online-Riese nun auch diesen wichtigen Markt einnehmen und dominieren, würde das nur Öl ins Feuer der Diskussion darum gießen, ob Amazon zerschlagen werden soll, glauben die „onvista“-Finanzexperten.
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