Digitales Adressbuch

Startschuss für den Gematik-Verzeichnisdienst

Stuttgart - 01.12.2020, 14:15 Uhr

Für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur benötigen Apothekeninhaber einen elektronischen Heilberufsausweis sowie eine Institutionskarte. (m / Screenshot: DAZ.online / ehealth.d-trust.net/antragsportal/)

Für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur benötigen Apothekeninhaber einen elektronischen Heilberufsausweis sowie eine Institutionskarte. (m / Screenshot: DAZ.online / ehealth.d-trust.net/antragsportal/)


Ab dem heutigen Dienstag existiert der elektronische Verzeichnisdienst für die Telematikinfrastruktur (TI), der von der Gematik betrieben wird. Enthalten sein sollen die Daten von Leistungserbringern, Organisationen und Personen, die die TI nutzen. Noch können nicht alle Apotheken im Verzeichnisdienst gelistet werden, weil sich die Institutionskarten (SMC-B) nach wie vor in der flächendeckenden Auslieferung befinden.

Die für den Aufbau und Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI) verantwortliche Gematik hat mit dem heutigen Dienstag ihren elektronischen Verzeichnisdienst gestartet. Eine entsprechende sozialrechtliche Regelung (§ 291h SGB V) wurde dafür auf Initiative der Gematik mit Inkrafttreten des Patientendaten-Schutzgesetzes (PDSG) geschaffen. In das digitale Adressbuch sollen die Daten von Leistungserbringern, ihren organisatorischen Einheiten sowie anderen juristischen Personen oder deren Mitarbeiter fließen, die die TI nutzen. Der Verzeichnisdienst ist für die TI-Betreiber durchsuchbar und enthält Namen, Adressdaten, technische Adressierungsdaten, die eindeutige Identifikationsnummer, das Fachgebiet sowie den öffentlichen Teil der technischen Identität. Versichertendaten sind explizit ausgeschlossen.

Damit das digitale Adressbuch vollständig und korrekt geführt werden kann, sind die Heilberufskammern, die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft aufgefordert, die bei ihnen vorliegenden aktuellen Daten der Nutzer an den Verzeichnisdienst der Gematik zu übermitteln. Die Verpflichtung gilt ab dem heutigen 1. Dezember. Doch zumindest von Seiten der Apothekerkammern wird die Gematik auf eine vollständige Einspeisung der Betriebsstätten- und Nutzerdaten noch etwas warten müssen. Zwar waren die Apotheker laut Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) bis zum 30. September 2020 dazu verpflichtet, sich an die TI anzubinden. Doch dieses ambitionierte Ziel hätte sich organisatorisch und technisch gar nicht verwirklichen lassen, wie die aktuelle Ausstattungsquote verdeutlicht.

Auf der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Niedersachsen vor zwei Wochen erfuhren alle Anwesenden, dass man bei der Ausstattungsquote der elektronischen Heilberufsausweise (HBA) und Institutionsausweise (SMC-B) bundesweit bei 40 bzw. 80 Prozent liege. Diese Zahlen trug Claudia Korf vor, die ABDA-Geschäftsführerin für den Bereich Wirtschaft, Soziales und Verträge. In Niedersachsen selbst ist die Quote deutlich höher: Rund 92 Prozent der beantragten HBA- und SMC-B-Karten konnten bereits für die Erstausstattung aller Apotheken von der Kammer freigegeben werden. Inwiefern die Betriebsstätten auch schon tatsächlich mit den Karten ausgestattet sind, lässt sich für die Kammern allerdings nicht so einfach erkennen.

Baden-Württemberg: Inhaber verzichten aus Altersgründen

Auch in Baden-Württemberg blickt die Landesapothekerkammer auf eine deutlich höhere Ausstattungsquote als der Bundesdurchschnitt vermuten lässt. Ein Sprecher teilte auf Anfrage von DAZ.online mit, dass mehr als 88 Prozent der Apotheken derzeit mit SMC-B-Karten ausgestattet werden. Bei den HBA liegt man bei etwas mehr als 61 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt, haben von 2.374 Apotheken in Baden-Württemberg rund 2.100 eine SMC-B-Karte beantragt. Die Differenz von mehr als 200 Betriebsstätten ist für die Kammer zum Teil auch erklärbar. So hätte es nicht selten Rückmeldungen von älteren Apothekeninhabern gegeben, die angekündigt hätten, dass sie ihre Apotheken in den nächsten Monaten ohnehin schließen oder übergeben werden und sie daher auf eine Beantragung der Komponenten verzichtet hätten.

In Bayern stockt es noch

Im Sommer informierte der Landesapothekerverband Baden-Württemberg seine Mitglieder darüber, dass für die Erstausstattung der Apotheken zur Anbindung an die TI nur ein HBA (des Inhabers) notwendig sei. Dementsprechend ist die Kostenerstattung durch die Krankenkassen derzeit auch nur für einen HBA vorgesehen. Für die Fachanwendung elektronischer Medikationsplan/Arzneimitteltherapiesicherheit (eMP/AMTS) sei ohnehin nur die SMC-B-Karte notwendig. Mittels SMC-B könne der elektronische Medikationsplan von der Gesundheitskarte der Versicherten gelesen und aktualisiert werden. Im Hinblick auf die Einführung der E-Rezepte soll es im Laufe des nächsten Jahres Nachverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband geben, um für alle Approbierten in einer Apotheke bzw. einem Filialverbund HBA-Karten refinanzieren zu lassen.

Die von der ABDA veröffentlichte bundesweite Ausstattungsquote wird aber beispielsweise in Bayern deutlich unterboten. Im Freistaat hatte der Landesgesetzgeber erst im August eine Grundlage geschaffen, sodass die Heilberufskammern zur Ausgabe von HBA- und SMC-B-Karten berechtigt sind. Die Bayerische Landesapothekerkammer blickt derzeit auf Quoten von 50 Prozent (HBA) und 66 Prozent (SMC-B). Wie ein Sprecher der Kammer auf Anfrage mitteilte, sei man aber zuversichtlich bis Ende des Jahres die Apotheken landesweit auf einem ähnlich hohen Niveau ausgestattet zu haben wie in der restlichen Republik.

Frist ist nicht sanktionsbewehrt

Zwar wird anhand der Zahlen deutlich, dass nicht alle Apotheken den vorgesehenen Stichtag am 30. September 2020 für die TI-Anbindung einhalten konnten. Grund zur Sorge besteht jedoch vorerst nicht: Auf mögliche Sanktionen hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Fristsetzung verzichtet. Und auch in Sachen „Verzeichnisdienst“ wird es derzeit noch keine Sanktionen gegenüber den Kammern geben, wenn diese die Frist zur Übermittlung aller Daten verstreichen lassen.

Im Gegenteil, eine Sprecherin der Gematik erklärt auf Anfrage deutlich positiv gestimmt: „Die Gematik hat die Schnittstellen für die Befüllung durch die Kartenherausgeber eingerichtet. Dass diese gut funktionieren, sehen wir daran, dass insbesondere in den vergangenen Wochen und Tagen sektorenübergreifend Kartenherausgeber bereits das Verzeichnis befüllen.“ Die Apotheker seien dabei ausdrücklich gut vertreten. Weiter heißt es: „Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass wir mit einem guten Maß an Grunddaten im Verzeichnisdienst ausgestattet sind, wenn am 1. Januar 2021 die elektronische Patientenakte startet und eingeführt wird.“ Vonseiten der Gematik werde man die Kartenherausgeber, also u. a. die Heilberufskammern, mit Workshops unterstützen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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