Nationale Reserve

Regress- und Retax-Gefahr bei „Fluzone High Dose Quadrivalent“?

Stuttgart - 09.12.2020, 09:15 Uhr

Laut BMG dürfen Ärzte „Fluzone® High Dose Quadrivalent“ normal über den Sprechstundenbedarf verordnen. Apotheken beziehen den Hochdosis-Grippeimpfstoff über den Großhandel und rechnen diesen wie üblich über ihr Rechenzentrum ab. (m / Foto: Sanofi Pasteur)

Laut BMG dürfen Ärzte „Fluzone® High Dose Quadrivalent“ normal über den Sprechstundenbedarf verordnen. Apotheken beziehen den Hochdosis-Grippeimpfstoff über den Großhandel und rechnen diesen wie üblich über ihr Rechenzentrum ab. (m / Foto: Sanofi Pasteur)


Ärzte und Apotheker zögern bei der Verordnung und Abgabe des aus den USA importieren Hochdosis-Grippeimpfstoffes „Fluzone High Dose Quadrivalent“ – dabei kann der Grippeimpfstoff mittlerweile ganz normal über Apotheken bestellt und abgegeben werden. Ursprünglich geplant war die Abgabe des Grippeimpfstoffes für ältere Menschen (ab 65 Jahren) ausschließlich an Gesundheitsbehörden. Wie sieht es bei Regress- und Retaxgefahr aus?

Bereits im April reagierte die Bundesregierung und bestellte in weiser Voraussicht etwa sechs Millionen zusätzliche Grippeimpfstoffe. Grund war eine antizipierte höhere Impfbereitschaft aufgrund der Corona-Pandemie – dies scheint sich bewahrheitet zu haben. Seit Wochen berichten Apotheker, Ärzte und Patienten über Grippeimpfstoffmangel. Seit Kurzem gibt es nun Nachschub, und die nationale Reserve – Influsplit Tetra (GSK), Influvac® Tetra (Mylan), Flucelvax® Tetra (Seqirus), Vaxigrip Tetra® in französischer Aufmachung (Sanofi-Aventis) und Fluzone® High-Dose Quadrivalent in US-amerikanischer Aufmachung (Sanofi-Aventis) – wird ausgeliefert. Ärzt:innen können also wieder Grippeimpfstoffe verordnen und Apotheker:innen diese abgeben. So zumindest die Theorie. Denn offenbar läuft nicht alles reibungslos.

„Fluzone High Dose Quadrivalent“ kann über Großhandel und Apotheken bestellt werden

Vor allem bei dem aus den Vereinigten Staaten importierten hoch dosierten Grippeimpfstoff, Fluzone® High Dose Quadrivalent, zögern Ärzte, und auch Apotheker halten sich wohl mit Bestellungen zurück, wie DAZ.online erfuhr. Grund seien Regress- und Retaxations-Ängste seitens der Heilberufler. Dabei schien bei Ankündigung zusätzlicher Grippeimpfstoffe eher die Sorge groß, dass die Nachfrage nach Fluzone® besonders hoch sein wird, sodass – als einziger Grippeimpfstoff der nationalen Reserve – Fluzone® nicht über Großhandel und Apotheken ausgeliefert werden sollte. Stattdessen sollte der Hochdosis-Grippeimpfstoff ausschließlich von Gesundheitsbehörden und dem öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) bestellt werden und zur Vorbeugung von Ausbrüchen in Pflege- und Altenheimen und Krankenhäusern oder bei gezielten Impfaktionen des ÖGD zum Einsatz kommen. Das hat sich mittlerweile geändert.

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Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) informierte am 27. November, der Hochdosis-Impfstoff „Fluzone® High-Dose Quadrivalent“, der für Personen ab 65 Jahren zugelassen ist, werde anders als ursprünglich angedacht ab der 46. Kalenderwoche ebenfalls über den regulären Handel abgegeben. Verfügbar ist „Fluzone® High-Dose Quadrivalent 2020/2021“ in Fertigspritzen ohne Kanülen mit 0,7 ml Injektionssuspension in Packungen mit 10 Dosen (zwei Blister zu je fünf Spritzen). Diese kosten laut Lauer-Taxe 405,14 Euro (Stand: 7. Dezember 2020). Zum Vergleich: Bei zehn Dosen Vaxigrip Tetra liegt der Verkaufspreis bei 127,84 Euro – also rund einem Drittel von Fluzone®. Macht das denn bei der Abrechnung Scherereien? Die meisten Ärzte und Apotheker dürften erfahren sein mit Regressen und Retaxationen seitens der Krankenkassen.

Abrechnung von Fluzone in der Apotheke

Laut BMG ist die Verordnung und Abgabe von Fluzone® jedoch unkritisch: „Ärzte, die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen oder Pflegebedürftige betreuen, können diesen Impfstoff wie gewohnt über die Apotheken bestellen. Die Kosten dafür werden von den Krankenkassen getragen“, schreibt das BMG. Somit ist der Ablauf wie bekannt: Die Arztpraxen verordnen die Packungen mit der PZN 16820047 wie üblich auf Kassenrezept (Muster 16) als Impfstoff über Sprechstundenbedarf (SSB) – Kennziffer 8 und 9 müssen angekreuzt sein – zulasten des üblichen Kostenträgers für SSB. Die Apotheke bezieht den Impfstoff über den pharmazeutischen Großhandel, lässt diesen der Arztpraxis zukommen und rechnet die Rezepte ebenfalls wie üblich über ihr jeweiliges Rechenzentrum ab.

Die Aufschläge für die Apotheken ermitteln sich gemäß § 3 Abs. 1 der Arzneimittelpreisverordnung, auch das ist bekannt: 1 Euro je Einzeldosis, höchstens jedoch 75 Euro je Verordnungszeile. Zudem betont das BMG, dass die Kosten der Schutzimpfung für gesetzlich Versicherte von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden.

Hier hat das BMG alle wichtigen Informationen nochmals zusammengefasst.

„Fluozone® High Dose Quadrivalent“ entspricht dem deutschen Impfstoff Efluelda®, für den Sanofi Pasteur im Mai dieses Jahres die EU-Zulassung erhielt. Allerdings wird Sanofi Efluelda® erst in der kommenden Grippesaison 2021/22 vertreiben. Bis dahin hofft Sanofi, dass die Europäische Kommission die beantragte geänderte Zulassung von Efluelda® – Einsatz ab 60 Jahren statt wie derzeit ab 65 Jahren – genehmigt haben wird. 

Erst vor wenigen Tagen änderte die STIKO (Ständige Impfkommission) ihre Empfehlung zur Impfung von älteren Menschen ab 60 Jahren. Die STIKO rät nun, dass sich alle Älteren ab 60 Jahren jährlich mit einem Hochdosis-Grippeimpfstoff impfen lassen sollen. Efluelda® enthält die vierfache Antigenmenge (60 µg Hämagglutinin / Stamm) von konventionellen Influenzavakzinen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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