Lunapharm vs. RBB

Kammergericht Berlin erklärt Lunapharm-Berichterstattung für in Teilen unzulässig

Berlin - 22.12.2020, 16:45 Uhr

Der Pharmagroßhändler Lunapharm bekam bezüglich seiner Klage gegen den RBB teilweise recht. (Foto: imago images / Jürgen Ritter)

Der Pharmagroßhändler Lunapharm bekam bezüglich seiner Klage gegen den RBB teilweise recht. (Foto: imago images / Jürgen Ritter)


Der 10. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin hat sein Urteil im Fall Lunapharm gegen den RBB gefällt: Demnach muss sich der ehemalige Pharmagroßhändler aus Brandenburg bestimmte Teile der Berichterstattung in der Sendung „Kontraste“ nicht gefallen lassen. Einen Schadenersatzanspruch kann Lunapharm jedoch nicht geltend machen.

Im Sommer 2018 hatte das TV-Magazin „Kontraste“ in zwei Beiträgen über den Fall des Pharmagroßhändlers Lunapharm berichtet. Eine griechische Apotheke soll aus griechischen Kliniken gestohlene hochpreisige Arzneimittel weiterverkauft haben, hieß es darin – unter anderem an das deutsche Unternehmen Lunapharm. Dabei sollen die Arzneimittel unter fragwürdigen Bedingungen transportiert und gelagert worden sein. Überdies sind Apotheken in Griechenland nicht zum Großhandel befugt.

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Gegen diese Berichterstattung war Lunapharm juristisch vorgegangen und hatte Unterlassungsansprüche gegen den RBB erwirken sowie Schadenersatzanspruch geltend machen wollen. Dem kam das Kammergericht Berlin nun in zweiter Instanz teilweise nach (Aktenzeichen: 10 U 59/19). Zuvor hatte bereits das Landgericht Berlin in dem erstinstanzlichen Urteil vom 13. Juni 2019 der Klage auf Unterlassung bestimmter Äußerungen im TV-Magazin im Zusammenhang mit Krebsmedikamenten zum Teil stattgegeben, aber die Klage im Übrigen – auch bezüglich der von der Klägerin begehrten Feststellung eines hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs – abgewiesen (Aktenzeichen: 27 O 555/18).

„Auf die dagegen von der Klägerin und auch von der Beklagten jeweils eingelegten Berufungen hat der 10. Zivilsenat des Kammergerichts mit dem heute verkündeten Urteil entschieden, dass nur bestimmte Teile der TV-Berichterstattung über die Klägerin vom Oktober 2018 den Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichtserstattung nicht genügen“, schreibt das Gericht in einer Pressemitteilung vom gestrigen Montag. „Wegen dieser Äußerungen, in denen die Klägerin – über die vorangegangenen Berichte deutlich hinausgehend – ins Zentrum eines internationalen kriminellen Netzwerks gerückt werde, ohne dass es dafür hinreichende Beweistatsachen gebe, habe die Beklagte insoweit den Bereich der zulässigen Verdachtsberichterstattung verlassen.“ Entsprechendes gelte für einen Online-Beitrag vom Juli 2018, in dem Lunapharm angelastet werde, mit möglicherweise „gefälschten“ Medikamenten gehandelt zu haben.

Kein Schadenersatz für Lunapharm

In diesen beiden Punkten hatte die Berufung des Pharmagroßhändlers Erfolg. „Im Übrigen habe es sich aber – so der 10. Zivilsenat des Kammergerichts – bezüglich der von der Klägerin beanstandeten Berichterstattung durch die Beklagte um zulässige Verdachtsberichterstattung gehandelt, zumal die Beklagte der Klägerin auch ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe“, heißt es in der Mitteilung. Die Schadenersatzforderung von Lunapharm wies das Kammergericht zurück.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof innerhalb von einem Monat ab förmlicher Zustellung des Urteils eingelegt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist das Gericht auf die schriftlichen Urteilsgründe. „Nach den Presserichtlinien kann über diese aber erst berichtet werden, wenn das heute verkündete Urteil den Parteien in schriftlicher Form zugestellt wurde bzw. alle Verfahrensbeteiligten dieses Urteil sicher erhalten haben.“

Die Folgen des Lunapharm-Skandals

Der Fall Lunapharm hatte seinerzeit hohe Wellen geschlagen – und letztlich sogar die damalige brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) ihr Amt gekostet. Für das Bundesgesundheitsministerium war unter anderem dieser Skandal einer der Gründe, ein eigenes Gesetz zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit ins Leben zu rufen – das GSAV, das inzwischen schon vom Bundestag verabschiedet ist. Die in diesem Zusammenhang viel kritisierte Importquote lebt jedoch weiter, wenn auch in abgewandelter Form.

Lunapharm jedoch sah sich zu Unrecht beschuldigt. Das Unternehmen habe zum ersten Mal aus den Medien gehört, dass die Arzneimittel gestohlen gewesen sein sollen, erklärte es bereits vor dem Landgericht Berlin. Und Informationen, dass gegen die gute Vertriebspraxis verstoßen worden sei, habe man auch nicht gehabt.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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